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Kachexie: Verursacht Laktat die krankhafte Auszehrung bei Krebs?

Viele Krebskranke leiden unter einer unkontrollierbaren Abmagerung, der Kachexie. Daran scheint das Stoffwechselprodukt Laktat entscheidend beteiligt zu sein – die Entdeckung deutet auf mögliche Therapien hin.
Eine ältere Frau mit Tropf liegt auf einer Liege und liest eine Zeitschrift.
Krebs ist inzwischen oft behandelbar. Ein großes Problem ist jedoch eine häufig auftretende Stoffwechselstörung, gegen die es bisher kein Mittel gibt.

Mehr als die Hälfte aller Tumorpatienten entwickeln im Verlauf ihrer Krankheit ein bis heute rätselhaftes Symptom: Sie verlieren sehr viel Körperfett und Muskelmasse – unkontrollierbar und praktisch unabhängig von der Ernährung. Blutarmut, Übelkeit und Erschöpfung verschlechtern ihre Lebensqualität und sie vertragen die oft belastende Krebstherapie immer weniger. Etwa ein Fünftel aller Krebskranken sterben daran. Die Gründe für diese als Tumorkachexie bezeichnete Stoffwechselstörung sind bis heute rätselhaft. Ein Team um Xidan Liu von der Universität Peking präsentiert Indizien dafür, dass ein altbekanntes Stoffwechselprodukt eine zentrale Rolle spielt: Laktat.

Wie die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »Nature Metabolism« berichtet, besteht ein Zusammenhang zwischen dem Laktatgehalt im Blut und dem krankhaften Muskelabbau. Außerdem identifizierte sie ein Molekül im Fettgewebe, das bei der Auszehrung eine Rolle spielt. Es handelt sich um GPR81, einen Rezeptor, der am Energiestoffwechsel beteiligt ist und im Zusammenhang mit verschiedenen Aspekten von Krebs bereits aufgefallen ist. Ihn auszuschalten, könnte ein Weg sein, die lebensbedrohliche Kachexie bei Krebs zu behandeln, heißt es in der Veröffentlichung. Laktat ist nicht der einzige Faktor bei der Stoffwechselstörung; bekannt ist zum Beispiel, dass auch entzündungsfördernde Substanzen wie Zytokine daran beteiligt sind. Während bisherige Versuche scheiterten, der unkontrollierbaren Auszehrung mit Entzündungshemmern entgegenzuwirken, scheint Laktat eine echte Behandlungsperspektive zu bieten.

Für ihre Studie untersuchten die Fachleute, welche Stoffwechselprodukte im Blut von Krebskranken sowie in Tiermodellen bei der Tumorkachexie erhöht waren. Dabei zeigte Laktat einen starken Zusammenhang mit Muskelverlust. Als das Team in gesunden Mäusen gezielt die Laktatkonzentration im Blut erhöhte, verloren die Tiere an Muskelmasse, wie man es auch bei Kachexie beobachtet. Um herauszufinden, über welchen Rezeptor das Laktat auf Fett- und Muskelgewebe wirkt, erzeugte die Arbeitsgruppe anschließend genetisch veränderte Mäuse, denen verschiedene Rezeptoren fehlten. Tiere ohne GPR81 verloren trotz Tumor und hoher Laktatwerte weder Fettgewebe noch Muskelmasse. Damit erscheint GPR81 als lohnendes Ziel künftiger Medikamente gegen die Kachexie, zumal der Rezeptor wohl auch an der Vermehrung von Tumorzellen beteiligt ist. Allerdings ist die Studie reine Grundlagenforschung; eine Therapie auf Basis dieser Erkenntnisse ist bisher nicht absehbar.

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