Europa: Jupitermond speit Wasser ins All
Der Jupitermond Europa wirkt unscheinbar mit seiner von zahlreichen langen Kratzern überzogenen Eisoberfläche. Doch unter diesem Mantel birgt der Jupitersatellit, der etwas kleiner ist als der Erdmond, eine Besonderheit, die seit ihrer Entdeckung die Fantasie der Forscher anregt: einen Ozean von annähernd 100 Kilometer Tiefe, in dem sich mehr als doppelt so viel flüssiges Wasser befindet wie in allen Weltmeeren zusammen.
In diesem abgeschlossenen Reich könnte sich Leben entwickelt haben – tatsächlich ist Europa der einzige Ort im Sonnensystem neben der Erde, bei dem dieser Gedanke einigermaßen plausibel ist. Doch eine Möglichkeit nachzuschauen gibt es nicht. Technisch ist es derzeit kaum machbar, auf einem fernen Mond durch mehrere Kilometer granithartes Eis zu bohren.
Nun aber verdichten sich Hinweise darauf, dass der Ozean womöglich doch nicht so abgeschlossen ist wie lange gedacht. Mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops haben Forscher Anzeichen für gewaltige Wasserfontänen gefunden, die bis zu 200 Kilometer ins All reichen. Europa scheint demnach von der Südhalbkugel aus erhebliche Mengen von Wasser in den Weltraum zu speien. Sofern es sich dabei um Material aus dem subglazialen Ozean handelt, könnte eine Sonde durch die Fontänen fliegen und chemische Analysen vornehmen, die weitere Hinweise auf die Lebensbedingungen in der Tiefe geben dürften.
Von seinen Beobachtungen der Geysire berichtet jetzt ein Team um William Sparks vom Space Telescope Science Institute in Baltimore auf einer Pressekonferenz. Eine entsprechende Veröffentlichung wird am 29. September im "Astrophysical Journal" erscheinen.
Die Astronomen haben mittels des Weltraumteleskops die Atmosphäre des Monds im Verlauf von insgesamt zehn Passagen vor dem Riesenplaneten vermessen. Dabei zeigten sich im Ultravioletten bei drei dieser Durchgänge Strukturen, die sie nun als Wasserfontänen deuten. Dass sie so selten fündig wurden, legt nahe, dass das Phänomen immer nur vorübergehend auftritt. Womöglich reißen Gezeitenkräfte beim Umlauf um Jupiter oder auch Temperaturschwankungen die Öffnungen in den Eismantel, die sich dann wieder schließen.
Die Vermutung, dass sich auf Europa Wasserfontänen zeigen, ist nicht neu. Bereits im Jahr 2013 hatte ein Forscherteam um Lorenz Roth vom Königlichen Institut für Technologie in Stockholm indirekte Hinweise darauf veröffentlicht. Die Astronomen hatten den Mond ebenfalls mit Hubble untersucht und Anzeichen für angeregte Sauerstoff- und Wasserstoffatome gefunden, die auf entsprechende Geysire zurückgehen könnten. Die aktuelle Studie scheint dies nun mit einer direkten Sichtung zu untermauern.
Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die Forscher ihre Messdaten falsch interpretieren. In "Nature" äußert sich Lorenz Roth skeptisch zu den neuen Ergebnissen. Die von Sparks und Co. entdeckten Geysire befänden sich an einer anderen Stelle auf der Südhalbkugel, folglich dürfte es sich nicht um dieselben Fontänen handeln. Um sich vor Jupiter abzuzeichnen, müssten die Wasserfontänen zudem extrem dicht sein, erklärt Roth, was hieße, dass große Mengen von Wasser ins All strömten. Das wiederum werfe die Frage auf, warum die Geysire in den vergangenen Jahrzehnten trotz vieler Versuche nicht nachzuweisen gewesen seien.
Derartige Wasserfontänen sind im Übrigen kein Einzelfall im Sonnensystem: Auch der Saturnmond Enceladus sprüht Wasser in den Weltraum. Seine Geysire wurden durch Aufnahmen der Sonde Cassini entdeckt. Im Fall von Europa befinde man sich hingegen "an der Grenze dessen, was mit Hubble machbar ist", erläutert Sparks ebenfalls in "Nature". Sein Team ist derzeit dabei, die Daten zweier weiterer Passagen des Monds vor Jupiter auszuwerten.
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