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News: Kabelschalter

In unserem Nervensystem ermöglichen die Myelinscheiden die schnelle und akkurate Fortleitung von Nervenimpulsen. Dabei muss die Dicke dieses Isolators genauestens eingestellt sein. Max-Planck-Forscher haben jetzt den Regulator hierfür gefunden.
Myelinscheide
Myelin funktioniert in unserem Nervensystem als ein elektrischer Isolator für die Ionenströme im Nervenzellfortsatz und ist damit unmittelbar für die hohe Geschwindigkeit der Reizweiterleitung verantwortlich. Myelinscheiden entstehen, indem hochspezialisierter Gliazellen sowohl entlang dünner als auch dicker Axone wachsen. Im peripheren Nervensystem sind es die so genannten Schwannzellen, die sich spiralförmig um das Axon wickeln. Die Dicke der dabei entstehenden Myelinscheide ist erstaunlicherweise immer proportional zur Dicke des umwickelten Axons selbst. Seit fast einhundert Jahren stellen Wissenschaftler sich deshalb bereits die Frage, auf welche Weise die Schwannzellen "wissen" können, ob sie gerade ein dickes oder ein dünnes Axon umwickeln, um dann entsprechend unterschiedlich stark zu wachsen.

Forscher vom Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin versuchten, die Mechanismen dieser Axon-Glia-Kommunikation mit der Hilfe von transgenen Mäusen und Mausmutanten aufzudecken. Wie das Team um Klaus-Armin Nave jetzt herausfinden konnte, produzieren die Nervenzellen einen Wachstumsfaktor namens Neuregulin-1 und präsentieren ihn auf der Oberfläche ihrer Axone den Myelin bildenden Schwannzellen, den diese dann durch Rezeptorproteine erkennen. Dabei ist es die Menge dieses Wachstumsaktors, die den Schwannzellen auf biochemischem Weg sagt, welchen Durchmesser das zu umwickelnde Axon hat: Denn dicke Axone haben eine größere Oberfläche mit mehr Neuregulin-1 als dünnere Nervenenden.

Als die Forscher in einer Mausmutante das axonale Neuregulin-1-Signal experimentell auf die Hälfte verringerten, erhielten die Myelin bildenden Schwanzellen falsche Informationen über den Durchmesser des Axons. Tatsächlich bildeten sie in den Experimenten dann weniger Myelin, eben nur für ein kleinkalibrigeres Axon. Dadurch aber war das dicke Axon schlechter isoliert, und die Nervenleitgeschwindigkeit in dieser Mausmutante ging zurück.

Umgekehrt beobachteten die Max-Planck-Wissenschaftler genau das Gegenteil in transgenen Mäusen, die sie durch Überexpression dieses Gens dazu gebracht hatten, eine überhöhte Menge des axonalen Neuregulin-1-Signals in ihren Neuronen zu produzieren. Diese Fehlinformation führte zu einem übermäßigen Wachstum der Schwannzellen und einer pathologisch überhöhten Myelinbildung, wie sie in Mäusen normalerweise nicht zu beobachten ist.

Die Forscher vermuten, dass sich auch im zentralen Nervensystem ein ähnliches Signalsystem zwischen Axonen und Gliazellen entwickelt hat und die Myelinbildung steuert. Das zu untersuchen, soll Gegenstand ihrer nächsten Projekte werden.

Der Neurologe Michael Sereda von der Universität Göttingen, der an der Studie beteiligt war, betont: "Die Entdeckung dieses Wachstumsfaktors, der den Umfang der Myelinbildung im Nervensystem steuert, ist von grundlegender Bedeutung und weckt auch neue Hoffnungen. Weitere Experimente sollen zeigen, ob man mit Neuregulin gezielt Reparaturprozesse im kranken Nervensystem unterstützen und für Therapien, zum Beispiel bei Multipler Sklerose, einsetzen kann. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg."

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