Parasitismus: Käfer locken Bienenmännchen in Sexfalle
Nach genauem Hinsehen verwundert es ein wenig, dass »Maiwürmer« der Gattung Meloe nicht längst ausgestorben sind: Die Tiere machen es sich in puncto Fortpflanzung, Kinderfürsorge und Nahrungssuche eigentlich deutlich zu kompliziert, um nachhaltige Chancen in der Evolutionslotterie zu haben.
Das Abenteuer für den Maiwurm beginnt schon in einem von mehreren hundert Eiern, die die Weibchen der zu den Ölkäfern zählenden Insekten kollektiv an den ersten warmen Tagen im Jahr umhertragen – um sie dann schließlich recht wahllos in einem Haufen irgendwo auf dem Boden loszuwerden. Aus dem Gelege schlüpfen nun Massen von hochaktiven und hungrigen Käferlarven, die jedoch nur überleben können, wenn sie rasch vom Boden in die gefüllten Waben des Nests ganz bestimmter Wildbienenarten gelangen. Die Käferlarven tun dafür ihr Bestes: Sie klettern auf die nächste Blüte und klammern sich an alles, was dort landet und ihnen zu nahe kommt – in der Hoffnung, mit der richtigen Biene zum richtigen Zeitpunkt ins richtige Nest zu gelangen. Dort müssen sie dann allerdings auch noch eine gut mit Futter versorgte Wabe vorfinden, in der sie aber schnell ertrinken, wenn nicht auch ein Bienenei passender Größe als Schwimmhilfe greifbar ist. Insgesamt ein riskanter Lebensentwurf: Die Meloe-Ölkäfer galten daher lange als typische Vertreter einer quantitätsorientierten Strategie, bei der möglichst viele Eier zu produzieren sind, damit wenigstens ein paar Nachkommen die überlebensgefährlichen Hindernisse überstehen.
Doch Maiwurmforscher haben auch Tricks der Ölkäfer entdeckt, mit denen die Tiere dem Zufall auf die Sprünge helfen. So fanden sie heraus, dass die auf Bienentransporteure lauernden Maiwürmer einen Duftstoff weiblicher Bienen produzieren, um mehr passende männliche Bienen anzulocken – und auf diesen festgeklammert dann die Bienenwabe ihrer Wahl ansteuern. Wichtig ist dabei, dass die Larven als Kollektiv arbeiten, um eine ausreichend konzentrierte Duftquelle zu bilden.
Zudem mixen nah verwandte Käferlarven aber auch ein sehr spezifisches Bienenparfüm, wie nun ein Forscherteam um Neal Williams von der University of California in Davis nachweisen konnte: Die Tiere produzieren in unterschiedlichen Regionen unterschiedliche Duftstoffe, die speziell auf die vor Ort lebenden Wildbienen abgestimmt sind, berichten die Forscher im Magazin »PNAS« .
Das Team hatte dies an zwei an unterschiedlichen Orten in den USA lebenden Populationen des Ölwurms Meloe franciscanus getestet: Eine entwickelt sich nur in den Nestern der Wildbiene Habropoda miserabilis, die an den Küstenstränden Oregons lebt; die zweite parasitiert in der Mojave-Wüste Kaliforniens nur die verwandte Art Habropoda pallida. Das Team isolierte und analysierte die von den wirtssuchenden Larven abgegebenen Bienenduftstoffe und wies nach, dass männliche Bienen deutlich stärker an den Duftstoffen interessiert waren, die die in ihrer Heimat lebenden Maiwürmer produzieren. Ganz offensichtlich haben Selektionsprozesse demnach das Duftgeschick der parasitischen Käfer auf lokaler Ebene geschärft, fassen die Forscher zusammen.
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