News: Ist Sprache eine Folge von Mißverständnissen?
Als Grundlage ihres Experiments wählten sie Darwins Prinzip vom Überleben des Geeigneteren. Sie kreierten ein Planspiel, in dem einhundert virtuelle Tiere in einer Computerhöhle zusammen lebten. Jedes Tier konnte fünf Töne erzeugen, mit denen es jeweils eins von fünf Objekten bezeichnete. Dabei konnten die Töne je nach Tier verschieden sein. Die "Sprachbegabtesten", also diejenigen, die sich am besten mit ihren Mitbewohnern verständigen konnten, wurden mit einer größeren Nachkommenzahl "belohnt". Nach nur zwanzig Generationen unterhielten sich die Höhlenbewohner in einer Art "Ursprache" – sie benutzten alle dieselben Töne für die jeweiligen Gegenstände.
Die Entwicklung einer Ursprache ist jedoch nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer richtigen Sprache. Menschen können Tausende von Tönen erzeugen, in Sprachen werden jedoch meist nur ein paar Dutzend benutzt. Nach Krakauer würden tausend verschiedene Tönen keine bessere Verständigung ermöglichen als zwanzig – denn es käme ständig zu Mißverständnissen. Erst die Verknüpfung von einzelnen Lauten zu Wörtern ermöglicht es, immer mehr Dinge zweifelsfrei und für den anderen eindeutig zu beschreiben. So starben auch in Krakauers Versuch die Ursprachen nahezu aus, sobald erste Worte entstanden. Die Ergebnisse der beiden Wissenschaftler zeigen, daß auch die Evolutionsbiologie einen Beitrag zur Linguistik liefern kann.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 1.2.1999
"Ist Grammatik angeboren? "
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 15.1.1998
"Das Erbe der universellen Gestensprache"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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