Jagd: Schießen, um zu schützen
Nur wenige Stunden nach seiner Ankunft am internationalen Flughafen Duschanbe in Tadschikistan im Dezember 2016 saß Bill Campbell bereits auf der Rückbank eines Toyota Land Cruisers und wurde auf der sechsstündigen Fahrt zum kleinen Dorf Anjirob in unmittelbarer Nähe der afghanischen Grenze kräftig durchgeschüttelt. Die etwa 700 Einwohner zählende Gemeinde liegt eingebettet in die tadschikische Hazratisho-Gebirgskette, deren steil aufragende Felsen das Tor zum noch imposanteren und vielfach als das "Dach der Welt" bezeichneten Pamir-Gebirge bilden. In dieser unwirtlichen Landschaft hat eine drollig aussehende Ziege mit Spiralhörnern – die Buchara-Schraubenziege (Capra falconeri heptneri), auch Buchara-Markhor genannt – ihren Lebensraum. Und Campbell, ein 65-jähriger Arzt aus Anchorage in Alaska, war den ganzen weiten Weg gereist, um eine von ihnen zu finden.
Es sollte kein leichtes Unterfangen werden. Zum einen sind diese Pflanzen fressenden Gebirgstiere sehr selten, und zum anderen sorgt ihr lohfarbenes bis braunes Fell dafür, dass sie beim Weiden in den zerklüfteten Felswänden fast komplett mit ihrer Umgebung verschmelzen. 1991, als die Sowjetunion ihren Griff um die zentralasiatische Nation zunehmend lockerte, waren die Bestände der Buchara-Schraubenziege weltweit auf weniger als 700 Exemplare geschrumpft. Die Hälfte davon lebte in dem von Campbell angesteuerten Reiseziel: den südwestlichen Randgebieten der tadschikischen Autonomen Provinz Berg-Badachschan, deren aus Sowjetzeiten stammende Gebietsbezeichnung "Autonomer Oblast Gorno Badakhshan" auch heute noch gebräuchlich ist.
Die Schuld am Rückgang dieser Art wurde den üblichen Verdächtigen zugeschrieben: Habitatverlust, Konkurrenz durch Weidevieh und von Haustieren übertragene Krankheiten. Am meisten litt der Buchara-Markhor jedoch unter der jahrzehntelangen, unerbittlichen Wilderei, und sowohl die illegale Jagd nach Fleisch durch die einheimische Bevölkerung als auch die gelegentliche, unzulässige Trophäenjagd setzten die Bestände der Tiere gehörig unter Druck.
Doch in jüngster Zeit zeichnet sich endlich eine Trendwende ab. Die Weltnaturschutzunion (International Union for Conservation of Nature, kurz IUCN) hatte die Spezies auf ihrer Roten Liste gefährdeter Arten von 1994 bis 2015 noch als "stark gefährdet" eingestuft; vor zwei Jahren stieg der Markhor in die Kategorie "potenziell gefährdet" auf. Der Bestand der Tiere hat sich zwar noch nicht völlig erholt, aber die Lage wendet sich allmählich zum Besseren. Seit den frühen 1990er Jahren haben sich die Zahlen des Buchara-Markhor in Tadschikistan mehr als vervierfacht, und Schätzungen auf Basis neuester Studien ergaben, dass mittlerweile etwa 1900 Exemplare die steilen Hänge des Landes beweiden. Inzwischen ist es auch sehr viel einfacher, eins dieser Tiere zu finden – zumindest wenn man weiß, wo man Ausschau halten muss. In einer Welt, die nach Ansicht vieler Naturschutzbiologen gerade ein sechstes Massensterben durchmacht, sind derartige Erfolgsgeschichten eher selten. Ähnlich verhält es sich mit Menschen wie Campbell, der für die Gelegenheit, einen Markhor zu schießen, rund 100 000 Euro hinblättern musste. "Dies ist wahrscheinlich die teuerste Jagd auf der ganzen Welt", meint Campbell. "Im Prinzip geht dafür mein ganzes Einkommen drauf."
Recht oder Unrecht?
In vielen Berichten wird die Trophäenjagd häufig als die schlimmste Form eines Rechts dargestellt, das der Mensch bedenkenlos für sich in Anspruch nimmt – als eine Möglichkeit für extrem privilegierte, weiße Männer (tatsächlich treffen typischerweise alle drei Kriterien zu), ihre Überlegenheit zu demonstrieren. Wayne Pacelle, Präsident und Geschäftsführer der Humane Society of the United States, bezeichnete die Gepflogenheit als "grausam, selbstverherrlichend, diebisch und schändlich", und der US-amerikanische Fernsehmoderator Jimmy Kimmel nannte sie 2015 in einer im Fernsehen ausgestrahlten Rede sogar "Übelkeit erregend".
