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News: Kalte Fluten auf dem Weg nach Süden

Allein dem Golfstrom verdankt Europa, dass die Temperaturen zu dieser Jahreszeit nicht wesentlich unangenehmer ausfallen, denn der Klimamotor aus dem Atlantik schaufelt fortwährend warme Fluten aus südlichen Gefilden an Europas Küsten. Um dem Geheimnis des wichtigen Wärmespenders näher zu kommen, reisten deutsche Meeresphysiker in die Karibik und setzten die bereits Jahrzehnte andauernde Verfolgung des kalten Rückstroms fort.
Auch Meereswissenschaftler treffen hin und wieder in den Weiten der Ozeane auf alte Bekannte: So entdeckte die Besatzung des US-amerikanischen Forschungsschiffes "Knorr" östlich der Karibik tiefe Wassermassen, die bereits seit Ende der achtziger Jahre auf Wanderschaft sind. "Damals wurde ein Jahrgang von Tiefenwasser erzeugt, der große Mengen Fluorkohlenwasserstoffe aufgenommen hat und überdies besonders kalt ist. Seit einigen Jahren können wir den Weg dieses Objektes beobachten", berichtet Monika Rein vom Institut für Ostseeforschung in Rostock. Anhand dieser beiden Indikatoren können die Forscher den Zeitpunkt bestimmen, zu dem eine bestimmte Wassermasse in die Tiefe glitt, sowie seine Reiseroute exakt verfolgen.

"Nach acht Jahren erreichte genau dieser Wasserjahrgang die Bahamas, nach zehn Jahren die Bermudas und heute finden wir die Menge bei etwa 16 Grad Nord in den Subtropen", zeichnet die Wissenschaftlerin den Wasserweg nach. Ausgangspunkt der langen Reise war die Labradorsee in den subpolaren Regionen des Atlantiks: Dort erkaltete dieser Anteil des Golfstroms, sank verdichtet in die Tiefe und machte sich auf dem Weg nach Süden.

Der Meeresphysiker Uwe Send aus Kiel untersuchte an Bord der "Knorr", wie stark der Rücktransport des Golfstroms in Richtung Äquator genau ist. Dazu verankerte der Forscher auf einer Strecke von 1000 Kilometern drei jeweils fünf Kilometer lange Drähte auf den Grund des Mittelatlantischen Rückens. "Entlang dieser Drähte sind 60 Messsonden verteilt, die zwischen 1000 und 5000 Metern Tiefe alle fünf Minuten die Dichte des Wassers erfassen", schildert Send. Die Dichtemessungen sollen Aufschluss darüber geben, welche Wasservolumina in der Tiefe zirkulieren. In einem Jahr, so hofft der Ozeanophysiker, werden die exakten Ergebnisse vorliegen. Erste Schätzungen belaufen sich auf eine Menge von 15 Millionen Kubikmeter Wasser, die in einer Geschwindigkeit von einem halben Knoten das Messgebiet passiert. "Bei diesem Fluss würde sich die gesamte Ostsee in 13 Tagen entleeren", veranschaulicht Send.

Änderungen des Klimas, etwa eine Erwärmung der Labradorsee infolge des Treibhauseffektes, können die Menge des dort abtauchenden Golfstromes verringern und ihn, so vermuten einige Experten, sogar ins Stocken bringen. Sends Messungen können in einem Jahr nähere Informationen liefern, was das für uns Europäer bedeuten würde.

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