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News: Kein Eintritt für HIV

Ein harmloses Herpesvirus verlangsamt die anfängliche Infektion von HIV, indem es die für HI-Viren spezifischen Andockstellen auf den Immunzellen besetzt. Die AIDS-Erreger können nun nicht mit den Immunzellen fusionieren und ihr Erbgut darin vermehren. Im späteren Verlauf der Infektion auftretende HIV-Varianten davon jedoch nicht betroffen, da sie sich über ein anderes Protein an den Immunzellen anlagern.
Viren sind zwar oft heimtückische kleine Mikroorganismen, aber allein lebensfähig sind sie trotz allem nicht. Um sich vermehren zu können, verpflichten sie den Vervielfältigungsapparat ihres Wirtes zur Zwangsarbeit und bauen so neue Viren zusammen. Doch dies funktioniert natürlich nur, wenn das Virus ins Zellinnere gelangt ist, meist nach Andocken der Winzlinge an die Zellmembran ihres zukünftigen Wirtes. HI-Viren, die in der primären Infektionsphase auftreten, binden in diesem Prozess an das Oberflächenprotein CCR5 und überwinden so die Barriere.

Doch der AIDS-Erreger hat kein Monopol auf dieses Schlüsselprotein, wie ein Wissenschaftlerteam des National Institute of Child Health and Human Development (NICIHD) um Leonid Margolis herausfand. Auch das harmlose menschliche Herpesvirus HHV-6 besetzt diese Bindungsstellen und verwehrt HIV dadurch ein Einlass. Wie der dahinterliegende Mechanismus abläuft, konnten die Wissenschaftler nun in Zellkultur beobachten. Sie entnahmen kleine Mengen menschlichen Mandelgewebes, das zum Lymphsystem gehört und somit die Zielzellen für den HIV-Angriff beherbergt, und infizierten es sowohl mit dem Herpesvirus als auch mit HI-Viren. Es zeigte sich, dass bestimmte HIV-Vertreter in Kombination mit den Herpesviren ihre Vermehrungsrate drastisch drosselten. Doch taten sie dies nicht freiwillig, sondern nur, weil ihre Eintrittspforten bereits besetzt waren. Hier hatte bereits ein Protein namens RANTES Platz genommen, das Herpesviren in großen Mengen produzieren.

Um auch ganz sicher zu sein, dass die besetzten Bindungsstellen den Grund für das verminderte Wachstum der HI-Viren darstellten, setzten die Forscher dem kultivierten Mandelgewebe das Protein RANTES zu. Wie erwartet, sank die Reproduktion der Viren, die über das Oberflächenprotein CCR5 Einlass begehrten. Der im späteren Verlauf der Erkrankung auftretende HIV-Vertreter, der über das Oberflächenprotein CXCR4 die Zellgrenze überschreitet, fand jedoch durch die Anwesenheit des Herpesvirus bessere Bedingungen vor und vermehrte sich schneller. Das ist verheerend, da diese Virentypen mehr Immunzellen töten als die CCR5-Varianten.

Indem sie die zuerst auftretenden HIV- Varianten unterdrückt und möglicherweise für die späteren Formen einen günstigeren Nährboden schafft, könnte die zusätzliche Infektion von Herpesviren also eine wichtige Rolle im Fortschreiten der Infektion von der anfänglichen Phase zum vollständigen Krankheitsbild AIDS spielen. Institutsleiter Duane Alexander sieht in den Ergebnissen viel Potential: "Zukünftige Forschung könnte zu neuen Medikamenten führen, die dem Immunsystem helfen, HIV abzuwehren, und zu neuen Strategien, um einen Impfstoff gegen HIV zu entwickeln."

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