Als ich jedoch einige Monate nach Campbells Jagdaufenthalt dieselbe Gegend bereiste, fand ich heraus, dass wohlhabende Jäger wie er der Hauptgrund dafür sind, dass die Schraubenziege überhaupt noch existiert – auch wenn diese Wahrheit noch so unbequem sein mag. In bestimmten Fällen, wie inzwischen selbst einige Naturschutzorganisationen bestätigen, kann nämlich die Trophäenjagd ein unschätzbares Hilfsmittel darstellen, um gewisse Tierarten und die für ihren Fortbestand notwendigen Ökosysteme zu schützen.
Manche Jäger gehen ihrer Beschäftigung ganz sicher nach, weil sie großspurig nach einer Art Macht streben, und häufig mangelt es ihnen an Selbsterkenntnis, um sich dessen bewusst zu werden. Nachdem ich aber einige Zeit mit Dutzenden tadschikischer Jagdführer und Wildtierbiologen (manche übten sogar beide Tätigkeiten aus) in zwei Markhor-Jagdrevieren im südlichen Tadschikistan verbracht hatte, wurde mir eines klar: Man ignoriert tatsächlich die Realität, wenn man alle Jäger derart über einen Kamm schert. Denn es gibt auch solche, die sich ernsthaft mit den heiklen ethischen Zwickmühlen ihrer Freizeitbeschäftigung auseinandersetzen und wirklich bemüht sind, sich ökologisch und sozial verantwortungsvoll zu vergnügen.
Dennoch gehören diese Menschen einer kleinen Elite an. "Es ist ein exklusives Erlebnis für reiche Leute wie mich", stellt Campbell fest. Der Mann mit dem weißen Haar, der nicht vor unflätigen Ausdrücken zurückschreckt und zuweilen scherzhaft "der wilde Bill" genannt wird, ist im heimatlichen Anchorage als Psychiater in eigener Praxis tätig. "Ich habe mein Geld auf altmodische Weise verdient", erklärt er, "indem ich viele Jahre lang einen Patienten nach dem anderen behandelte." Zur Jagd kam Campbell schon in jungen Jahren; damals schoss er häufig Rotwild in der Nähe seines Elternhauses in Vermont. Später dann, als Medizinstudent in Südkalifornien, ermöglichte ihm die Jagd, Fleisch zu essen, was er sich anders nicht leisten konnte. "Das war mal etwas anderes als Erdnussbutter", erzählt der Mediziner rückblickend. Mit zunehmendem Wohlstand wurde er auf exotischere, teurere und schwierige Jagdmöglichkeiten in entlegenen Regionen wie Nepal, Simbabwe und Tadschikistan aufmerksam.
In seinen mit den Jagdreservaten abgeschlossenen Verträgen besteht Campbell für gewöhnlich darauf, dass er der einzige anwesende Jäger ist. Manchmal sorgt bereits das Gesetz für die Einhaltung dieser Bedingung; in dem in Tadschikistan gelegenen, 74 Quadratkilometer umfassenden Schutzgebiet Saidi Tagnob (der Name bedeutet zu Deutsch etwa "Jagd ins Tal"), das Campbell im Dezember 2016 besuchte, wurde beispielsweise für das gesamte Jahr 2016 nur eine einzige Markhor-Jagdlizenz gewährt.
In schwierigem Terrain
Unmittelbar nach seiner Ankunft im Jagdgebiet galt Campbells einziges Interesse dem Überwinden des schwer passierbaren Terrains. Zehn Ranger waren mit dem Transport seiner Ausrüstung beschäftigt: Rucksack, Gewehr und ausreichend Vorräte, um mehrere Tage auf den einsamen, eisigen Bergrücken überleben zu können. Zu Beginn ihres Aufstiegs folgte die Gruppe einem sich dahinschlängelnden Flussbett. "Es war ein seichter Fluss mit vielen Steinen, den man leicht durchqueren konnte, ohne nasse Füße zu bekommen", erinnerte sich Campbell, wieder daheim in Alaska.
"An einem Punkt verengt er sich und fließt durch diese außergewöhnliche Gesteinsformation, die die Einheimischen 'die Vagina' nennen. Da das gesamte Wasser dort eine enge, etwa eineinhalb bis drei Meter breite Spalte passieren muss, staut es sich auf, so dass der Fluss an dieser Stelle ziemlich tief wird. Es ist ganz schön aufregend, hier von einem Felsen zum nächsten zu hüpfen." In jüngeren Jahren war Campbell ein geschickter Bergsteiger. Die Besteigung des Half Dome im Yosemite-Nationalpark sei der Höhepunkt seines Lebens gewesen, berichtet der Amerikaner, der diese Art des Abenteuers als seine wahre Leidenschaft bezeichnet.
Etwas weiter flussaufwärts trafen Campbell und sein Team auf eine Gruppe von Bergbewohnern, die mit kleinen Schaufeln das Sediment entlang des Flussufers umgruben – vermutlich auf der Suche nach Gold. Jedes Jahr werden in Tadschikistan etwa 1,5 Tonnen des kostbaren Edelmetalls gefördert. "Wenn es dieses Jagdschutzgebiet nicht gäbe, würde irgendeine Firma dort vermutlich eine Goldmine betreiben und eine ökologische Katastrophe verursachen", sinniert Campbell.
