Kosmisches Netz: Ist das Weltall ein Geflecht aus Dunkler Materie?
Das gesamte Weltall könnte aus einem Geflecht von Dunkler Materie bestehen, in das die gewöhnliche Materie eingebettet ist. Einen weiteren Hinweis für diese Idee liefern nun die Beobachtungen von Astronomen um Jörg Dietrich von der Universitäts-Sternwarte München: Eine fadenartige Struktur aus dem mysteriösen Stoff scheint zwei Galaxienhaufen zu verbinden.
Dunkle Materie tritt nur über ihre Schwerkraft mit anderer Materie in Wechselwirkung. Liegt sie in großen Mengen vor, lenkt sie beispielsweise das Licht von Hintergrundgalaxien merklich ab und lässt deren Form so leicht verzerrt erscheinen. Anhand solcher Aufnahmen können Astronomen dann die Verteilung der Dunklen Materie rekonstruieren. Auch Dietrich und sein Team machten sich diesen so genannten schwachen Gravitationslinseneffekt zunutze. Anhand von über 40 000 Hintergrundgalaxien schätzen sie nun die Masseverteilung nahe der rund 2,5 Milliarden Lichtjahre von uns entfernten Galaxienhaufen Abell 222 und Abell 223 – der wiederum aus zwei einzelnen Haufen besteht – ab.
Dabei stießen sie auf deutlich mehr Materie, als die leuchtenden Galaxien in den Haufen alleine bereitstellen. Zudem erstreckt sich zwischen Abell 222 und der südlichen Komponente von Abell 223 offenbar eine Massebrücke. Mithilfe von Computersimulationen bestätigten die Forscher, dass es sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich um Dunkle Materie handelt – und nicht etwa um "gewöhnliche" Ausläufer der Galaxienhaufen. Die Masse dieser fadenartigen Struktur entspricht nahezu einem zusätzlichen Galaxienhaufen, schätzen die Wissenschaftler.
Ihre Ergebnisse stimmen mit einem Universum überein, dessen materieller Inhalt von so genannter kalter Dunkler Materie dominiert wird. Entsprechenden Modellen zufolge verdichtete sich die exotische Materie nach dem Urknall zu langen Fäden und Filamenten, an denen sich dann auch gewöhnliche Materie ansammelte. Galaxienhaufen hätten sich demnach an den Knotenpunkten dieses kosmischen Netzes entwickelt, das immerhin mehr als die Hälfte der gesamten Materie enthalten soll.
Dietrich und sein Team wollen mit ihrer Arbeit nun erstmals einen zuverlässigen Beleg für dieses großräumige Gerüst aus Dunkler Materie gefunden haben, in dem sich Superhaufen wie das System aus Abell 222 und Abell 223 einnisten. Denn frühere Nachweise stellten sich als falsch heraus, so die Autoren, oder aber die zugrunde liegenden Beobachtungen waren von schlechter Qualität.
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