Physikalische Chemie: Katalyse geht unter die Haut
Wenn Metalle chemischen Substanzen bei ihren Umwandlungen auf die Sprünge helfen, hielten Chemiker diese Katalysen bislang für oberflächliche Angelegenheiten. Zu Unrecht, wie Max-Planck-Wissenschaftler nun nachweisen konnten. Denn auch die hinteren Reihen von Atomen tragen zu den Reaktionen bei.
Die Welt der Organischen Chemie ist komplex, aber in Ordnung: Jedes Element hat seine Aufgabe. So liefert Kohlenstoff (C) für gewöhnlich das Grundgerüst, denn dank seiner außergewöhnlich flexiblen äußeren Elektronen kann Kohlenstoff mit seinen Nachbarn Einfach-, Doppel- oder sogar Dreifachbindungen eingehen – ganz nach dem Wunsch des jeweiligen Partners. Was übrig bleibt und nicht irgendwie mit einem weiteren aktiven Atom wie Sauerstoff oder Schwefel verbandelt wird, füllt Wasserstoff (H) als eine Art chemischer Isolator auf. Ein Rezept, das sich für kleine Moleküle wie Methan und Ethan ebenso eignet wie für die Giganten der Chemie, zu denen Kunststoffe gehören, aber auch die Natursubstanzen Zellulose, Holz und DNA.
Auf welche Weise genau bei chemischen Reaktionen die Bindungen gebrochen und neu geknüpft werden, erforschen Wissenschaftler natürlich der Einfachheit halber an den simpleren Vertretern. In der Organischen Chemie also an kurzen unverzweigten Kohlenstoff-Ketten, deren C-Atome entweder alle mit Einfachbindungen verbunden sind (Alkane), die im Molekül eine oder mehrere Doppelbindung aufweisen (Alkene) oder in denen es sogar eine Dreifachbindung gibt (Alkine).
Doch so simpel, wie man zunächst angenommen hat, sind die Abläufe bei einer Umwandlung von Alkinen zu Alkenen und Alkanen gar nicht, haben nun Wissenschaftler aus Deutschland, Ungarn und Großbritannien um Detre Teschner vom Berliner Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft festgestellt.
Unerwartete Tiefenwirkung
Die Forscher untersuchten im Detail, was passiert, wenn die Dreifachbindung des Alkins 1-Pentin (C5H8) an einem Katalysator aus Palladium aufgebrochen wird – ein Vorgang, der so oder ähnlich in industriellen Anlagen häufig vorkommt. Erstaunlicherweise entsteht dabei mal das Alken und mal das Alkan. Das System entscheidet offenbar je nach den Reaktionsbedingungen, ob es eine Doppelbindung stehen lässt oder das Molekül mit Wasserstoff sättigt.
Auf jeden Fall aber sollte nur die oberste Schicht von Palladium-Atomen in das Geschehen eingreifen – so war seit chemischen Urzeiten die Lehrmeinung, die jetzt geändert werden muss.
Indem sie die laufende Reaktion mit Röntgenstrahlen beschossen und die dadurch aus dem Katalysator geschlagenen Fotoelektronen auffingen, stellten die Wissenschaftler fest, dass das Metall bei der vollständigen Wasserstoff-Sättigung mit energiereichen Wasserstoff-Atomen durchsetzt war.
Der Drang ins Innere
Wasserstoff und Kohlenstoff durchsetzen während der Reaktion folglich den Katalysator – und konkurrieren miteinander um die freien Plätze in den Lücken des Metallgitters. Teschners Team beschoss das Palladium in einer zweiten Versuchsreihe mit Neutronen, von denen ein Teil in den Atomkernen hängenblieb und seine überschüssige Energie als Gammastrahlung abgab. Durch diese PGAA-Spektroskopie (Prompt Gamma Activation Analysis) konnten die Wissenschaftler das Ringen der Fremdatome verfolgen.
Sie fanden heraus, dass Wasserstoff zwar leichter und schneller in das Palladium eindringt, der Kohlenstoff aber bei günstigen Bedingungen die oberen drei Atomschichten durchdringen kann und damit den Weg nach außen für den Wasserstoff aus dem Metallinneren blockiert.
Ob Wasserstoff oder Kohlenstoff den Kampf für sich entscheidet – fest steht nun, dass die Zusammensetzung der oberflächennahen Schichten des Katalysators mitbestimmt, welche Reaktion er auslöst. Denn auch die dritte Reihe hat noch ihren Einfluss auf die energetische Landschaft der Oberfläche, an welcher letztlich die Umsetzungen stattfinden.