Durch das Angebot von Jagdexpeditionen gegen entsprechendes Entgelt können im Privatbesitz befindliche Ländereien zum Wohl wild lebender Tiere bewirtschaftet werden, so das Argument. Und objektiv betrachtet scheinen die Alternativen – Rohstoffabbau, Viehwirtschaft und Ackerbau – weitaus schlimmere Auswirkungen zur Folge zu haben. Ist es daher nicht sinnvoller, zur Erhaltung eines funktionierenden Ökosystems in seiner Gesamtheit einige wenige alte Tiere zu opfern?
Doch ganz so einfach ist die Sache natürlich nicht. Damit sich die Trophäenjagd zu einem wirksamen Naturschutzinstrument entwickelt, muss sie nicht nur lukrativer als Industrien wie etwa Bergbau oder Holzgewinnung sein; sie darf auch der Wilderei, die den Markhor so lange plagte, keinen weiteren Vorschub leisten.
Im Fall der Schraubenziegen handelt es sich allerdings um eine andere Art von Wilderei als jene, die Nashörner und Elefanten in Bedrängnis bringt. Hier geht es nicht um Hörner oder Stoßzähne, die auf verschlungenen Wegen in den Fernen Osten gelangen und dort als Zutat eines traditionellen Heilverfahrens oder schlicht als Prestigeobjekt erworben und verkauft werden. Wenn jemand einen Markhor wildert, ist es typischerweise ein armer tadschikischer Dorfbewohner, dem es lediglich darum geht, sich und seiner Familie eine anständige Mahlzeit zu beschaffen. Auch wenn einige Schraubenziegen tatsächlich Opfer der illegalen Trophäenjagd werden, landen doch die meisten ganz einfach auf den Tellern der einheimischen Bevölkerung. Um wirklich effektiv zu sein, muss die gesetzlich erlaubte Trophäenjagd daher nicht nur den Tieren selbst zugutekommen, sondern auch jenen Menschen nutzen, die Seite an Seite mit ihnen leben.
Nicht ohne die Dorfbevölkerung
In den frühen 1980er Jahren sorgte sich eine Gruppe von Stammesführern in Pakistan zunehmend um das Verschwinden ihrer Großtiere, etwa der Suleiman-Schraubenziege (Capra falconeri jerdoni), einer nahen Verwandten der tadschikischen Buchara-Unterart. Wie in Tadschikistan waren auch die in Pakistan lebenden Tierbestände primär durch die uneingeschränkte Jagd nach Fleisch bedroht. Die Stammesgemeinschaften entwickelten daraufhin gemeinsam eine Art Naturschutzkonzept, das an eine einzige Bedingung geknüpft war: Als Gegenleistung dafür, dass sie fortan nicht mehr jagten, sollten die ortsansässigen Männer gegen Bezahlung als Wildhüter angestellt werden und so weitere illegale Jagdaktivitäten verhindern. Die Finanzierung würde durch eine Trophäenjagd in beschränktem Ausmaß erfolgen, die ausschließlich reichen Ausländern vorbehalten wäre. Neben den Löhnen sollte die einheimische Bevölkerung auch einen Großteil des Fleisches der erlegten Tiere erhalten, und etwaige Überschüsse würden ebenfalls an die Gemeinschaften zurückfließen. Dieses Naturschutzprogramm, das unter dem Namen Torghar Conservation Project bekannt wurde, hatte einen dramatischen Rückgang der Wilderei und einen ebenso massiven Zuwachs der Markhorbestände zur Folge. In der Zeit von 1986 bis 2012 brachte das Projekt mehr als 2,3 Millionen Euro ein, die in die Kassen der lokalen Gemeinden flossen – die Bestände der Suleiman-Schraubenziege stiegen von weniger als 100 Individuen auf geschätzte 3500 Exemplare an.
Viele der im Hochgebirge lebenden tadschikischen Gemeinschaften hatten von dem Torghar-Projekt erfahren und wollten daraufhin auch in ihrem Land ein solches Schutzprogramm verwirklichen. Mit anfänglicher Unterstützung durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) lernten die Einheimischen, wie sie die Buchara-Schraubenziege und andere große Pflanzenfresser der Region, etwa den Sibirischen Steinbock (Capra sibirica) und das Pamir-Argali (Ovis ammon polii), auch Marco-Polo-Schaf genannt, überwachen und schützen konnten.
