Reproduktionsmedizin: Fruchtbarkeitsbehandlung beeinflusst Wachstum von Kindern
Kinder, die infolge einer Fruchtbarkeitsbehandlung geboren werden, wachsen anders als natürlich gezeugte Kinder. Doch im Alter von 17 Jahren haben sie eine ähnliche Größe, ein ähnliches Gewicht und einen ähnlichen Body-Mass-Index. Das geht aus einer Studie im Magazin »Human Reproduction« hervor.
Wer ungewollt kinderlos ist, kann es mit Reproduktionsmedizin versuchen. Denn Ärztinnen und Ärzte können mit verschiedenen Methoden manche Paare unterstützen, doch noch auf natürlichem Weg ein Kind zu bekommen. Die In-vitro-Fertilisation gehört beispielsweise zu den Verfahren der assistierten Reproduktionstechnik, kurz ART. Schon länger war bekannt, dass Kinder, die mit Hilfe von ART gezeugt wurden, bei der Geburt weniger wiegen als andere. Unklar war jedoch, inwieweit die Unterschiede im Wachstum während der Kindheit bestehen bleiben.
Daten von mehr als 600 000 Menschen geben nun Aufschluss. Das Ergebnis: Kinder, die nach einer ART geboren wurden, waren leichter und kleiner, wuchsen in den ersten 18 Monaten allerdings auch schneller und waren nach einem Jahr etwas länger und schwerer als natürlich gezeugte Kinder. Der Unterschied hat bis zum Alter von sieben Jahren angehalten, schreiben die Forscherinnen und Forscher.
Kinder, die von eingeschränkt fruchtbaren Eltern geboren wurden, waren bei der Geburt ebenfalls kleiner, wenn auch nicht so klein wie ART-Kinder, und zeigten ein vergleichbares Wachstumsmuster. Jene, welche aus frischen Embryonen geboren wurden, waren wiederum kleiner als natürlich gezeugte Kinder, während Babys aus gefrorenen Embryonen natürlich gezeugten Kindern ähnlich waren.
Als das Team letztlich noch die Daten von 17-Jährigen aus dem Gesundheitsregister der Streitkräfte untersuchte, stellte sich heraus: Im Teenageralter zeigten sich kaum noch Unterschiede zwischen den mit Hilfe von ART und spontan gezeugten Kindern oder zwischen denen, die als Ergebnis eines gefrorenen oder frischen Embryotransfers geboren wurden.
Schnelles Wachstum könnte sich negativ auf Herz, Blutgefäße und Stoffwechsel auswirken
Das Autorenteam der aktuellen Studie hat für die Untersuchung Daten von 81 461 Kindern aus der norwegischen Mutter-Vater-Kind-Kohortenstudie (MoBa) und 544 113 Teenagern, die für den Militärdienst gescreent und im Gesundheitsregister der Streitkräfte registriert wurden, analysiert. Aus der MoBa-Studie stammen Informationen über 79 740 natürlich gezeugte und 1721 ART-Kinder bis zum Alter von sieben Jahren. Unter den natürlich gezeugten Kindern waren 5279, die von eingeschränkt fruchtbaren Eltern geboren wurden, die länger als zwölf Monate gebraucht hatten, um Nachwuchs zu bekommen. Unter den ART-Kindern wurden 1073 aus frischen Embryonen und 179 aus eingefrorenen Embryonen geboren.
»Die Tatsache, dass wir keine Unterschiede in Größe, Gewicht oder BMI zwischen ART und natürlich gezeugten Nachkommen im Alter von 17 Jahren beobachtet haben, ist beruhigend«, sagt Studienautorin Maria Magnus in einer Pressemitteilung. Es sei jedoch wichtig herauszufinden, warum sich die Kinder bis zum Schulalter unterschiedlich entwickeln und welche Folgen das haben könnte.
Eine erste Vermutung: Die Hormonbehandlung, um den Eisprung bei den Müttern zu stimulieren, oder die Wirkung des Mediums, in dem die Embryonen im Labor gelagert werden, könnten Größe und Gewicht des Nachwuchses beeinflussen.
Dass schnelles Wachstum in der Kindheit negative Auswirkungen auf das Herz, die Blutgefäße und den Stoffwechsel haben könnte, darauf deuten frühere Studien hin. Vor mehr als zehn Jahren hatte eine Untersuchung zudem Hinweise darauf geliefert, dass eine schnelle Gewichtszunahme bei Kindern, die durch eine Fruchtbarkeitsbehandlung geboren wurden, mit einem höheren Blutdruck im Alter von 8 bis 18 Jahren verbunden war. Andere zeigten laut einer Studie von 2020 ein erhöhtes Risiko für Typ-1-Diabetes. »Da immer mehr ART-Nachkommen ins Erwachsenenalter kommen, müssen zukünftige Studien mögliche langfristige gesundheitliche Auswirkungen untersuchen«, sagt Magnus.
Die Autorinnen und Autoren geben an, dass ein Selektionsbias möglich ist. Ursache könnte die geringe Teilnahmequote in der MoBa-Kohorte sein. Auch könnten eigene Messungen von Länge/Größe und Gewicht zu Messfehlern geführt haben.
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