Evolution: Junge Lebensgemeinschaft von Schwamm und Süßwassergarnele
Genetische Analysen zeigen, dass die Süßwassergarnele Caridina spongicola ihren Unterschlupf in Süßwasserschwämmen des Towuti-Sees auf Sulawesi erst vor mehreren tausend Jahren bezogen hat – also evolutionsgeschichtlich gesehen relativ kürzlich [1]. Kristina von Rintelen vom Berliner Museum für Naturkunde und ihre Kollegen vermuten, dass der nur zwei bis drei Millimeter kleine Krebs in den Hohlräumen Schutz sucht und sich von darin sammelnden Kieselalgen ernährt.
Von Rintelen, die den Krebs bei ihren Forschungsarbeiten selbst entdeckt und im August 2006 als neue Art beschrieben hat [2], ermittelte die Verwandtschaftsverhältnisse der Garnele und die Aufspaltung der Abstammungslinien anhand der mitochondrialen DNA. C. spongicola ist dabei die einzige ihrer Sippe, die sich auf ein Leben in einem Schwamm spezialisiert hat, ihre engsten Verwandten leben auf Steinen und Felsen.
Vermutlich haben klimatische Veränderungen den Lebensraumwechsel bewirkt, spekulieren die Forscher: Bei einem extrem niedrigen Wasserspiegel konnten sie beobachten, dass sich noch eine weitere Art kurzzeitig in die Schwämme zurückzog. C. spongicola blieb von dem niedrigen Pegel verschont, da die bewohnten Schwämme vorwiegend in drei bis fünf Metern Tiefe vorkommen. Ein Schwamm, der Durchmesser von zwanzig Zentimetern erreicht, beherbergt dabei durchschnittlich etwa dreißig, bei dichter Besiedlung aber weit über hundert Garnelen.
Angesichts der begrenzten Verbreitung – die Tiere leben nur in einem schmalen Auslauf des Sees –, warnen die Forscher vor der Bedrohung durch den Menschen: In der Gegend sind Kanalisierungsprojekte auf Grund einer Nickelmine geplant, und die farbenprächtigen Garnelen sind bei Aquarianern beliebt. Ein entsprechendes Interesse für die Malili-Seen, zu denen auch der Towuti gehört, wurde bereits beobachtet.
Von marinen Schwamm- und Garnelenarten sind zahlreiche solche Lebensgemeinschaften bekannt, für den Süßwasserlebensraum handelt es sich jedoch um das erste beschriebene Beispiel. Im Tanganjika-See zeigt eine Verwandte von C. spongicola, Limnocaridina iridinae, eine ähnliche Verbundenheit mit der Muschel-Gattung Iridina. Auch hier handelt es sich wohl um Kommensalismus, bei dem nur ein Partner vom anderen profitiert, ohne ihn aber im Vergleich zu Schmarotzern zu schädigen oder ihm wie bei einer Symbiose zu nutzen. (af)
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.