Ungefähr zur selben Zeit begann Panthera, die internationale Organisation zum Schutz von Großkatzen, ihre Arbeit in Tadschikistan. "Was die Trophäenjagd betrifft, vertritt Panthera eine komplexe Auffassung", erklärt Tanya Rosen, Direktorin des Panthera-Programms zum Schutz von Schneeleoparden (Panthera unica) in Tadschikistan und Kirgisistan. "Geht es um die Trophäenjagd auf Großkatzen, dann unterstützen wir sie nicht. Doch wenn es sich um die Beutetiere von Großkatzen handelt, sieht die Sache ein wenig anders aus." Raubtiere sind auf Beute angewiesen. Wenn die Trophäenjagd dazu beiträgt, dass sich eine ums Überleben kämpfende Population von Beutetieren wieder regeneriert und wächst, verschafft sie dadurch auch den Raubkatzen einen indirekten Nutzen. Kurze Zeit nach dem Beginn des Markhor-Projekts in Tadschikistan beteiligte sich Panthera an dem Vorhaben. Die Organisation stellte den Menschen vor Ort logistische Unterstützung in Form von Ferngläsern, Spektiven und Fahrzeugen zur Verfügung, sie schulte die Einheimischen in Techniken zur Überwachung von Wildtieren und half zudem den lokalen Gemeinden, mit der tadschikischen Regierung, der IUCN und diversen internationalen Jagdverbänden zusammenzuarbeiten.
Zu jener Zeit galten in Tadschikistan sämtliche Formen der Jagd als illegal. Während in einigen Ländern lediglich die Jagd als Sport verboten ist wie beispielsweise in Simbabwe oder Costa Rica, haben andere Länder ein teilweises Verbot gegen die Jagd bestimmter Tiere verhängt wie etwa Sambia auf Löwen und Leoparden. Anfang 2017 lehnte das kirgisische Parlament mit knapper Mehrheit den Vorschlag ab, jegliche Jagdaktivitäten bis zum Jahr 2030 zu untersagen – mit nur wenigen Ausnahmen für die letale Kontrolle von Beutegreifern.
Um es aber den Jägern aus aller Welt zu ermöglichen, ihre Trophäen auf legalem Weg außer Landes zu bringen, wäre Tadschikistan gezwungen gewesen, sein Jagdverbot aufzuheben, die Trophäenjagd zu legalisieren und sich dem Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, kurz CITES) anzuschließen. Und wenn die tadschikischen Gemeinden ihre Regierung tatsächlich von der Notwendigkeit all dieser Maßnahmen überzeugen wollten, mussten sie ihre Verpflichtung zum Schutz und zur Erhaltung wild lebender Tiere demonstrieren, indem sie das stetige Wachstum der Schraubenziegenbestände mit Zahlen belegten und gleichzeitig die Wilderei in ihren eigenen Reihen in Aktivitäten zum Schutz der Wildtiere verwandelten.
Schlussstrich unter die Wilderei
Im Jahr 2004 begannen die wenigen im Gebiet der Markhors liegenden Gemeinden mit der harten Arbeit, einen Schlussstrich unter ihre traditionelle Wildereikultur zu ziehen und auf einer 560 000 Hektar umfassenden Landfläche ein Schutzgebiet für die Schraubenziege einzurichten – mit der Aussicht, eines Tages von den Einkünften aus der Trophäenjagd zu profitieren. "Mehrere Jahre lang ging es ausschließlich um Schutz und Erhaltung", macht Rosen deutlich. Alle Beteiligten halfen freiwillig, und sogar die Ranger arbeiteten ohne Bezahlung. Es sollte ganze zehn Jahre dauern, bis 2014 schließlich die ersten legalen Trophäenjagden stattfanden.
Meine eigene Expedition in die Heimat des Markhor unternahm ich im März 2017. Bei einer aus Schaffleisch und Reis, Brot und Honig sowie Tee und Kirschsaft bestehenden Mahlzeit erklärte mir der 63-jährige Leiter des Wildschutzgebiets Saidi Tagnob Odina Abdulkhaev mit Hilfe von Panthera-Mitarbeiterin Tanya Rosen, die als Dolmetscherin fungierte, dass das Jagen wilder Tiere für ihn und seine Mitstreiter ganz einfach eine Lebensform gewesen sei, bis sie schließlich die besondere Bedeutung der Schraubenziege erkannt hätten. Durch den Schutz dieser Spezies konnte Abdulkhaev die Einkünfte aus drei Jahren gesetzlich erlaubter Trophäenjagd mit jeweils nur einem Jäger pro Jahr darauf verwenden, die Lebensbedingungen der Menschen in seiner Gemeinde deutlich zu verbessern. Mit Hilfe der Jagdeinnahmen werden die Vollzeitgehälter von zehn Rangern – jeder ein ehemaliger Wilderer – finanziert; außerdem fließen die Gelder in die Beschaffung von Schulbüchern und -uniformen sowie in die Bezahlung von Lehrern.
Nach dem Essen spazierten wir durch Anjirob, bis wir eine Lichtung erreichten. Beim Blick über das Tal in Richtung Afghanistan deutete Abdulkhaev auf etwas, was wie ein über Dutzende Holzpfosten gespanntes schwarzes Kabel aussah. Es handelte sich um eine neue, drei Kilometer lange Wasserleitung, die das Dorf mit sauberem Wasser versorgte. Lächelnd entblößte mein Begleiter seine funkelnden Goldzähne und erklärte, dass bereits Arbeiten für eine weitere, etwa 15 Kilometer umfassende Rohrleitung im Gang seien, die Frischwasser direkt ins Schulgebäude leiten solle. All diese Baumaßnahmen wurden mit den Einnahmen aus der Trophäenjagd finanziert.
