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Planetenforschung: Jahrzehntealtes Rätsel um Jupiters Winde gelöst

Seit rund 50 Jahren debattieren Fachleute darüber, wie die Atmosphäre des Jupiters beschaffen ist. Daten der Juno-Mission konnten nun entscheidend zur Klärung beitragen.
Die Atmosphäre von Jupiter ist stürmisch
Dieses Bild von Jupiter hat die NASA-Sonde Juno während des 55. nahen Vorbeiflugs aufgenommen.

Die heftigen Winde in der Atmosphäre des Jupiters faszinieren Astronomen und Planetenforscherinnen schon lange. Aufnahmen diverser Teleskope und Raumsonden zeigen zahlreiche Wolkenverwirbelungen und starke Ost-West-Jetströme, die sich in charakteristischen roten und weißen Streifen über den Planeten ziehen. Nun will ein internationales Team um Erstautor Yohai Kaspi vom israelischen Weizmann Institute of Science einen jahrezehntealten Streit beigelegt haben. Mit Hilfe von Daten der Juno-Mission modellierten die Wissenschaftler, dass die atmosphärischen Winde wie ineinandergestellte Hohlzylinder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten um die Drehachse des Planeten rotieren. In früheren Annahmen ging man davon aus, dass sie sich radial in alle Richtungen erstrecken. Ihre Ergebnisse präsentieren sie im Fachmagazin »Nature Astronomy«.

Die NASA-Raumsonde Juno beobachtet das heftige Treiben in der Jupiteratmosphäre seit 2016 aus nächster Nähe. Insgesamt 55 Mal hat der Satellit Jupiter bereits umrundet und mit den zahlreichen wissenschaftlichen Instrumenten an Bord die Atmosphäre und die Wolken bis zu 3000 Kilometer tief durchleuchtet. Daneben verfolgen Astronomen das Radiosignal der Raumsonde mit Hilfe des Deep Space Network der NASA, einem weltumspannenden Netzwerk aus Antennen, während Juno mit fast 209 000 Kilometern pro Stunde an Jupiter vorbeifliegt. Das entspricht dem fast 100-fachen Tempo eines Düsenjets. Sie ermitteln damit winzige Änderungen der Geschwindigkeit – mit einer Genauigkeit von bis zu 0,01 Millimeter pro Sekunde. Diese Variationen werden durch Schwankungen im Schwerefeld des Planeten verursacht und lassen sich nutzen, um mehr über die Atmosphäre herauszufinden.

»Wir haben die Juno-Daten mit einem Verfahren verarbeitet, das ursprünglich für Datensätze von Gesteinsplaneten wie der Erde entwickelt wurde«, erklärt Ryan Park, Wissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory in Pasadena und Mitautor, einer Pressemitteilung zufolge. Dies sei das erste Mal, dass eine solche Technik auf einen Gasplaneten angewandt wurde. Die Autoren konnten damit die Auflösung gegenüber früheren Modellen, die mit Daten der beiden NASA-Sonden Voyager und Galileo erstellt wurden, um das Vierfache erhöhen.

Die neuen Messdaten des Schwerefelds stimmten zwar in den Grundzügen mit einer 20 Jahre alten theoretischen Vorhersage überein, laut der sich die starken Ost-West-Strömungen von den weißen und roten Wolkenzonen nach innen erstrecken. Sie unterstützen zugleich die Idee, dass die atmosphärischen Winde wie die Schichten eines Baumkuchens zylindrisch entlang der Rotationsachse des Jupiters ausgerichtet sind. Das bedeute, da ist sich das Forschungsteam sicher, dass die Auswertung der neuen Messdaten eine Debatte über die Beschaffenheit der Jupiteratmosphäre beendet hat – eine Debatte, die bereits in den 1970er Jahren begann.

»Alle 40 von Juno gemessenen Schwerkraftkoeffizienten stimmen mit den Vorhersagen des Modells überein, die sich ergeben, wenn die Winde zylinderförmig nach innen dringen«, sagt Yohai Kaspi. »Als wir feststellten, dass alle 40 Werte genau unseren Berechnungen entsprechen, war das wie ein Lottogewinn.« Das neue Schwerkraftmodell verbessere nicht nur das derzeitige Verständnis der inneren Struktur und des Ursprungs des Jupiters, sondern könne auch genutzt werden, um mehr Erkenntnisse über andere Planetenatmosphären zu gewinnen, so die Forscher.

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