Extraterrestrische Vulkane: Junger Vulkanismus auf der Venus entdeckt?
Infrarotmessdaten der europäischen Raumsonde Venus deuten darauf hin, dass es junge Vulkane auf der Venus gibt. Ein Forscherteam um Suzanne E. Smrekar vermutet, dass die Vulkane vor wenigen Hundert bis 2,5 Millionen Jahren ausbrachen.
Unser innerer Nachbarplanet Venus ist aus geologischer Sicht ein Zwilling der Erde. Mit rund 80 Prozent der Erdmasse und einer nahezu gleichen chemisch-mineralogischen Zusammensetzung kommt er dem Blauen Planeten sehr nahe. Krass unterscheiden sich jedoch die Atmosphären, denn Venus ist von einer sehr dichten Gashülle umgeben, die zu 97 Prozent aus Kohlendioxid besteht. Durch den daraus resultierenden Treibstoffeffekt liegt die mittlere Temperatur auf der Venus bei 460 Grad Celsius – heiß genug, um Blei zu schmelzen.
Schon seit langem fragen sich die Planetenforscher, ob die innere Übereinstimmung von Venus und Erde noch für eine weitere Paralelle sorgt: Ist die Venus noch vulkanisch aktiv? Der Planet sollte wie die Erde im Inneren noch heiß sein, wobei die Wärme einerseits aus der Entstehungsphase, andererseits aus dem Zerfall langlebiger radioaktiver Elemente wie Uran, Thorium und Kalium-40 stammt. Wegen ihrer annähernd gleichen chemischen Zusammensetzung sollte Venus daher eine vergleichbar intensive Wärmeproduktion wie die Erde aufweisen.
Seit der praktisch vollständigen Radarkartierung der Venus-Oberfläche durch die US-Raumsonde Magellan Anfang der 1990er Jahre wissen wir, dass es auf unserem inneren Nachbarplaneten zehntausende von Vulkanen gibt. Ihre Größen reichen von kleinen Vulkankegeln mit wenigen Kilometern Durchmesser bis hin zu riesigen Schildvulkanen, die sich über mehrere hundert Kilometer erstrecken.
Nun meint eine Forschergruppe um Suzanne E. Smrekar am Jet Propulsion Laboratory der NASA in den Temperaturmessdaten des "Visible and Infrared Thermal Imaging Spectrometer" (VIRTIS) an Bord der europäischen Raumsonde Venus Express Hinweise gefunden zu haben, dass vor 2,5 Millionen bis 250 000 Jahren Vulkane aktiv waren. Manche Teammitglieder, dem auch Wissenschaftler vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin-Adlershof angehören, vermuten sogar, dass die jüngsten Lavaströme erst vor wenigen hundert Jahren über die Venusoberfläche krochen.
Das Infrarotspektrometer VIRTIS konnte bislang einen Teil der Südhalbkugel der Venus im Infraroten erfassen und dabei in manchen spektralen Fenstern die permanente Wolkendecke des Planeten durchdringen, die im sichtbaren Licht jeglichen Blick auf die feste Oberfläche verwehrt. Besonders gut gelang dies bei der Wellenlänge von 1,02 Mikrometern, allerdings lässt sich die Sicht auf die Venusoberfläche mit dem Blick durch eine Milchglasscheibe vergleichen, durch die sich nur sehr grobe Umrisse erahnen lassen. Die räumliche Auflösung der VIRTIS-Daten beträgt nur etwa 100 Kilometer.
Auf der Gesamtkarte der Venusoberfläche aus den Radardaten der Raumsonde Magellan waren Planetenforschern schon vor einiger Zeit neun Regionen aufgefallen, die auf so genannte Mantel-Plumes hindeuten. Unterhalb dieser Regionen steigen im Venusmantel heiße Gesteinspartien bis nahe an die Oberfläche und heben dabei die darüberliegende Kruste leicht an. Es entstehen runde Gebiete, die sich zwischen 500 und 1600 Meter über die Umgebung erheben und Durchmesser zwischen 1400 bis 2700 Kilometer aufweisen. Untersuchungen des Schwerefelds der Venus ebenfalls mit der Raumsonde Magellan belegen, dass hier Massenbewegungen im Untergrund stattfinden.