Von den 85 000 bis 102 000 Euro, die ein Markhorjäger auf den Tisch legen muss, fließen 35 000 Euro direkt an die tadschikische Regierung für die Jagdlizenz. Knapp 7000 Euro gehen an die Nationalregierung, während sich regionale und lokale Gebietskörperschaften den Rest teilen. Mehr als 60 Prozent der von den Trophäenjägern gezahlten Summen verbleiben jedoch in den Jagdgebieten für Projekte wie den durch Abdulkhaev initiierten Bau von Wasserleitungen.
Nach Auskunft von Farhod Mamadnazarbekov, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Umweltausschusses der Autonomen Provinz Berg-Badachschan, kommt ein beträchtlicher Teil des in der Staatskasse landenden Geldes den Wildtieren und der Allgemeinheit zugute. Die Finanzmittel dienten sowohl dazu, Viehhirten mit Heu zu versorgen, damit deren Tiere nicht mit den wild lebenden Pflanzenfressern um Weideflächen konkurrieren müssen, als auch zur Bereitstellung zusätzlichen Futters für Wildtiere in Gebieten, in denen sich die natürlichen Pflanzengemeinschaften noch nicht vollständig von der jahrzehntelangen Überweidung erholt hätten, erklärt Mamadnazarbekov. Auf Distriktebene würden die Gelder zur Finanzierung von staatlichen Programmen zur Wildtierüberwachung eingesetzt; zudem werde den Menschen Heizkohle zur Verfügung gestellt, damit diese sich nicht gezwungen sähen, Pflanzen als Brennstoff zu ernten und somit die Wildtiere ihrer Nahrung zu berauben, ergänzt der Umweltbeamte.
Fortschritt dank Jagd?
Nur schwer lässt sich beurteilen, wie viel der Darstellungen Mamadnazarbekovs tatsächlich der Wahrheit entspricht. Aus verschiedenen Quellen ist mir zu Ohren gekommen, dass ein gewisser Geldbetrag für diverse juristisch nicht gerechtfertigte Ausgleichszahlungen aufgewendet werden muss und dass die Regierung ihren Anteil der Einnahmen nicht unbedingt in der eigentlich vorgesehenen Weise ausgibt. In einem Land, dessen Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt lediglich 685 Euro beträgt, kann man sich leicht vorstellen, warum viele der hier lebenden Menschen gern ein Stück vom Kuchen abbekämen. Schmiergeldzahlungen und Korruption gehören vielleicht einfach zum Tagesgeschäft – auch wenn es dabei um den Schutz von Wildtieren geht.
Etwa 60 Kilometer von Anjirob entfernt liegt das Dorf Zighar, in dem der 70-jährige Davlatkhon Mulloyorov lebt. Gemeinsam mit zweien seiner vier Söhne, Ayub und Khodudod, beaufsichtigt er das größte Schraubenziegen-Jagdgebiet des Landes, das mit seiner Fläche von etwa 150 Quadratkilometern um zwei Drittel größer als Manhattan ist. 2016 erhielt das unter dem Namen M-Sayod bekannte Areal drei der insgesamt neun Markhor-Jagdlizenzen des Landes, die allesamt von ausländischen Trophäenjäger erworben wurden. Die Genehmigungen von M-Sayod gingen an zwei Amerikaner und einen Deutschen; insgesamt wurden die neun tadschikischen Jagdlizenzen an sieben Amerikaner, einen Deutschen und einen Russen vergeben.
Wie schon Abdulkhaev ist auch Mulloyorov sehr stolz auf die von ihm finanzierten Gemeindeprojekte, die ebenfalls Bereiche wie sauberes Wasser, Gesundheit und Bildung betreffen. Er veranlasste den Bau von Wasserleitungen, die alle drei Dörfer innerhalb des Jagdgebiets versorgen, vergab Stipendien an Dorfbewohner, um ihnen den Besuch einer Universität in Chorugh oder Duschanbe zu ermöglichen, und hofft nun, dass durch seine finanzielle Unterstützung bald besonders begabte Studierende an ausländischen Universitäten gehen können. Als ein Einheimischer von einem Bären angegriffen und stark verletzt wurde, kam Mulloyorov mit Hilfe der Jagdeinnahmen für die medizinische Behandlung des Mannes auf. Finanzmittel aus dem Markhor-Schutzprogramm trugen auch zur Finanzierung einiger Panthera-Projekte bei, etwa dem Monitoring von Beutetieren und den Untersuchungen an Schneeleoparden mit Hilfe von Kamerafallen in M-Sayod.
Im Jahr 2013 ergab die Auswertung der Kamerafallen, dass sechs Schneeleoparden ein Areal von weniger als 100 Quadratkilometern innerhalb des Schutzgebiets bewohnten; dies stellte zum damaligen Zeitpunkt die größte weltweit je gemessene Dichte dieser Großkatzen dar. Nur zwei Jahre später konnten Rosen und ihr Team im selben Gebiet bereits zehn Schneeleoparden nachweisen.
