Sonnensystem: Jupiters komplexes Magnetfeld
In der Vergangenheit zeigten Raumsonden, dass das Magnetfeld von Jupiter zwar in seiner Dipolform demjenigen der Erde ähnelt, aber deutlich stärker ist. An der Wolkenoberkante des Gasriesen sind die Feldstärken rund zehnmal höher als die auf der Erde, und auch die Ausdehnung des Felds in das Sonnensystem hinein, die Magnetosphäre, ist beträchtlich. Neue computergestützte Rechnungen einer Forschergruppe um Thomas Gastine vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen gaben nun erstmals die Stärke des Magnetfelds, wie sie von Raumsonden gemessen wurde, korrekt wieder. Zudem zeigten sie, dass das Feld aus zwei sich überlagernden Komponenten besteht. Den Hauptteil macht eine dipolförmige Struktur aus, die derjenigen des irdischen Felds ähnelt. Dieser Beitrag entsteht tief im Inneren des Planeten. Die zweite Komponente beschreibt eine charakteristische Bandstruktur in der Äquatorgegend. Sie entspringt in Strömen unterhalb der Wolkendecke. Mit der Tiefe steigt die Temperatur, und ab rund 8000 Kilometern bildet sich ein Plasma, dessen Leitfähigkeit ausreicht, um ein Magnetfeld zu erzeugen. Dieses wird durch einen ostwärts gerichteten Wind, der anhand von Wolkenbewegungen auszumachen ist, geschert. Dadurch entsteht die charakteristische Bandstruktur.
Der entscheidende Unterschied zwischen den neuen Rechnungen und den bisherigen Simulationen liegt in der Modellierung der Prozesse im Inneren von Jupiter. Neben einem sehr dichten, vermutlich sogar festen Kern im Zentrum besteht der Planet überwiegend aus Wasserstoff und Helium. An der Oberfläche herrschen Temperaturen von rund minus 100 Grad Celsius, doch im Inneren steigen die Temperatur, der Druck und die elektrische Leitfähigkeit an. In einer Tiefe von rund 10 000 Kilometern erreicht der Druck Stärken von einigen Millionen bar und der Wasserstoff wird metallisch leitend. Dabei bilden die Atome einen Zustand, der es ermöglicht, dass sich ihre Elektronen im Leitungsband befinden und damit bewegungsfähige Ladungsträger darstellen. Dieser komplexe Aufbau wurde in den bisherigen Modellen nicht exakt berücksichtigt und somit stark vereinfacht. Die verschiedenen Zustände in unterschiedlichen Tiefen wurden durch eine Sprungschicht, an der sich die Bedingungen schlagartig ändern, voneinander getrennt behandelt.
Im Rahmen der neuen Rechnungen wurden die Bedingungen im Inneren des Planeten bis knapp unterhalb die Oberfläche erstmalig gleichzeitig simuliert. Die modellierten Bereiche decken rund 80 Prozent des Planetenradius ab, innerhalb derer sich die Dichte insgesamt um das 137-fache ändert. Für diese Aufgabe benötigte der Supercomputer der Max-Planck-Gesellschaft in Garching rund sechs Monate. Der zentrale Kernbereich wurde wegen seiner Größe, und daher vergleichsweise unbedeutender Effekte, nicht berücksichtigt. So auch die äußerste Planetenschicht, die nur einen Prozent des Planetenradius ausmacht. Hierbei nahmen die Forscher an, dass sich die Dichte und die Leitfähigkeit des Materials in den Übergangszonen vom molekularen zum metallischen Wasserstoff stetig und nicht sprunghaft ändern.
Wie genau sich die Ergebnisse mit der Realität decken, wird die Zukunft zeigen müssen. Die starke Dipolkomponente wird durch bisherige Messungen gestützt, doch deren Auflösung reicht nicht aus, um die schwächere Bandenstruktur in der Äquatorregion ausreichend genau aufzulösen. Diese Ausprägung wird sich erst mit Hilfe der Raumsonde Juno überprüfen lassen. Die im Jahr 2011 gestartete NASA-Sonde wird 2016 in einen Orbit um den Gasriesen einschwenken und sein Magnetfeld genauestens untersuchen.
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