Neurowissenschaft: Ist der Hirnscanner der bessere Lügendetektor?
Der so genannte Polygrafentest gilt als das klassische technische Verfahren zur Lügendetektion. Spezialisten messen dabei bestimmte körperliche Parameter der zu befragenden Person wie Hautleitfähigkeit, Puls und Atmung und versuchen, anhand von untypischen Ausschlägen auf unwahre Behauptungen zu schließen. Doch obwohl Polygrafen die einzigen physiologischen Lügendetektoren sind, die mehr oder weniger stark auf der ganzen Welt zum Einsatz kommen, ist die Verlässlichkeit des Verfahrens umstritten. Vor allem Neurowissenschaftler haben sich deshalb schon vor Jahren auf die Suche nach besseren Methoden gemacht, mit denen man Lügen vielleicht sogar direkt am Hirn ablesen kann. Dafür griffen sie unter anderem bereits auf EEG-Messungen und Untersuchungen im Hirnscanner zurück.
Doch taugen diese Verfahren tatsächlich mehr? Forscher um Daniel Langleben von der University of Pennsylvania haben nun den Test gemacht und Polygraf gegen Hirnscanner antreten lassen. Zumindest in ihrem Versuchssetting ist das Ergebnis klar: Der Hirnscanner hat die Nase vorne.
Langleben und sein Team bestellten 28 Versuchspersonen zum Lügendetektortest in ihr Labor. Dabei baten sie alle Probanden, im Geheimen eine Zahl zwischen 3 und 8 auf ein Blatt Papier zu schreiben. Anschließend absolvierten die Versuchspersonen einen Polygrafentest und zusätzlich eine Befragung im funktionellen Magnetresonanztomografen (fMRT) in wechselnder Reihenfolge, wobei sie zu ihrer gewählten Ziffer ausgequetscht wurden. Die Teilnehmer bekamen die Anweisung, bei der Frage nach jeder Zahl zwischen 3 und 8 mit Nein zu antworten, so dass sie zwangsläufig irgendwann lügen würden.
Wann dies der Fall war, so das Ergebnis des Versuchs, konnten drei Neurowissenschaftler ohne spezielle Erfahrungen in der Lügendetektion anhand der fMRT-Daten besser herausfinden als drei geschulte Experten am Polygrafen: Der Hirnscanner entlarvte Lügen insgesamt mit einer 24 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit. Zwar gebe es kein typisches "Lügensignal"; dennoch konnten sie durch die Erfassung von zahlreichen Hirnnetzwerken simultan und in Echtzeit charakteristische Aktivitätsschwankungen ausmachen.
Perfekt waren allerdings beide Verfahren nicht: Sowohl der Polygraf als auch der Hirnscanner leisteten sich Fehler und führten die Experten von Zeit zu Zeit auf die falsche Spur. Trotzdem lohne es sich, die funktionelle Magnetresonanztomografie zur Lügendetektion weiter zu erforschen, glauben die Wissenschaftler. Vielleicht könnten fMRT und Polygraf es eines Tages gemeinsam ermöglichen, Unwahrheiten mit hoher Genauigkeit aufzudecken. Die Praxistauglichkeit steht allerdings auf einem anderen Blatt. Ein MRT im Gerichtssaal ist wohl auch bei hoher Aussagekraft erst einmal eher nicht vorstellbar.
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