Ungeachtet ihres Nutzens mögen viele diese Naturschutzstrategie dennoch als widerwärtig oder weitaus schlimmer empfinden. Und wenn in einem derartig armen Land so viel Geld den Besitzer wechselt, gibt auch das damit verbundene Korruptionspotenzial berechtigten Anlass zur Sorge. Doch angesichts der positiven Resultate lässt sich in dieser Hinsicht nur schwer argumentieren, denn mehr als zehn Jahre intensiver Bemühungen haben die Bestände der Buchara-Schraubenziege im Süden Tadschikistans geradezu prächtig gedeihen lassen.
Trotzdem bleibt die Frage, warum man nicht einfach einen Nationalpark einrichtet, um die einzigartige Tierwelt Tadschikistans zu bewahren. Weil, so das Hauptargument, der formale rechtliche Schutz einer Landschaft nur dann funktioniert, wenn genügend Ressourcen für die Überwachung und Erhaltung der dort lebenden Wildtierbestände zur Verfügung stehen – für eine arme Nation wie Tadschikistan eine äußerst schwer zu erfüllende Bedingung. Und wenn die Regierung einfach per Dekret Naturschutzparks ausweist, ohne zuvor die Zustimmung lokaler Gemeinden einzuholen, sind derartige Maßnahmen meist nicht sonderlich effektiv. Auf diese Weise verordnete Jagdverbote können sogar dazu führen, dass die in ihrer Entscheidungsbefugnis beschnittene ortsansässige Bevölkerung nur umso stärker wildert. In dem Maß, wie die Menschen spüren, dass ihnen immer weniger Möglichkeiten bleiben, für die Ernährung und das Wohl ihrer Familien zu sorgen, verstärken sich zwangsläufig auch die Konflikte mit der Regierung. Denn lokale Gemeinden neigen im Allgemeinen dazu, eine noch stärkere Kontrolle über jene Gebiete und deren natürliche Ressourcen auszuüben, auf die sie einen berechtigten Anspruch zu haben glauben.
Profitiert dagegen die ortsansässige Bevölkerung wirtschaftlich von einer nachhaltigen Nutzung des Wildtierbestands, werden diese Menschen zwangsläufig zu Verwaltern jener natürlichen Ressourcen. "Der entscheidende Punkt ist, dass diese dörflichen Gemeinschaften mit dem Artenschutz auch eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen verknüpfen", verdeutlicht Rosen. Allerdings reiche es nicht, die Jagdeinnahmen lediglich für den Bau eines Krankenhauses oder einer Schule zu verwenden oder Stipendien für besonders begabte Studierende einzurichten, fügt die Naturschützerin hinzu. Die Menschen müssten den direkten Zusammenhang zwischen dem Schutz wild lebender Tiere und ihrem eigenen Vorteil erkennen.
Indem er Jägern den Abschuss dreier Schraubenziegen im Jahr 2016 gestattete, sei er in der Lage gewesen, die nahezu 550 restlichen, in seinem Jagdgebiet lebenden Exemplare einschließlich der zehn Schneeleoparden zu schützen. Gleichzeitig konnte er den in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft lebenden Menschen das tägliche Leben erleichtern, erklärt Mulloyorov diese Art des Teufelspakts mit der modernen Trophäenjagd. "Wenn es vor 30 Jahren eine solche Möglichkeit für die Jagd auf Persische Leoparden und Kaspische Tiger gegeben hätte, dann würden diese Tiere heute noch hier leben", fügt der Jagdaufseher hinzu. Dieses logische Prinzip findet inzwischen nicht mehr nur beim Markhor praktische Anwendung. Im Jahr 2016 bot Tadschikistan sowohl für 85 Exemplare seiner potenziell gefährdeten Marco-Polo-Schafe, die sich durch besonders lange Hörner auszeichnen, als auch für den Sibirischen Steinbock Jagdlizenzen an.
Koexistenz von Mensch und Raubtier
Laut Mulloyorov töteten Dorfbewohner in den 1990er Jahren häufig Schneeleoparden als Vergeltungsmaßnahme für gerissene Nutztiere. Doch hier in Tadschikistan entwickelt sich gerade ein deutlich fortschrittlicherer Ansatz in Bezug auf die Nutztierhaltung, der selbst in den USA eher selten zu finden ist. Heute sehen es die Viehhirten als eine Art persönliche Verpflichtung an, ihre Tiere gewissenhaft zu beaufsichtigen. Sollte sich dennoch ein Schneeleopard oder Wolf eines der leicht erreichbaren Beutetiere schnappen, läge die Schuld nicht beim Raubtier, sondern beim Viehhirten, erläutert der Jagdaufseher. Und anstatt den Hirten eine direkte Entschädigung für den Verlust ihrer Tiere zu zahlen, investiert Mulloyorov die Einnahmen aus der Markhorjagd in den Bau von Gehegen, die einen sicheren Schutz vor Beutegreifern bieten. Auf diese Weise haben die Einkünfte aus der Trophäenjagd zu einer friedlicheren, wenngleich noch immer etwas unbehaglichen Koexistenz zwischen Menschen und Raubtieren beigetragen.