Eine Tiefenwirkung, mit der Chemiker lange nicht gerechnet haben. Und ein Beweis dafür, dass simple Dinge manchmal gar nicht so simpel sind, wie sie auf den ersten Blick wirken.
Auf welche Weise genau bei chemischen Reaktionen die Bindungen gebrochen und neu geknüpft werden, erforschen Wissenschaftler natürlich der Einfachheit halber an den simpleren Vertretern. In der Organischen Chemie also an kurzen unverzweigten Kohlenstoff-Ketten, deren C-Atome entweder alle mit Einfachbindungen verbunden sind (Alkane), die im Molekül eine oder mehrere Doppelbindung aufweisen (Alkene) oder in denen es sogar eine Dreifachbindung gibt (Alkine).
Doch so simpel, wie man zunächst angenommen hat, sind die Abläufe bei einer Umwandlung von Alkinen zu Alkenen und Alkanen gar nicht, haben nun Wissenschaftler aus Deutschland, Ungarn und Großbritannien um Detre Teschner vom Berliner Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft festgestellt.
Unerwartete Tiefenwirkung
Die Forscher untersuchten im Detail, was passiert, wenn die Dreifachbindung des Alkins 1-Pentin (C5H8) an einem Katalysator aus Palladium aufgebrochen wird – ein Vorgang, der so oder ähnlich in industriellen Anlagen häufig vorkommt. Erstaunlicherweise entsteht dabei mal das Alken und mal das Alkan. Das System entscheidet offenbar je nach den Reaktionsbedingungen, ob es eine Doppelbindung stehen lässt oder das Molekül mit Wasserstoff sättigt.
Auf jeden Fall aber sollte nur die oberste Schicht von Palladium-Atomen in das Geschehen eingreifen – so war seit chemischen Urzeiten die Lehrmeinung, die jetzt geändert werden muss.
Indem sie die laufende Reaktion mit Röntgenstrahlen beschossen und die dadurch aus dem Katalysator geschlagenen Fotoelektronen auffingen, stellten die Wissenschaftler fest, dass das Metall bei der vollständigen Wasserstoff-Sättigung mit energiereichen Wasserstoff-Atomen durchsetzt war.
Bei der Umsetzung von Alkinen zu Alkenen hatte sich hingegen ein ordentlicher Anteil Kohlenstoff in das Palladium eingenistet: Ein Drittel bis fast die Hälfte der Atome in diesem so genannten Pd-C bestand unerwarteterweise daraus. Der Kohlenstoff stammte vermutlich von Molekülen, die zu Beginn der Reaktion an der Palladium-Oberfläche zerstört worden waren. Aber trotz dieses Ursprungs hat es den Kohlenstoff nicht am Rand gehalten, sondern er war in das Metall eingedrungen und hatte dessen Eigenschaften verändert.
Der Drang ins Innere
Wasserstoff und Kohlenstoff durchsetzen während der Reaktion folglich den Katalysator – und konkurrieren miteinander um die freien Plätze in den Lücken des Metallgitters. Teschners Team beschoss das Palladium in einer zweiten Versuchsreihe mit Neutronen, von denen ein Teil in den Atomkernen hängenblieb und seine überschüssige Energie als Gammastrahlung abgab. Durch diese PGAA-Spektroskopie (Prompt Gamma Activation Analysis) konnten die Wissenschaftler das Ringen der Fremdatome verfolgen.
Sie fanden heraus, dass Wasserstoff zwar leichter und schneller in das Palladium eindringt, der Kohlenstoff aber bei günstigen Bedingungen die oberen drei Atomschichten durchdringen kann und damit den Weg nach außen für den Wasserstoff aus dem Metallinneren blockiert.
Ob Wasserstoff oder Kohlenstoff den Kampf für sich entscheidet – fest steht nun, dass die Zusammensetzung der oberflächennahen Schichten des Katalysators mitbestimmt, welche Reaktion er auslöst. Denn auch die dritte Reihe hat noch ihren Einfluss auf die energetische Landschaft der Oberfläche, an welcher letztlich die Umsetzungen stattfinden.
Eine Tiefenwirkung, mit der Chemiker lange nicht gerechnet haben. Und ein Beweis dafür, dass simple Dinge manchmal gar nicht so simpel sind, wie sie auf den ersten Blick wirken.
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