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Meteorologie: Jetstream-Beule lässt Europa frösteln

Kältewelle

Mehrere hundert Menschen starben bereits in der härtesten und großräumigsten Kältewelle, die Europa seit mehr als 20 Jahren erfasst hat. Selbst in Algier und Tripolis fielen Flocken vom Himmel, und wenn viele in Deutschland über die Kälte stöhnen, so kam die Bundesrepublik verglichen mit Südosteuropa oder Nordwestrussland noch relativ glimpflich davon, wie die Karte zeigt.

Temperaturanomalien in Europa | Anfang Februar 2012 war es in großen Teilen Europas deutlich kälter als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre (blaue Töne). Besonders betroffen waren die Gebiete rund um das Schwarze Meer und Nordwestrussland.

Verglichen mit dem Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2011 war es in weiten Teilen Europas deutlich zu kalt (blaue Farbtöne), nur in wenigen Gebieten lagen die Temperaturen dagehen über dem zehnjährigen Durchschnitt (orange und rote Töne). Verursacht wurde dieser Kaltlufteinbruch aus arktischen Gefilden durch eine Ausbeulung des so genannten Jetstreams: einer atmosphärischen Höhenströmung, die in der Regel relativ geradlinig von West nach Ost verläuft und dabei kalte Luftmassen im Norden von wärmeren im Süden abtrennt. In diesem Winter aber neigt der Jetstream zum Mäandrieren, wobei die Schleifen laut dem Meteorologen Jeff Masters extrem weit nach Süden und Norden ausgreifen.

Während der letzten zwei Wochen lag eine südwärts gerichtete Delle genau über Mittel- und Osteuropa und sorgte so dafür, dass extrem kalte Luft ungehindert in die Region einfließen konnte. Umgekehrt lagen die Temperaturen auf Grönland und im Osten Sibiriens mit bis zu 14 Grad Celsius deutlich über den jahreszeitlich typischen Temperaturen: Die Gebiete profitierten von polwärts greifenden wärmeren Luftmassen aus gemäßigten und subtropischen Breiten. In der Regel bleiben derartige Beulen im Jetstream sehr stabil, weswegen Mitteleuropa auch am Wochenende noch von frostigen Temperaturen betroffen sein wird. Erst zu Beginn der nächsten Woche deutet sich Milderung an, wenn sich die Beule nach Osten verlagert und feuchtere und relativ wärmere Luftmassen aus Nordwesten auf Mitteleuropa übergreifen.

Diese Wettermuster hängen offensichtlich eng mit der so genannten Arktischen Oszillation (AO) zusammen, die den Luftdruckgegensatz zwischen mittleren Breiten und der Polarregion beschreibt. In ihrer positiven Phase blasen im Winter starke Westwinde warme Luft in die Arktis und nach Europa, in der negativen Phase breitet sich Kaltluft bis tief nach Europa aus. Die AO kann rasch von einem Zustand in den anderen wechseln – warum das so ist, vermögen Klimaforscher noch nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Zu Beginn des Winters herrschte beispielsweise das genaue Gegenteil der momentanen Situation vor.

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