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Nagetier-Nanotechnik: »Jedi-Ratten« riechen womöglich mit Ultraschall

Seit 60 Jahren rätseln Fachleute, warum Nagetiere Ultraschall ausstoßen. Fachleute vermuten nun, dass sie damit Nanoteilchen manipulieren - um Pheromone besser riechen zu können.
Eine kleine braune Ratte guckt aus einem Pappkarton
»Entschuldigung, haben Sie vielleicht mein Lichtschwert gesehen?«

Seit mehr als 60 Jahren rätseln Fachleute über Ultraschalllaute, die Nagetiere produzieren – zusätzlich zu ihrem normalen Quieken. Bisher galt als wahrscheinlich, dass die besonderen Geräusche eine soziale Funktion haben, zum Beispiel für die Paarung. Doch nun schlagen Eduardo Mercado III von der State University of New York und Jessica Zhuo von der Harvard University eine ganz andere, exotische Erklärung vor. Wie sie in der Fachzeitschrift »Neuroscience & Biobehavioral Reviews« spekulieren, manipulieren Nagetiere mit den Lauten womöglich kleine Partikel, um ihren Geruchssinn zu verbessern. Demnach lassen die Schallwellen Nanopartikel verklumpen, so dass sie sich weiter vorne in der Nase ablagern. Dort befindet sich das vomeronasale Organ, das Pheromone wahrnimmt. Allerdings haben Mercado und Zhuo für ihre Vermutung bisher keine Belege.

Bisher ist bekannt, dass Nagetiere die Ultraschalllaute bevorzugt ausstoßen, wenn sie sich in der Nähe von Artgenossen befinden. Außerdem treten die für Menschen unhörbaren Töne meist an einem bestimmten Punkt während des Schnüffelns auf. Die beiden Fachleute vermuten deswegen, dass der Ultraschall ein Teil des Riechprozesses ist, der besonders die Wahrnehmung von Pheromonen begünstigt. Wie sie anmerken, lässt Ultraschall feine Teilchen verklumpen und wird zu diesem Zweck auch technisch eingesetzt. Demnach würden die Ratten beim Riechprozess Materie auf Entfernung manipulieren, um ihre Wahrnehmung zu verbessern. »Das ist so weit entfernt von allem, was wir kennen; es ist, als würden wir ›Jedi-Ratten‹ beobachten«, sagt Mercado laut einer Pressemitteilung der State University of New York.

Mercado und Zhuo ziehen Parallelen zu einem als »flehmen« bezeichneten Schnüffelverhalten bei Säugetieren, bei dem Tiere Luft mit der Zunge in die Nase pumpen, um Pheromone besser zu riechen. Nagetiere stießen besonders dann Ultraschall aus, wenn andere Tiere flehmten, schreiben die Forscher. Das lege eine ähnliche Funktion nahe. Als Mechanismus schlagen sie vor, dass durch den Ultraschall bestimmte Nanopartikel verklumpen. Die größeren Partikel lagern sich weiter vorn in der Nase ab, wo sich das vomeronasale Organ befindet. Allerdings ist noch völlig unklar, warum das einen Vorteil bringt – denn gasförmige Signalstoffe werden nicht beeinflusst. Womöglich reichern sich wenig flüchtige Stoffe in den Klumpen an. Allerdings merken Mercado und Zhuo selbst an, dass über Verhalten und Auswirkung von Nanopartikeln beim Riechprozess der Nager bislang praktisch nichts bekannt ist. Bisher sind die Jedi-Ratten eine reine Hypothese.

  • Quellen
Mercado III, E., Zhuo, J.: Do rodents smell with sound? Neuroscience & Biobehavioral Reviews 167, 2024

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