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JWST-Sonnenschild: Das James Webb Space Telescope entfaltet sich

Zeit für ein bisschen Weltraumteleskop-Origami: Zusammengefaltet war das James Webb Space Telescope ins All gestartet, nun beginnt es, Form anzunehmen. Den Sonnenschild zu entfalten, ist ein kritisches Manöver.
Diese Computersimulation zeigt das im All entfaltete James Webb Space Telescope.

Das James Webb Telescope nimmt allmählich Form an. Die vorderen und hinteren Pallet-Strukturen des Sonnenschilds sind erfolgreich ausgefahren und eingerastet. Damit sind wieder wichtige, zugleich kritische Manöver der Mission gelungen.

»Wir haben gerade den ersten Schritt erfolgreich abgeschlossen: das Ausklappen der vorderen Sonnenschutzpalette«, twitterte die amerikanische Weltraumbehörde NASA von ihrem Webb-Account. »Und wir haben soeben bestätigt, dass sich unsere hintere Sonnenschutzpalette ebenfalls erfolgreich geöffnet hat«, hieß es wenige Stunden später über das JWST, wie das Teleskop kurz genannt wird.

Während das Absenken der vorderen Palette von der verstauten in die ausgefahrene Position nur 20 Minuten und das Absenken der hinteren Palette nur 18 Minuten in Anspruch nahm, habe der Gesamtprozess wegen der Dutzenden von zusätzlich erforderlichen Schritten jeweils mehrere Stunden gedauert, wie die NASA in ihrem Webb-Blogbeitrag mitgeteilt hat. Dazu gehörte es demnach, die Temperaturen zu überwachen, das Teleskop in Bezug auf die Sonne so auszurichten, dass optimale Temperaturen gewährleistet sind, Auslösemechanismen zu manövrieren und weiteres.

Der Sonnenschild besteht aus fünf Lagen einer widerstandsfähigen Folie

Da all diese Teilschritte gelungen sein sollen, läuft seit dem Start bisher alles nach Plan bei der Zehn-Milliarden-Dollar-Mission. Am 25. Dezember 2021 gegen 13.20 Uhr deutscher Zeit war das Teleskop an Bord einer Ariane-5-Rakete vom europäischen Weltraum-Bahnhof Kourou in Französisch-Guayana gestartet. Damit das James-Webb-Weltraumteleskop in die Rakete passte, musste es zusammengeklappt werden. Ob Sonnenschutzschild oder Hauptspiegel – viele Teile des JWST sind so konstruiert, dass sie sich im Weltraum entfalten oder zusammenklappen lassen. Jede Entfaltung ist ein heikles Manöver. Gelingt eines nicht, ist die gesamte Mission in Gefahr.

Die Solarmodule zur Stromversorgung haben sich bereits entfaltet, auch sind die Antennen aufgestellt und getestet. Und in der Nacht zum 29. Dezember 2021 hat sich besagter Sonnenschild zu entfalten begonnen. »Die Entfaltung der Paletten markiert den Beginn der Entfaltungsphase des Sonnenschutzschilds, die mindestens bis zum 2. Januar andauern wird«, heißt es im NASA-Blogbeitrag.

Der Schild misst in seiner gesamten Größe rund 14 mal 21 Meter. Er besteht aus fünf Lagen einer widerstandsfähigen, haarfeinen Kunststofffolie. Seine Aufgabe: die Temperatur nahe den Kameras unter –233 Grad Celsius zu halten, was ungestörte Beobachtungen im Infrarotspektrum erlaubt.

In den kommenden Tagen stehen noch der automatische Aufbau des kleinen und großen Spiegels auf dem Programm. Der Hauptspiegel soll dann in zwei Wochen bereitstehen. Der Zeitplan für die Einsätze ist online einsehbar, die genauen Daten und Zeitpunkte können sich aber noch ändern.

Während der Entfaltung reist das Teleskop zu seinem etwa 1,5 Millionen Kilometer entfernten Zielorbit, dem Lagrange-Punkt 2. In etwas weniger als vier Wochen soll es dort ankommen.

Das James Webb Space Telescope als 3-D-Modell | Welche Technik steckt im leistungsstärksten Weltraumteleskop, das die Menschheit bislang gebaut hat? Wohin reist das JWST? Und was hat es mehr zu bieten als Hubble? Klicken Sie hier, um zur interaktiven Multimedia-Geschichte zu gelangen.

Für die Bastler unter den Teleskopfans bietet die NASA übrigens dieses Origami-Muster des Webb-Primärspiegels. Es verdeutlicht die filigrane, elegante Technik. Das interaktive 3-D-Modell von »Spektrum« veranschaulicht ebenfalls, welch komplexe Entwicklungen in dem Weltraumteleskop stecken. Dort können Interessierte das Teleskop nach Belieben drehen und wenden.

Das Teleskop der Superlative ist ein Gemeinschaftsprojekt der Weltraumbehörden in Europa, den USA und Kanada. Das JWST übertrifft die Leistungsfähigkeit des Weltraumteleskops Hubble um ein Vielfaches. Es soll unter anderem Bilder aus dem frühen Universum liefern, nach fremden Welten suchen und das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße beobachten. Die Mission ist auf zehn Jahre angesetzt.

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