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SOFIA-Mission: Ist dieses fliegende Teleskop seinen Preis wert?

Das SOFIA-Teleskop ist eines der teuersten NASA-Projekte. Eines der unproduktivsten dazu. Nun bleibt es wegen der Corona-Pandemie vorerst am Boden. Die Zukunft ist ungewiss.
Das SOFIA Teleskop

In dutzenden Nächten im Jahr schickt die NASA einen Jumbojet mit einem 2,5-Meter-Teleskop in den Himmel. Während es über einen Großteil der Erdatmosphäre fliegt, blickt dieses einzigartige Observatorium – eine amerikanisch-deutsche Partnerschaft, die unter dem Namen Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie (SOFIA) bekannt ist – in die Herzen neugeborener Sterne und anderer astronomischer Wunder. Vor Kurzem entdeckte das Team unter anderem die erste Art von Molekülen, die sich bekanntermaßen im frühen Universum gebildet haben.

Der einzigartige Beobachtungsort befindet sich oberhalb des meisten Wasserdampfs der Erdatmosphäre. Dadurch ist es mit dem Teleskop möglich, Himmelsobjekte im Infrarotlicht zu untersuchen, die von der Erdoberfläche aus nicht gesehen werden können. Doch SOFIA ist teuer – sein Betrieb kostet jährlich mehrere zehn Millionen Dollar – und längst nicht so erfolgreich, wie viele Astronomen gehofft hatten. In den ersten fünf Jahren, von 2014 bis 2018, wurden auf Grundlage der gewonnenen Daten nur 21 wissenschaftliche Arbeiten pro Jahr veröffentlicht. Damit ist SOFIA eines der unproduktivsten Teleskope weltweit.

Durch einen »freedom of information request« erhielt »Natur« nun die Kopie eines vernichtenden Berichts, den ein unabhängiges Gremium vergangenes Jahr bei einer Überprüfung anfertigte. Zwar sind viele Passagen geschwärzt, dennoch wird deutlich, dass das Observatorium weit hinter seinen Zielen zurückbleibt. Beispielsweise plante man, mehr als 150 wissenschaftlichen Arbeiten pro Jahr zu publizieren. »Sicherlich hat SOFIA sein Potenzial nicht voll ausgeschöpft«, sagt Paul Hertz, Leiter der Astrophysik-Abteilung der NASA in Washington, D. C.

SuW-Redakteur Axel Quetz durfte die erste von Europa aus durchgeführte Messkampagne des Stratosphärenobservatoriums von NASA und DLR begleiten. Lesen Sie hier, wie er »Eine Nacht mit SOFIA« erlebt hat.

Die Coronavirus-Pandemie, die Leben und Forschung rund um den Globus verändert hat, ist noch gar nicht eingerechnet. Wegen der aktuellen Lage ist SOFIA seit der Nacht vom 12. auf den 13. März am Boden geblieben.

Kampf gegen die Zeit

Die Zeit läuft ab, in der SOFIA seinen Wert unter Beweis stellen kann. Im Februar schlug die Regierung von US-Präsident Donald Trump vor, die Mission zu beenden, weil sich mit den Erkenntnissen die jährlichen Kosten von 85 Millionen US-Dollar nicht rechtfertigen ließen. Doch es ist unwahrscheinlich, dass der Kongress Trumps Vorschlag folgen wird. Zudem trägt Deutschland 20 Prozent zum Budget bei. Es ist die zweitteuerste Astrophysik-Mission, die die NASA betreibt, teurer ist nur das Hubble-Weltraumteleskop.

»Sie müssen einen kühnen Plan vorlegen, und sie müssen diesen Plan schnell ausführen«
Charles Woodward, Astronom

»Vor uns liegt eine echte Herausforderung, und die Zündschnur ist sehr kurz«, sagt Charles Woodward, ein Astronom an der University of Minnesota in Minneapolis, der mit SOFIA geforscht hat. »Sie müssen einen kühnen Plan vorlegen, und sie müssen diesen Plan schnell ausführen.«

Im vergangenen Jahr gab es gleich zwei unabhängige Prüfungen der Mission: Eine hat sich mit der Wissenschaft, die andere mit dem Flugbetrieb befasst. Nun reagieren die Leiter von SOFIA auf die Ergebnisse. Sie bemühen sich etwa, rasch die wissenschaftliche Wirkung des Teleskops zu verstärken, beispielsweise durch die Feinabstimmung von Zeit und Ort der Flüge, um qualitativ hochwertigere Beobachtungen zu erhalten. Auch arbeitet das Team daran, die Menge der SOFIA-Daten in den Archiven zu vergrößern, um Astronomen dazu zu bewegen, sich durch frühere Beobachtungen zu wühlen und neue Arbeiten darüber zu veröffentlichen. Etwa die Hälfte der Veröffentlichungen von Hochleistungsobservatorien wie Hubble stammt aus Archiven.

