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Kartografie: Jenseits des Meeres

Wenn man mit dem Boot vom Ufer weg immer geradeaus führe, wo käme man wohl wieder an Land? Die Antwort ist oft überraschend, weil die Erde eine Kugel ist.
Meer

Man steht am Ufer, schaut über das Wasser – und fragt sich, was wohl auf der anderen Seite des Ozeans liegt. Die Antwort auf diese Frage ist oft gar nicht so einfach, wie die Weltkarten des Kartografen Andy Woodruff zeigen. Die Kompassrichtung hilft hier nur bedingt weiter – denn die Erde ist rund, und die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist ein Großkreis. Deswegen gelangt man von Kap Hoorn, wenn man genau nach Westen startet und dann immer geradeaus fliegt, an die Südspitze Afrikas – obwohl die etwa 21 Breitengrade oder fast 2500 Kilometer weiter nördlich liegt.

Die ganze Welt im Blick

Deswegen kann man auch keineswegs davon ausgehen, dass das nächste Land in südwestlicher Richtung von Tasmanien an der Südspitze Australiens die Antarktis ist. Tatsächlich landet man dort nach den Karten von Woodruff meist auf dem afrikanischen Kontinent. Zu diesen teils unwahrscheinlich klingenden Ergebnissen kam Woodruff, indem er auf der Basis von geografischen Referenzdaten aller Kontinente außer der Antarktis die Richtung genau senkrecht zur Küste bestimmte und damit einen Großkreis auf der Erdoberfläche konstruierte. Auf diese Weise sieht man zum Beispiel, dass man von Spanien aus tatsächlich Sichtlinien auf alle Kontinente außer der Antarktis hat.

Sichtlinien auf Nordamerika | Es gibt nur wenige Meeresküsten, von denen man Nordamerika nicht in gerader Linie erreicht.

Die deutsche Bucht im hintersten Winkel der Nordsee ist in dieser Hinsicht allerdings kein gutes Pflaster. Der einzige andere Kontinent, auf den man von hiesigen Stränden blicken kann, ist nach Woodruffs Analysen Nordamerika. Vom Rest Europas aus ergeben sich jedoch erstaunliche Perspektiven: Von Lissabon aus würde der Blick an den richtigen Stellen bis nach Australien reichen. Und wenn man an einem Strandabschnitt nordwestlich von Norwich direkt nach Norden schaut, hat man eine Meeresstrecke vor sich, die erst nach über 22 000 Kilometern endet – an der Küste der Westantarktis.

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