Feuer: Kalifornien brennt - eine Katastrophe von Menschenhand
Im Winter ist Regenzeit in Kalifornien. Eigentlich. Doch statt feuchter Kühle bringt der Dezember im Süden des US-Bundesstaates Hitze, Trockenheit und einen der größten Waldbrände in der Geschichte Kaliforniens: Mehr als 1000 Quadratkilometer Wald brannten und brennen beim Thomas Fire nahe den Städten Ventura und Santa Barbara.
Während an vielen Orten Südkaliforniens die Temperaturen auf Rekordhöhen stiegen, fachte der trockene Wüstenwind Santa Ana die Feuer an. Durch Wind und Funkenflug verbreiteten sich die Brände rasend schnell, über 1200 Gebäude brannten nieder, zwei Menschen starben. Vermutlich werden Teile des Feuers bis in den Januar brennen – bis dahin ist kein größerer Regen in Sicht, und nur kurz wird kühleres und weniger windiges Wetter die Löscharbeiten begünstigen. Wenn alles vorbei ist, könnte das Feuer in der vermeintlichen Regenzeit als das größte in der Geschichte Kaliforniens in die Geschichte eingehen.
Kalifornien ist Waldbrände gewohnt, doch Zeitpunkt und Ausmaß des Feuers überraschen: Große Brände traten bisher vor allem in den Sommermonaten auf – der Dezember ist traditionell einer der Monate mit den kleinsten Feuern. Ist das nur Pech oder zeichnet sich hier ein neues Muster ab, vielleicht gar ein Vorgeschmack auf ein unwirtlicheres Klima?
Der Mensch bringt das Feuer mit sich
Dass Waldbrände in Kalifornien jedes Jahr wieder mit großen Zerstörungen Schlagzeilen machen, liegt aber keineswegs nur am Klima. Die Menschheit hat viel schnellere und effektivere Wege gefunden, die Feuergefahr und vor allem die drohenden Schäden in Waldbrandgebieten drastisch zu erhöhen. Ursache des Thomas Fire ist eine verhängnisvolle Kombination aus Trockenheit, Wärme, ungewöhnlich viel Brennmaterial und starken Winden. Was die Feuer dieses Jahr allerdings so gefährlich macht, ist ihre Nähe zu besiedelten Gebieten. Erst im Oktober starben bei einem Brand, der auf die Kleinstadt Santa Rosa übergriff, 22 Menschen; das Thomas Fire hat bereits mehr als 1000 Gebäude zerstört.
Kalifornien ist von Natur aus warm und trocken, mit regelmäßigen Busch- und Waldbränden. Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum führen jedoch dazu, dass sie Siedlungen immer weiter in die feuergefährlichen Bereiche vorrücken. Bis zum Jahr 2050 werden nach Prognosen etwa 650 000 Gebäude in Gebieten mit dem höchsten Feuerrisiko neu gebaut werden. Es sind gerade die begehrtesten Regionen mit den malerischsten Aussichten, in denen die Gefahr ebenso schnell steigt wie die Bodenpreise – zum Beispiel eben Santa Rosa im Landkreis Sonoma.
Je mehr Menschen in gefährdeten Regionen leben, desto stärker bemühen sich die lokalen Behörden, Feuer zu verhindern. Derartige Maßnahmen haben aber oft den paradoxen Effekt, das Risiko langfristig eher zu erhöhen: Kleinere Feuer vernichten totes Holz und anderes Brennmaterial, das sich sonst ansammeln würde. Brennt es gar nicht mehr, sammelt sich das tote Material an, und der nächste große Waldbrand findet um so mehr Nahrung. Dadurch steigt auch das Risiko des "Moonscapings", bei dem das Feuer so heftig brennt, dass die Vegetation komplett vernichtet wird. Die zurückbleibenden Flächen sehen aus wie Mondlandschaften und fallen oft der Erosion zum Opfer.
Weniger Feuer – mehr Holz – mehr Feuer
Die Brandschutzmaßnahmen funktionieren auch deswegen nur schlecht, weil Menschen selbst die bedeutendste Ursache von Waldbränden sind: 84 Prozent aller Feuer gehen auf menschliche Einflüsse zurück. Der kalifornische Energieversorger Pacific Gas & Electricity zum Beispiel sieht sich derzeit mit diversen Schadenersatzklagen wegen mutmaßlich von Stromleitungen ausgelösten Bränden konfrontiert. Lagerfeuer, die sprichwörtliche weggeworfene Zigarette und sogar Brandstiftung spielen ebenfalls eine Rolle.
Während derzeit die gewollten und ungewollten Nebenwirkungen des Bevölkerungswachstums in Kalifornien für den deutlichen Anstieg der Feuerschäden verantwortlich sind, wird sich der Klimawandel langfristig ebenfalls bemerkbar machen. Winterliche Waldbrände in Südkalifornien werden nach den Prognosen von Fachleuten deutlich häufiger, denn jene Wetterlagen, die dieses Jahr die Feuer begünstigen, sind im wärmeren Kalifornien der Zukunft die Norm: Die Winter werden wärmer und trockener.
Insbesondere im Fall der Trockenheit lassen sich nach Ansicht vieler Fachleute schon jetzt Effekte des Klimawandels nachweisen. So im Fall der Dürre von 2012 bis 2016: Die Trockenheit hätte es auch ohne Klimawandel gegeben, die globale Erwärmung hat den Boden aber stärker ausgetrocknet und die Lage so verschärft. Analog gilt bei den Waldbränden im Dezember: Die einzelnen Aspekte der untypischen Wetterlage – lange Dürre, Hitze und starke Fallwinde – sind durchaus gängig in dem heißen und trockenen Bundesstaat, sie werden nach den Voraussagen regionaler Klimamodelle aber häufiger.
Spukhafte Klima-Fernwirkung
Eine Ursache könnte hoch im Norden liegen: Bereits 2004 machten Fachleute in Klimasimulationen einen Zusammenhang zwischen dem arktischen Meereis und Niederschlägen im Südwesten der USA aus. Das scheint sich nun zu bestätigen, wie ein Team um Ivana Cvijanovic vom Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien Anfang Dezember in "Nature Communications" berichtete. Je stärker das Meereis der Arktis schrumpfe, so die Arbeitsgruppe, um so trockener werde Kalifornien. Gleichzeitig verstärkt sich ein Wettermuster, das den Osten der USA im Winter kühlt, den ariden Westen dagegen wärmt.
Und nicht einmal die besonders reichhaltigen Schnee- und Regenfälle, die dank El Niño in manchen Wintern über den Bergen des Bundesstaats niedergehen, reduzieren das Waldbrandrisiko – sie erhöhen es sogar. Der Regen im Spätwinter 2017 brachte einen Wachstumsschub bei Gräsern, Büschen und Bäumen. Doch nun hat es in Südkalifornien wieder seit über acht Monaten nicht mehr geregnet, und das nachgewachsene Grün ist jetzt braun und knochentrocken. Kalifornien, scheint es, hat kaum eine andere Wahl, als sich den Waldbränden anzupassen und die gefährlichsten Zonen zu meiden. Doch das sagen Fachleute seit Jahren. Gebaut wird trotzdem.
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