»Unser oberstes Ziel ist es, Wirkung und Produktivität zu verbessern«, sagt Naseem Rangwala, SOFIAs amtierende Projektwissenschaftlerin am Ames Research Center der NASA in Mountain View, Kalifornien. »Krempeln wir die Ärmel hoch und machen wir weiter.«

SOFIA fliegt normalerweise von einer NASA-Basis in Palmdale, Kalifornien, mit einem Team von Wissenschaftlern und Technikern, die den Himmel acht bis zehn Stunden pro Nacht beobachten. Gelegentlich verlegt das Team den Standort nach Neuseeland, um Ziele am Südhimmel zu untersuchen, wie das Zentrum der Milchstraße. Durch den Flug hoch in die Atmosphäre ist SOFIA in der Lage, Beobachtungen in Infrarot-Wellenlängen durchzuführen, zu denen bodengebundene Teleskope nicht in der Lage sind. Das erspart es Wissenschaftlern, einen Infrarot-Satelliten zu bauen und in die Umlaufbahn zu bringen.

Anfänglich versuchten die SOFIA-Manager, die Zahl der Beobachtungsstunden zu maximieren. Aber sie planten das Flugzeug so effizient, dass es viele verschiedene Beobachtungsprojekte startete. Viele wurden nie beendet. In den ersten fünf Jahren von SOFIA wurden nur 40 Prozent der als hochprioritär eingestuften Vorschläge jemals abgeschlossen.

Im gleichen Zeitraum produzierte SOFIA durchschnittlich 21 Beiträge pro Jahr. Damit steht die Mission an vorletzter Stelle in einer Liste, die 29 bodengestützte Teleskope und das Hubble-Weltraumteleskop umfasst. In Bezug auf die Wirkung, gemessen an den Zitaten, belegte SOFIA den letzten Platz. Dennis Crabtree, ein Astronom am Herzberg Institute of Astrophysics in Victoria, Kanada, hat die Analyse im Auftrag von »Nature« durchgeführt.

Eine neue Hoffnung

Zuletzt ist die Publikationsrate von SOFIA allerdings gestiegen, im vergangenen Jahr gab es 33 Veröffentlichungen. Das Endziel sind 75 bis 100 Arbeiten pro Jahr, sagt James Jackson, stellvertretender Direktor für Forschung bei der Universities Space Research Association, der in Maryland ansässigen Gruppe, die SOFIA leitet. »Mehr als 150 waren ein ehrgeiziges Ziel«, sagt er.

»Wir erhalten [mit SOFIA] Daten, die auf keine andere Weise gewonnen werden können«
Maggie McAdam, Planetenwissenschaftlerin

Die Missionsleitung hat versucht, die Bedeutung mit Hilfe spezieller Beobachtungsprojekte zu untermauern, zum Beispiel durch die Untersuchung des Roten Riesensterns Beteigeuze, nachdem dieser 2019 unerwartet zu verdunkeln begann, und durch die Suche nach Wasservorkommen auf dem Mond, die künftige NASA-Missionen erforschen könnten. »Die Wahrnehmung, die SOFIA-Forschung bringe nichts – das ist nicht die Realität«, sagt Jackson. »Wir produzieren Forschung von Weltklasse.«

»Für meine Forschung ist SOFIA von entscheidender Bedeutung. Wir erhalten Daten, die auf keine andere Weise gewonnen werden können«, sagt Maggie McAdam, eine Planetenwissenschaftlerin an der Northern Arizona University in Flagstaff. Sie hat mit SOFIA Asteroiden im mittleren Infrarot untersucht, um herauszufinden, wie viel Wasser die Himmelskörper enthalten. »Meine ganze Karriere basiert darauf.«

In den kommenden Monaten wird SOFIA noch auf viele Hürden stoßen. Die Coronavirus-Pandemie wird das Teleskop wahrscheinlich für einige Zeit am Boden halten und bedroht einen geplanten Einsatz in Neuseeland, der in diesem Jahr stattfinden soll. Der Kongress wird über den Haushaltsantrag des Präsidenten entscheiden, einschließlich der Frage, ob die Beobachtungsstelle beendet werden soll. Und das Abkommen, das die deutsch-amerikanische Partnerschaft zu SOFIA regelt, läuft Ende des Jahres aus und muss erneuert werden.

»Wir waren gezwungen, uns hinzusetzen und herauszufinden, wo wir stehen – und vor allem, wo unsere Wissenschaft steht«, sagt Bernhard Schulz, der oberste deutsche Vertreter im SOFIA-Wissenschaftsteam. »Ich bin voll und ganz davon überzeugt, dass dieses Projekt es wert ist, durchgeführt zu werden. Aber manchmal braucht man Überprüfungen, um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen.«

Der Artikel ist im Original »Is this telescope-on-a-plane worth its pricetag?« in »Nature« erschienen und wurde für die deutsche Fassung angepasst.

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