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Lebensmittelüberwachung: Ist drin, was draufsteht?

Beim Gang durch den Supermarkt achten viele nicht nur auf den Preis, sondern auch auf Qualität. Aber enthält das Päckchen Basmati-Reis wirklich den edlen Duftreis aus dem Himalaja? Ob ein Etikett mehr verspricht als hält, prüfen Lebensmittelkontrolleure mit modernsten Methoden.
Verpackte Lebensmittel müssen laut Gesetz EU-weit mit einem Etikett versehen sein, auf dem sich der Käufer informieren kann, mit welchem Produkt er es zu tun hat und welche Zutaten zur Herstellung verwendet wurden. Diese Angaben sind nicht nur für den qualitätsbewussten Verbraucher wichtig. Besonders Allergiker, Vegetarier oder auch Menschen, die etwa aus religiösen Gründen bestimmte Fleischsorten meiden, müssen wissen, womit sie es zu tun haben.

Immer wieder werden Lebensmittel jedoch falsch gekennzeichnet. Geschieht dies in betrügerischer Absicht, kann beispielsweise eine Zutat durch eine ähnliche aber billigere Variante ersetzt worden oder aber ein Produkt mit Wasser verdünnt worden sein. Beides garantiert dem Hersteller höhere Gewinne – falls er unentdeckt bleibt.

Etikettenschwindel auf der Spur

Für die Lebensmittelüberwachung sind in Deutschland amtliche Untersuchungslabore zuständig. "Wir prüfen die Zusammensetzung der Produkte, ob das drin ist, was drauf steht", sagt Ursula Coors, Lebensmittelchemikerin am Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt. Zum Einsatz kommt dabei ein breites Spektrum an Methoden von chemisch-physikalischen Verfahren wie der Gaschromatographie und HPLC (Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographie) bis hin zu molekularbiologischen Verfahren wie etwa der DNA-Analytik, erläutert die Wissenschaftlerin.

Tierische oder pflanzliche Inhaltsstoffe verraten ihre Identität über die Erbsubstanz, die selbst in stark verarbeitete Produkten noch enthalten ist – wenn auch manchmal nur in Form kleiner DNA-Bruchstücke. Da inzwischen für immer mehr Lebewesen das Genom entschlüsselt wird, ist auch für immer mehr Organismen bekannt, welcher Abschnitt auf der DNA ganz einzigartig nur auf diese oder jene Pflanzen- oder Tierart hinweist. Methoden, die diesen einzigartigen Fingerabdruck, den pflanzliche oder tierische Produkte in einem Lebensmittel hinterlassen, nachzuweisen versuchen, kommen daher bei der Lebensmittelüberwachung immer häufiger zum Einsatz. Sie können manche herkömmlichen Tests ergänzen, die an ihre Grenzen stoßen. So etwa bei Immunoassays, die zwar gut bei rohen Produkten funktionieren, deren Antikörper bei stark erhitzten oder verarbeiteten Waren aber häufig ihren Dienst versagen.

Schwierig wird es zum Beispiel auch dann, wenn sich Substanzen chemisch stark ähneln, wie etwa das Haselnuss- und das Olivenöl. So kann die DNA-Analyse helfen, eine Vermischung dieser beiden Öle festzustellen, oder auch die Streckung von Basmati-Reis mit Hybrid-Sorten oder anderem langkörnigem Reis aufzudecken.

Tunfisch oder Makrele?

Hartmut Rehbein von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg hat DNA-Analysemethoden entwickelt, die von den Labors der Lebensmittelüberwachung angewendet werden, um Fischarten zu bestimmen. Seit dem 1. Januar 2002 müssen zahlreiche Fischprodukte, wie zum Beispiel frische, gefrorene oder geräucherte Exemplare, mit Angaben darüber versehen sein, um welche Fischart – also ihr Handelsname – es sich handelt, und woher der Fisch kommt. Weitere Verordnungen und Warenstandards regeln auch die Kennzeichnung von Tunfisch- und Sardinenkonserven.

Ist aber in Tunfischdosen wirklich Tunfisch drin? Statt des häufig verarbeiteten Gelbflossen-Tunfisch (Thunnus albacares) fand Rehbein bei Testuntersuchungen auch die Fregattmakrele (Auxis thazard), die nicht zu den Tunfischen zählt und folglich auch nicht ohne entsprechende Kennzeichnung zu Tunfischkonserven verarbeitet werden darf. "Statt der Scholle (Pleuronectes platessa) nimmt man bei panierten Erzeugnissen manchmal die Kliesche (Limanda limanda)", erzählt Rehbein und vermutet aber nicht hinter jeder Fehlbezeichnung einen absichtlichen Betrug: "Manchmal sind es nicht direkt Verfälschungen, sondern einfach Unwissen. Es gibt mehrere hundert Fischarten auf dem deutschen Markt, und da steht manchmal nicht die richtige Bezeichnung drauf, weil die Fischart nicht so bekannt ist."

