Katzen: Katzen mit eingerolltem Schwanz haben einen »Akzent«
Ein Haustier mit einem besonderen Merkmal, etwa eine Katze mit Salmiak-Fell oder einem flachen Gesicht, ist in manchen Kreisen der letzte Schrei. Neben körperlichen Einschränkungen können einige der Trends wie ein eingerollter Schwanz aber auch das soziale Leben einer Katze erschweren. Denn eine ungewöhnliche Schwanzhaltung könnte ihr einen »Akzent« gegenüber ihren Artgenossen verleihen, sagen Fachleute.
Katzen haben ein großes Repertoire an körpersprachlichen Signalen. Sie krümmen ihren Rücken, stellen ihr Fell auf und legen ihre Ohren an, um Angst oder Stress zu signalisieren. Sie blinzeln, kneten ihre Pfoten und reiben ihren Kopf an jemandem, um Zuneigung und Vertrauen zu zeigen. Eines der häufigsten Zeichen für Zufriedenheit ist das Aufrichten des Schwanzes, senkrecht nach oben und manchmal an der Spitze ein wenig gebogen. Für andere Katzen bedeutet das: »Hallo, mein Freund!«
Die Forscherin Morgane Van Belle von der Universität Gent hat untersucht, wie Wohnungskatzen miteinander interagieren, als sie überrascht auf Videos von Katzen stieß, deren Schwanz über dem Rücken aufgerollt war. Teilnehmer der Studie hatten ihr Aufnahmen von zwei Katzen aus verschiedenen Haushalten geschickt, die mit ihrem Schwanz wedeln, zucken und ihn hängen lassen können, ihn aber nicht gerade nach oben ausrichten können. Die Besitzer sagten, der Schwanz sei schon immer so gewesen; das deutet auf eine genetische Mutation hin, die wahrscheinlich auch bei einer neuen Züchtung von aufgerollten Schwänzen eine Rolle spielt. Der vorgeschlagene Name für die Katzenrasse mit diesem Merkmal ist »Amerikanischer Ringelschwanz«.
Van Belle und ihr Team wollten herausfinden, wie sich die gebogene Schwanzform auf die Kommunikationsfähigkeit der Katzen auswirkt. Dafür sahen sie sich 85 Minuten Videomaterial an, das die zwei Katzen mit Artgenossen (mit normalem Schwanz) in ihrem jeweiligen Zuhause zeigt. Die Katzen, die zusammenlebten, verhielten sich normal: Sie putzten sich gegenseitig, spielten und rieben die Köpfe aneinander. Vermutlich haben die Tiere demnach einen anderen Weg gefunden, um freundliche Botschaften zu übermitteln, berichten die Fachleute in einer Arbeit, die im »Veterinary Journal« erschien.
Katzen sind sehr flexibel in ihrer Kommunikation
Der eingerollte Schwanz verleiht einer Katze so etwas wie einen Akzent, den Artgenossen wohl nur mit Mühe verstehen können, sagt Van Belle, Hauptautorin der neuen Studie. »Vielleicht verwenden sie stattdessen andere Signale, wie die Position der Ohren oder Gerüche«, fügt sie hinzu. »Das zeigt, wie flexibel Katzen bei der Kommunikation miteinander sind.« Die Verhaltensforscherin Sandra Nicholson vom University College Dublin, die nicht an der neuen Arbeit beteiligt war, stimmt dem zu. »Sie kommunizieren weiterhin mit ihrem Körper: ihrem Gesicht, ihren Ohren und ihrer Körperhaltung als Ganzem«, sagt sie. »Es geht also nicht nur um den Schwanz – obwohl dieser eingerollte Schwanz natürlich ihre Kommunikationsfähigkeit zum Teil einschränkt.«
Unbekannte Katzen – und sogar Menschen – laufen Gefahr, die Signale der aufgerollten Schwänze falsch zu deuten. Diese Katzen »könnten verwirrende Botschaften senden«, sagt Nicholson. Tatsächlich scheinen Schwänze, die sich über den Rücken rollen, nicht im Repertoire der Katzensprache zu existieren; die meisten Katzen können diese Bewegung überhaupt nicht ausführen.
»Hunderassen, die nur mit ihrer eigenen Rasse Kontakt haben, können in ihrer Fähigkeit zu kommunizieren stärker eingeschränkt sein«Daniel Mills, Tierarzt und Verhaltensforscher
Ob es bei den rund 70 Hunderassen mit Ringelschwanz, etwa bei Kleinspitzen und Shiba Inus, auch Kommunikationsprobleme gibt, muss noch erforscht werden, sagt einer der Mitautoren der neuen Studie, Daniel Mills. »Hunderassen, die nur mit ihrer eigenen Rasse Kontakt haben, können in ihrer Fähigkeit zu kommunizieren stärker eingeschränkt sein«, sagt der Tierarzt und Verhaltensforscher an der University of Lincoln in England und weist darauf hin, wie wichtig es ist, einen Hund mit einer Vielzahl von Rassen zu sozialisieren.
Die Katzenstudie macht deutlich, dass man sich Gedanken darüber machen sollte, wie sich modische Zuchtmerkmale nicht bloß auf die körperliche, sondern auch auf die soziale Gesundheit der Tiere auswirken können, sagt die Evolutionsökologin Brittany Florkiewicz vom College Lyon, die nicht an der neuen Studie beteiligt war. Stupsnasige Tiere wie Möpse oder Perserkatzen haben meist Schwierigkeiten, richtig zu atmen, und können außerdem nicht alle arttypischen Gesichtsausdrücke machen.
»Trotz der Unterschiede leben sie ihr Leben normal. Das finde ich sehr inspirierend«Sandra Nicholson, Verhaltensforscherin
Wie Nicholson erklärt, hebt die Arbeit die Fähigkeit von Katzen hervor, sich an individuelle Unterschiede anzupassen. »Hier sehen wir, dass sie trotz der Unterschiede ihr Leben normal leben, und das finde ich sehr inspirierend.«
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