Derartige angehobene Regionen mit Schwerefeldanomalien finden sich auch auf der Erde, die bekanntesten sind Hawaii und Island. Wegen der dort auftretenden stetigen intensiven Vulkantätigkeit werden diese Gebiet als "Hot Spots – Heiße Flecken" bezeichnet.
Das Forscherteam um Suzanne E. Smrekar konnte mit VIRTIS drei der neun "Hot Spots" auf der Venus untersuchen, die anderen sechs wurden bislang noch nicht erfasst. Sie tragen die Namen Imdr, Themis und Dione und liegen auf der Südhalbkugel des Planeten. Die VIRTIS-Karten zeigen, dass nahe der Zentren der drei Regionen die Oberfläche der Venus eine bis zu zwölf Prozent höhere Emissivität aufweist als ihre Umgebung. Allerdings ist dies kein Hinweis darauf, dass sich hier noch nicht erkaltete Laven befinden.
Stattdessen gehen die Forscher davon aus, dass die höhere Emissivität der Gesteine in diesen Regionen auf einen geringeren Verwitterungsgrad hinweist. Die Minerale der Oberflächengesteine reagieren relativ rasch nach dem Ausfließen aus einem Vulkan mit dem Kohlendioxid der Venusatmosphäre bei rund 460 Grad Celsius. Dabei werden unter anderem eisenhaltige Silikatminerale, Pyroxene und Pyrit teilweise in sekundäre Minerale wie Hämatit, Quarz und andere Phasen umgewandelt, die eine geringere infrarote Emissivität als die ursprünglichen Minerale besitzen.
Stößt man also auf Regionen, die eine höhere Emissivität aufweisen, so ist dies ein Indiz für ein geringes geologisches Alter. Abschätzungen sowie Hochdruck- und Hochtemperaturexperimente auf der Erde weisen darauf hin, dass die Umwandlung relativ schnell erfolgt. Offenbar würden sich die Minerale in direktem Kontakt zur Venusatmosphäre mit mehreren Mikrometern (Tausendstel Millimeter) pro Jahr umwandeln.
Allerdings ist die chemisch-mineralogische Zusammensetzung der Venus-Oberfläche nur an rund einem halben Dutzend Punkten genauer bekannt, die von den russischen Landesonden der Venera-Baureihe in den 1970er bis 1980er Jahren erkundet wurden. Die damaligen Messungen enthüllten, dass die meisten Venus-Gesteine irdischen Basalten sehr ähnlich sind. Daher möchten die Forscher weitere Experimente mit Gesteinen unter Venusbedingungen durchführen, um die Umwandlungsraten noch präziser bestimmen zu können.
Unser Wissen über die geologische Geschichte der Venus ist im Gegensatz zu denjenigen der anderen erdähnlichen Planeten noch ziemlich gering, denn hier versagt eines der wichtigsten Verfahren zur Oberflächendatierung, die Kraterstatistik. Auf der Venus sind nur etwa 1000 Einschlagkrater bekannt, die sich aber praktisch gleichförmig über den gesamten Planeten verteilen. Es gibt keine Regionen mit ausgesprochen hohen Krateranzahlen, die auf ein hohes geologisches Alter hinweisen. Offenbar existieren keine besonders alten Gebiete auf dem Planeten. Aus den vorhandenen Kratern ergibt sich ein mittleres Alter der Venusoberfläche von etwa einer halben Milliarde Jahre, etwa ein Neuntel des Gesamtalters des Planeten.
Um diesen Befund zu erklären, favorisieren die Planetenforscher zwei grundlegend verschiedene Theorien: Die eine ist die Katastrophentheorie. Sie geht davon aus, dass die gesamte Oberfläche der Venus durch einen gewalttätigen Kataklysmus vor einer halben Milliarde Jahren erneuert wurde. Durch einen Wärmestau im Inneren des Planeten sammelte sich die durch den Zerfall der langlebigen radioaktiven Elemente erzeugte Wärme im Venusmantel an, bis dieser schließlich zu einem großen Teil aufschmolz und dabei die darüberliegende Kruste vernichtete. Danach wären die Schmelzen wieder als neue Oberfläche erstarrt und der Vulkanismus kam nach dem Erstarren der neuen Kruste fast vollständig zum Erliegen.
