El Niño: Jetstream-Kapriole wärmte Westantarktis
Messdaten während des starken El-Niño-Ereignisses von 2015 und 2016 deuten darauf hin, dass das westantarktische Inlandeis in Zukunft häufiger schmilzt. Wie eine Arbeitsgruppe um Julien P. Nicolas von der Ohio State University in "Nature Communications" berichtet, reichte im Januar 2016 eine Warmluftzone bis tief ins Innere der Landmasse und ließ im Bereich um das Ross-Eisschelf zahlreiche Schmelzwassertümpel auf der Eisfläche erscheinen. Beobachtungen und Simulationen stimmen darin überein, dass eine solche Wetterlage oft mit El-Niño-Bedingungen im Pazifik zusammenhängt. Bemerkenswert ist allerdings, dass die warme Luft eigentlich gar nicht so weit hätte kommen dürfen: Ein anderes zyklisches Wettermuster, die Antarktische Oszillation, sorgte im Januar 2016 rund um den Pol für stärkere Westwinde als normal – und die halten üblicherweise die warme Luft aus dem Norden fern.
Mehrere Messstationen sammeln seit 2015 im Rahmen des West Antarctic Radiation Experiment Daten über Energiehaushalt, Wolken und Atmosphärenphysik der Westantarktis. Das erwies sich als Glücksfall, denn just in jenem Jahr fand eines der stärksten El-Niño-Ereignisse seit Beginn der Aufzeichnungen statt, und man vermutet seit Jahren einen Zusammenhang von El Niño und verbreiteter Eisschmelze in der Westantarktis. Im Januar 2016 bildete sich eine ausladende, stationäre Schleife in der Westwinddrift, die warme Luft bis weit nach Süden leitete – analog zu den Schlaufen des Jetstreams an der nördlichen Polarfront, dessen Wellenbewegungen man in den letzten Jahren mit Extremwetter in Verbindung brachte.
Das südliche Pendant gilt als ruhiger und vor allem als Garant der antarktischen Kälte: je stärker die Westwinde, desto geringer der Energieaustausch mit wärmeren Regionen. Der Befund vom Januar 2016 deutet darauf hin, dass die Rolle des südlichen Polarfront-Jetstreams ebenfalls komplizierter ist. Das zeigen auch zwei jüngere Studien über die Bedeutung dieser oberflächlichen Eisschmelze: Eine davon sieht die Warmlufteinbrüche als Vorboten des drohenden Zusammenbruchs des westantarktischen Eises – die andere misst dem Phänomen nur geringe Bedeutung bei.
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