Oft liegen in verarbeiteten Lebensmitteln nur winzige Mengen an genetischem Material vor. Dank einer Vervielfältigungsmethode – der Polymerasekettenreaktion – kann die DNA jedoch aufgespürt und angereichert werden. "Die PCR-Produkte müssen dann mit weiteren Methoden so weit charakterisiert werden, dass man artspezifische Fingerabdrücke bekommt", erklärt Rehbein. Weichen die Basenabfolgen der DNA-Stückchen nur minimal voneinander ab, wandern sie unterschiedlich schnell bei der Gelelektrophorese. "Und da reicht es", fügt Hartmut Rehbein an, "wenn auf etwa 100 Basenpaare ein Baustein unterschiedlich ist."

Was steckt in der Konservendose?

Norbert Hess vom Gentechniküberwachungslabor am Institut für Hygiene und Umwelt in Hamburg setzt die DNA-Analyse hauptsächlich zum Nachweis von gentechnisch veränderten Organismen ein. Hess' Labor wird aber auch aktiv, wenn etwa die Einfuhrkontrolle bei Fleischlieferungen fragt: Ist es Rind, Büffel, Bison oder Känguru? "Wir haben bei der Artenbestimmung den Ansatz, dass wir ein relativ konserviertes Stück DNA aus dem Genom eines Organismus durch PCR vervielfältigen und hinterher eine DNA-Sequenzierung machen", sagt Norbert Hess. Anschließend wird die ermittelte Basenfolge mit einer Datenbank in Washington verglichen: "Durch diesen Vergleich können wir sagen, es ist diese oder jene Spezies."

Die meisten Erfahrungen mit der DNA-Analyse haben die Lebensmittelüberwacher bei der Tierartbestimmung von Fleischwaren. Die Anwendungsmöglichkeiten wachsen jedoch ständig: Enthält der Joghurt wirklich Erdbeeren oder Himbeeren? Oder wurden diese relativ teuren Obstsorten durch billigere Varianten wie Brombeere oder Apfel ersetzt? Sind im Orangensaft noch andere Zitrusfrüchte enthalten? Wurden die Nudeln aus Hartweizen (Triticium durum) hergestellt, wie der Hersteller auf der Verpackung schreibt, oder ist Saatweizen (T. aestivum) beigemengt, der im Anbau zwar billiger ist, aber die Qualität der Nudeln verschlechtert?

Auf der Fährte gentechnisch veränderter Organismen

Auch der Qualitätsbestimmung von Rotwein oder Olivenöl mit Hilfe des genetischen Fingerabdrucks steht rein methodisch nichts mehr im Weg. Bei der Firma GeneScan Analytics in Freiburg können Saatgutfirmen, Anbauvertriebe, Händler, Lieferanten, Lebensmittelhersteller und Verbraucher Rohstoffe und Lebensmittel mit Hilfe der DNA-Analyse untersuchen lassen. Hauptsächlich geht es dabei um die Frage: Enthält das Produkt gentechnisch veränderte Organismen? Aber auch die Bestimmung von Pflanzen- oder Tierarten gehört zum Leistungsangebot. "Die DNA ist in allen Geweben eines Organismus identisch und verändert sich in den für die Analyse entscheidenden Punkten durch Verarbeitungsschritte wie Erhitzen, Braten, Sterilisieren, Zusatzstoffbeigaben, Salzen und so weiter nicht. Die DNA-Analytik ermöglicht daher eine große Sensitivität auch in stark verarbeiteten Produkten", preist GeneScan seine Analysemethoden an.

Norbert Hess ist in seiner Formulierung da schon etwas vorsichtiger: "Die DNA-Analyse ist eine der besten Methoden, die wir haben. Da die DNA-Fragmente, die wir untersuchen, relativ kurz sind, funktioniert sie in sehr vielen Fällen – aber nicht unbegrenzt." Bei der Bandbreite an Nahrungsmitteln, mit denen es die Lebensmittelüberwacher zu tun haben, gibt es eben auch Situationen, in denen keine ausreichende Menge an Erbsubstanz aus Ketchup, Pastete oder Marmelade isoliert werden kann. "Es gibt bestimmte Produktionsschritte in der Lebens- und Futtermittelindustrie – zum Beispiel im Bereich Öle oder Lecithine –, wo nicht nur erhitzt, sondern auch gefiltert wird. Da kann manchmal vorkommen, dass gar keine DNA mehr drin ist", sagt auch Claudia Harms von GeneScan Analytics.

Für jedes Nahrungsmittel muss in jedem Fall eine Methode zur Gewinnung der Erbsubstanz entwickelt werden, die auf die Eigenarten des Produkts abgestimmt ist. Und in den Fällen, wo es gar nicht geht, können die Lebensmittelüberwacher auf Altbewährtes zurückgreifen oder möglicherweise bald eine neue Errungenschaft aus der Grundlagenforschung einsetzen: den "biochemischen" oder "metabolischen Fingerabdruck". Unter "Metabolomics" fasst man all die Techniken zusammen, mit denen Stoffwechselprodukte von Zellen – die Metaboliten – analysiert werden können. Hauptsächlich werden massenspektrometrische Methoden mit leistungsstarken Rechnern gekoppelt, wodurch eine Vielzahl von Metaboliten gleichzeitig erfasst werden kann. Bei der Untersuchung von Nahrungsmitteln könnte dank des biochemischen Fingerabdrückes zum Beispiel beurteilt werden, welche Zutaten verwendet wurden und ob das Produkt frisch oder mit Mikroorganismen belastet ist.

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