Die zweite Theorie ist die kontinuierliche stetige Erneuerung. Hier gehen die Forscher davon aus, dass die Vulkane auf der Venus fast ständig aktiv sind und bei ihren Eruptionen relativ kleine Mengen an Lava fördern. Nach und nach würde dann die gesamte Venusoberfläche von Lava bedeckt und ältere Schichten und Oberflächenstrukturen verschwänden so allmählich von der Bildfläche. Die jetzt gefunden Hinweise würden eher die letztere Vorstellung unterstützen.
Tilmann Althaus
Schon seit langem fragen sich die Planetenforscher, ob die innere Übereinstimmung von Venus und Erde noch für eine weitere Paralelle sorgt: Ist die Venus noch vulkanisch aktiv? Der Planet sollte wie die Erde im Inneren noch heiß sein, wobei die Wärme einerseits aus der Entstehungsphase, andererseits aus dem Zerfall langlebiger radioaktiver Elemente wie Uran, Thorium und Kalium-40 stammt. Wegen ihrer annähernd gleichen chemischen Zusammensetzung sollte Venus daher eine vergleichbar intensive Wärmeproduktion wie die Erde aufweisen.
Seit der praktisch vollständigen Radarkartierung der Venus-Oberfläche durch die US-Raumsonde Magellan Anfang der 1990er Jahre wissen wir, dass es auf unserem inneren Nachbarplaneten zehntausende von Vulkanen gibt. Ihre Größen reichen von kleinen Vulkankegeln mit wenigen Kilometern Durchmesser bis hin zu riesigen Schildvulkanen, die sich über mehrere hundert Kilometer erstrecken.
Nun meint eine Forschergruppe um Suzanne E. Smrekar am Jet Propulsion Laboratory der NASA in den Temperaturmessdaten des "Visible and Infrared Thermal Imaging Spectrometer" (VIRTIS) an Bord der europäischen Raumsonde Venus Express Hinweise gefunden zu haben, dass vor 2,5 Millionen bis 250 000 Jahren Vulkane aktiv waren. Manche Teammitglieder, dem auch Wissenschaftler vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin-Adlershof angehören, vermuten sogar, dass die jüngsten Lavaströme erst vor wenigen hundert Jahren über die Venusoberfläche krochen.
Das Infrarotspektrometer VIRTIS konnte bislang einen Teil der Südhalbkugel der Venus im Infraroten erfassen und dabei in manchen spektralen Fenstern die permanente Wolkendecke des Planeten durchdringen, die im sichtbaren Licht jeglichen Blick auf die feste Oberfläche verwehrt. Besonders gut gelang dies bei der Wellenlänge von 1,02 Mikrometern, allerdings lässt sich die Sicht auf die Venusoberfläche mit dem Blick durch eine Milchglasscheibe vergleichen, durch die sich nur sehr grobe Umrisse erahnen lassen. Die räumliche Auflösung der VIRTIS-Daten beträgt nur etwa 100 Kilometer.
Auf der Gesamtkarte der Venusoberfläche aus den Radardaten der Raumsonde Magellan waren Planetenforschern schon vor einiger Zeit neun Regionen aufgefallen, die auf so genannte Mantel-Plumes hindeuten. Unterhalb dieser Regionen steigen im Venusmantel heiße Gesteinspartien bis nahe an die Oberfläche und heben dabei die darüberliegende Kruste leicht an. Es entstehen runde Gebiete, die sich zwischen 500 und 1600 Meter über die Umgebung erheben und Durchmesser zwischen 1400 bis 2700 Kilometer aufweisen. Untersuchungen des Schwerefelds der Venus ebenfalls mit der Raumsonde Magellan belegen, dass hier Massenbewegungen im Untergrund stattfinden.
Derartige angehobene Regionen mit Schwerefeldanomalien finden sich auch auf der Erde, die bekanntesten sind Hawaii und Island. Wegen der dort auftretenden stetigen intensiven Vulkantätigkeit werden diese Gebiet als "Hot Spots – Heiße Flecken" bezeichnet.