In Saidi Tagnob hatte Campbells Gruppe im Dezember 2016 schließlich den Fluss hinter sich gelassen und mit dem steilen Aufstieg in die Berge begonnen. Die dichte Schneedecke und die klirrende Kälte erschwerten zwar das Vorwärtskommen, doch bei Einbruch der Dunkelheit hatten die Männer eine einfache Ziegelhütte mit einer in der Nähe gelegenen Außentoilette erreicht, die von den Betreibern des Schutzgebiets eigens für die Besuche von Jagdgesellschaften errichtet worden war. Die Ranger entzündeten ein Feuer im Holzofen, auf dem sie auch das Essen zubereiteten, und die Gruppe verbrachte eine verhältnismäßig angenehme Nacht.
Am zweiten Abend erreichten die Männer eine kleine, mit Gras bewachsene Wohnhöhle – eine Art Blockhütte, die man in eine Vertiefung im Erdboden gebaut hatte und die ebenfalls mit einem kleinen Holzofen ausgestattet war. Das sollte ihr Basislager für den Rest der Expedition werden. "Du gehst jeden Tag raus, hoch hinauf in die Berge, und hältst mit Ferngläsern und Spektiven nach den Tieren Ausschau", erzählt Campbell. "Wir haben etwa 150 Schraubenziegen gesehen, darunter auch Weibchen und sehr junge Tiere. Bei der Trophäenjagd ist man immer auf der Suche nach einem sehr alten, männlichen Exemplar."
Bereits zwei Tage später hatte Campbell gefunden, was er suchte. Nachdem er sich für ein passendes Tier entschieden hatte, feuerte er einen Schuss ab, verfehlte jedoch sein Ziel. Wenig später hatte er ein weiteres, viel versprechendes Exemplar ausfindig gemacht: ein älteres, einsam weidendes Männchen, das offenbar aus seiner Herde ausgeschlossen worden war und somit nicht mehr zur Fortpflanzungsgemeinschaft gehörte. Campbell schoss ein zweites Mal, aus etwa 313 Metern Entfernung. "Es war ein wunderschönes Tier vor einer herrlichen Kulisse", beschreibt der Jäger den etwa neun Jahre alten Markhorbock. "Das war wirklich die aufregendste Jagd meines Lebens."
Ein südafrikanischer Jäger, der sich Isaac nennt, da er seinen wirklichen Namen nicht preisgeben möchte, hat vor zwei Jahren im M-Sayod-Schutzgebiet eine Schraubenziege erlegt und berichtet in ähnlicher Weise von seinen Erlebnissen. "Alles dreht sich ums Wandern, Klettern und Ausspähen", so Isaac. Nachdem man ein Zielobjekt ausgewählt hat, beginnt der langwierige Prozess, "dieses Tier zu verfolgen und zu versuchen, sich auf eine angemessene Schussentfernung anzupirschen. Es ist gar nicht so leicht, sich den Schraubenziegen unbemerkt zu nähern – sie sind die Könige der Berge", berichtet der Südafrikaner.
Trauer und Freude
Isaac ist allerdings etwas nachdenklicher als Campbell. "Du empfindest Traurigkeit und Freude zugleich", erklärt er. "Du freust dich über deine Errungenschaft, aber es liegt auch eine gewisse Traurigkeit darin. Wenn du ein Tier anschaust, das du gerade getötet hast, ist das ein sehr bewegender Moment."
Nach Campbells erfolgreichem Schuss begleitete ein Ranger ihn zurück ins Camp. Dort konnte sich der Amerikaner ausruhen. Die übrigen neun Männer begaben sich auf die Suche nach dem Tierkadaver, der einen tückischen Abhang hinuntergestürzt war. Als er später seinen Jagdgewinn gründlicher in Augenschein nehmen konnte, entdeckte Campbell Schrotmunition in einem der Hinterläufe des Tiers – ein Beweis dafür, dass Einheimische bereits vor einigen Jahren erfolglos versucht hatten, es zum Zweck der Nahrungsbeschaffung zu töten. Die deformierten Hufe der Schraubenziege lieferten zudem einen Hinweis auf eine zurückliegende Erkrankung an Maul- und Klauenseuche, die aller Wahrscheinlichkeit nach durch in der Nähe weidende Haustiere übertragen wurde. "In Entwicklungsländern stehen die Naturschützer häufig vor dieser Art Problem", erklärt Campbell.
Während sie sich in der Ziegelhütte aufwärmten, ließen sich der Jäger aus Alaska und seine zehn tadschikischen Kollegen köstlich zubereitete Markhor-Kebabs schmecken. Der Rest des Fleisches wurde an die Menschen der nahe gelegenen Gemeinde verteilt – zunächst an die Ranger mit Jagdkonzession und deren Familien, dann an die übrige Dorfbevölkerung. Zusätzlich zu der beachtlichen Summe, die Campbell für sein Abenteuer bezahlte, gab er jedem seiner Jagdführer ein Trinkgeld von rund 170 Euro, was deutlich über dem durchschnittlichen Monatslohn der tadschikischen Bevölkerung liegt.
