Direkt zum Inhalt

Komplizierte Abwägung: Käferschnecken balancieren Panzerung und Aufklärung

Einige Meeresschnecken bauen Schalen, durch die sie auch schauen können. Die Vor- und Nachteile des Designs müssen aber ausbalanciert werden.
Tropische Käferschnecke, Acanthopleura granulata

Käferschnecken gehören zu den am besten geschützten Organismen des Meers: Ihre Schale panzert sie gegen die meisten direkten Attacken gut ab, zudem ist diese in der Regel so gut an den Untergrund angepasst, dass die Tiere kaum davon abzulösen sind. Aber auch eine perfekte Panzerung kann Nachteile mit sich bringen, wie nun Weichtierexperten um Ling Li vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge herausarbeiten: Man kann etwa nur schwer hindurchsehen, um etwa Feinde rechtzeitig wahrzunehmen. Den Käferschnecken, so die Wissenschaftler, gelang es allerdings, einen anatomischen Kompromiss herzustellen.

Augen auf dem Panzer einer Käferschnecke | Die Elektronenmikroskopie-Aufnahme zeigt auf der Oberfläche des Schneckenpanzers viele kleine dunkel pigmentierte Augen, die wie der Rest der Käferschnecke aus dem Biomineral Aragonit bestehen.

Das Team um Li hatte die auch unter Meerwasseraquarianern beliebte Spezies Acanthopleura granulata untersucht, die – wie alle Käferschnecken, aber im Gegensatz zu den meisten anderen gepanzerten Weichtieren – lebendes Gewebe als Material ihrer Schalen einsetzt. Vor einiger Zeit hatte sich gezeigt, dass es den Tieren irgendwie gelingt, durch diese Schale hindurchzusehen. Lis Team bestätigte das mit einigen optischen Experimenten: Diese Käferschnecken können tatsächlich mit einer Reihe von randständigen Mikroskoplinsen etwa eine Annäherung von Gegenständen, also etwa vermeintlichen Feinden erkennen. Die Tiere reagieren darauf mit einer Festhalte-und-Anklammerungs-Reaktion an den Untergrund. Je größer die einzelnen Augen und ihre Anzahl und Verteilung, desto besser klappt diese Reaktion. Jedoch bringt die optische Ausstattung auch Nachteile mit sich: Die mechanische Stabilität der Schale ist umso geringer, je mehr einzelne Augen in sie eingebaut sind, zeigten die Forscher mit Stresstests.

Die genaue Funktionsweise der Augen ist den Forschern noch nicht ganz klar geworden. Fest steht nach mikroskopischen und kristallografischen Untersuchungen aber, dass die Hunderte von kleinen Augen sich anatomisch in eine äußere Hornhaut, eine Linse mit Aragonitkristallen und eine darunterliegenden Schicht von Fotorezeptoren ordnen – Letztere produzieren dann Sinnesimpulse und speisen sie in das Nervensystem des Weichtiers. Aus Aragonit besteht auch der Rest der Schale – in der Linse sind die Kristalle aber größer und so organisiert, dass sie einfallendes Licht bündeln und auf die Rezeptoren fokussieren können.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.