Das Forscherteam um Suzanne E. Smrekar konnte mit VIRTIS drei der neun "Hot Spots" auf der Venus untersuchen, die anderen sechs wurden bislang noch nicht erfasst. Sie tragen die Namen Imdr, Themis und Dione und liegen auf der Südhalbkugel des Planeten. Die VIRTIS-Karten zeigen, dass nahe der Zentren der drei Regionen die Oberfläche der Venus eine bis zu zwölf Prozent höhere Emissivität aufweist als ihre Umgebung. Allerdings ist dies kein Hinweis darauf, dass sich hier noch nicht erkaltete Laven befinden.
Stattdessen gehen die Forscher davon aus, dass die höhere Emissivität der Gesteine in diesen Regionen auf einen geringeren Verwitterungsgrad hinweist. Die Minerale der Oberflächengesteine reagieren relativ rasch nach dem Ausfließen aus einem Vulkan mit dem Kohlendioxid der Venusatmosphäre bei rund 460 Grad Celsius. Dabei werden unter anderem eisenhaltige Silikatminerale, Pyroxene und Pyrit teilweise in sekundäre Minerale wie Hämatit, Quarz und andere Phasen umgewandelt, die eine geringere infrarote Emissivität als die ursprünglichen Minerale besitzen.
Stößt man also auf Regionen, die eine höhere Emissivität aufweisen, so ist dies ein Indiz für ein geringes geologisches Alter. Abschätzungen sowie Hochdruck- und Hochtemperaturexperimente auf der Erde weisen darauf hin, dass die Umwandlung relativ schnell erfolgt. Offenbar würden sich die Minerale in direktem Kontakt zur Venusatmosphäre mit mehreren Mikrometern (Tausendstel Millimeter) pro Jahr umwandeln.
Allerdings ist die chemisch-mineralogische Zusammensetzung der Venus-Oberfläche nur an rund einem halben Dutzend Punkten genauer bekannt, die von den russischen Landesonden der Venera-Baureihe in den 1970er bis 1980er Jahren erkundet wurden. Die damaligen Messungen enthüllten, dass die meisten Venus-Gesteine irdischen Basalten sehr ähnlich sind. Daher möchten die Forscher weitere Experimente mit Gesteinen unter Venusbedingungen durchführen, um die Umwandlungsraten noch präziser bestimmen zu können.
Unser Wissen über die geologische Geschichte der Venus ist im Gegensatz zu denjenigen der anderen erdähnlichen Planeten noch ziemlich gering, denn hier versagt eines der wichtigsten Verfahren zur Oberflächendatierung, die Kraterstatistik. Auf der Venus sind nur etwa 1000 Einschlagkrater bekannt, die sich aber praktisch gleichförmig über den gesamten Planeten verteilen. Es gibt keine Regionen mit ausgesprochen hohen Krateranzahlen, die auf ein hohes geologisches Alter hinweisen. Offenbar existieren keine besonders alten Gebiete auf dem Planeten. Aus den vorhandenen Kratern ergibt sich ein mittleres Alter der Venusoberfläche von etwa einer halben Milliarde Jahre, etwa ein Neuntel des Gesamtalters des Planeten.
Um diesen Befund zu erklären, favorisieren die Planetenforscher zwei grundlegend verschiedene Theorien: Die eine ist die Katastrophentheorie. Sie geht davon aus, dass die gesamte Oberfläche der Venus durch einen gewalttätigen Kataklysmus vor einer halben Milliarde Jahren erneuert wurde. Durch einen Wärmestau im Inneren des Planeten sammelte sich die durch den Zerfall der langlebigen radioaktiven Elemente erzeugte Wärme im Venusmantel an, bis dieser schließlich zu einem großen Teil aufschmolz und dabei die darüberliegende Kruste vernichtete. Danach wären die Schmelzen wieder als neue Oberfläche erstarrt und der Vulkanismus kam nach dem Erstarren der neuen Kruste fast vollständig zum Erliegen.
Die zweite Theorie ist die kontinuierliche stetige Erneuerung. Hier gehen die Forscher davon aus, dass die Vulkane auf der Venus fast ständig aktiv sind und bei ihren Eruptionen relativ kleine Mengen an Lava fördern. Nach und nach würde dann die gesamte Venusoberfläche von Lava bedeckt und ältere Schichten und Oberflächenstrukturen verschwänden so allmählich von der Bildfläche. Die jetzt gefunden Hinweise würden eher die letztere Vorstellung unterstützen.
Tilmann Althaus
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