Ob gut oder schlecht, sei dahingestellt – in vielen Fällen geht es beim Naturschutz letzten Endes ebenfalls nur um bares Geld. Aus diesem Grund wird häufig argumentiert, die Jagd mit Kameras und das Schießen von Fotos seien als Alternativen doch dem Abfeuern von Gewehrkugeln vorzuziehen. Denn auch Fototouristen geben während ihres Urlaubs beträchtliche Geldsummen aus – und ein Geschenk bereichert ja bekanntlich den Schenker und den Beschenkten.
Allerdings befindet sich der im Süden Tadschikistans gelegene Hauptlebensraum der Buchara-Schraubenziege nur einen Steinwurf von der Landesgrenze zu Afghanistan entfernt, in einer Gegend also, in der trotz atemberaubender Landschaften und warmherziger, gastfreundlicher Menschen kaum jemand unbedingt seinen Urlaub verbringen möchten. Das Gelände ist schwierig, das Wetter extrem und die Luft dünn. Eine touristische Infrastruktur, wie wir sie kennen, ist praktisch nicht vorhanden; es gibt keine schicken Hotels oder Lodges, ganz zu schweigen von Sanitärinstallationen. In manchen Gebieten gibt es nicht einmal Strom. Auf der Suche nach einem Restaurant muss man eine mehrstündige Autofahrt in Kauf nehmen und im Winter das Risiko eingehen, von einer Lawine erfasst zu werden. Angesichts dieser harten Lebensbedingungen sind vermögende Jäger vermutlich das Beste, was man sich für den Fortbestand der gefährdeten Wildtiere dort erhoffen kann.
Der Fall des Löwen Cecil
Ich sprach Campbell auch auf den Sturm der Entrüstung an, den der amerikanische Zahnarzt Walter Palmer ausgelöst hatte, als er im Juli 2015 einen afrikanischen Löwen mit Spitznamen Cecil knapp außerhalb des Hwange-Nationalparks in Simbabwe erschoss. In den Wochen nach jener Löwenjagd unter fragwürdigen Umständen, die international Schlagzeilen auslöste, wurde Palmer bedroht; er selbst, seine wirtschaftliche Existenz und sogar seine Familie. "Mir tut er leid", gestand Campbell. "Meiner Ansicht nach ist diesen Menschen, die ihn [online] lynchten, gar nicht klar, wie viel er eigentlich für den Naturschutz getan hat."
Campbell kennt Palmer aus gesellschaftlichen Kreisen. "Es würde mich nicht überraschen, wenn Walt pro Jahr zwischen 200 000 und 400 000 Euro für die Jagd ausgibt. Und jene Menschen, die gerade Rufmord an ihm betreiben, spenden vielleicht 25 Dollar für den Sierra Club. Da steht doch wohl außer Frage, wer mehr für den Artenschutz tut."
Für die ländlichen Gemeinden Tadschikistans geht es aber nicht ausschließlich um Geld. Vielmehr wird die moderne Trophäenjagd dort als Mittel angesehen, um zu einer nachhaltigeren Beziehung zwischen Menschen und Wildtieren, wie es sie in früheren Zeiten gab, zurückzukehren. "Früher ernährte die Jagd ein ganzes Dorf", weiß Munavvar Alidodov, Feldbiologe bei Panthera und Mitarbeiter des Steinbock-Jagdschutzgebiets Yoquti Darshay in Tadschikistan. "Es gab strenge Regeln: keine trächtigen Weibchen schießen, keine Jagd während der Brunftzeit und ausschließlich auf ältere Männchen zielen." Mit der Einführung moderner Waffen sei es jedoch plötzlich jedem – nicht mehr nur einem geschickten Jäger – möglich geworden, ein großes Wildtier problemlos zu töten, ergänzt er, und die traditionellen, kulturellen Richtlinien der Jagd seien somit schnell in Vergessenheit geraten. "Die heutigen Organisationen auf der Basis lokaler Gemeinschaften versuchen gerade, diese traditionelle Jagdethik wiederzubeleben", weiß der Feldbiologe. Zu diesem Zweck bedienen sie sich lediglich eines etwas moderneren Hilfsmittels – nämlich reicher Ausländer.
Campbell ist schon eifrig damit beschäftigt, seine nächste von lokalen Gemeinschaften organisierte Trophäenjagd in Tadschikistan zu planen. Er liebäugelt mit dem Marco-Polo-Schaf, das er auf dem noch schwierigeren, weitaus höher und entfernter gelegenen Pamir-Plateau jagen möchte. "Tief in meinem Inneren habe ich ein gutes Gefühl, denn ich glaube, dass ich einen wirklich effektiven Naturschutz fördere." Um auch diese Trophäe seiner Sammlung hinzufügen zu können, wird der Jäger etwa 34 000 Euro ausgeben.
Der Artikel erschien ursprünglich unter dem Titel "Shoot to save" auf "bioGraphic", einem digitalen Magazin, das von der "California Academy of Sciences" publiziert wird.
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