Evolution: Ist Alzheimer eine Nebenwirkung unserer Intelligenz?
Vor 50 000 bis 200 000 Jahren sorgte die Evolution dafür, dass sich sechs Gene veränderten, die stark an der Entwicklung unseres Gehirns beteiligt sind. Sie führten wahrscheinlich dazu, dass sich unsere Neurone besser miteinander verknüpften und ein ausgeprägtes neuronales Netzwerk entstand, das letztlich Homo sapiens intellektuell über seine Hominidenvorfahren hob. Doch diese Entwicklung hatte womöglich einen Preis, meinen der Populationsgenetiker Kun Tang von den Shanghai Institutes for Biological Sciences und seine Kollegen nach einer umfangreichen Genomstudie. Denn die gleichen Gene sind auch mit daran beteiligt, dass sich Alzheimer im menschlichen Denkapparat ausbilden kann – eine neurodegenerative Erkrankung, die einzig uns Menschen trifft, aber beispielsweise nicht bei unserem nächsten Verwandten, dem Schimpansen, auftritt. Tang und Co untersuchten dazu 90 Genome von Menschen mit afrikanischen, asiatischen und europäischen Wurzeln nach bestimmten Genmustern, die durch natürliche Auslese und veränderliche Bevölkerungsgrößen verursacht werden, wie "Nature" berichtet.
Letztlich identifizierten sie dadurch bestimmte Genomabschnitte, die bis zu 500 000 Jahre vor unserer Zeit durch natürliche Auslese beeinflusst wurden – und sich damit noch vor dem Erscheinen der ersten Homo sapiens vor 200 000 Jahren entwickelten. Bislang konnten Biologen mit den gängigen Methoden nur 30 000 Jahre in unserer Evolutionsgeschichte zurückblicken. Dass höhere Intelligenz und Alzheimer eng zusammenhängen, liege womöglich daran, dass das alternde Hirn mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hat, spekuliert Tang: Das dichte neuronale Netz im Gehirn hat einen hohen Stoffwechselbedarf, der irgendwann nicht mehr ausreichend befriedigt werden kann, so dass sich langsam Schäden einschleichen. Die sechs identifizierten Gene von Tang und Co sind eng mit dem Signalweg verbunden, der zur Ausbildung der für Alzheimer typischen Plaques im Hirn führt.
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