Pädagogik: Kein Freipass zum Bücherwurm
Angeborenes Lesetalent leidet unter schlechtem Unterricht.
Manchen Kindern fällt das Lesenlernen deutlich leichter als anderen. Den wichtigsten Grund dafür sehen viele Forscher in der genetischen Disposition, sprich: der angeborenen Begabung der Kleinen. Ob Schüler ihr erbliches Potenzial jedoch entfalten, hängt auch vom Können ihrer Lehrer ab, wie eine Studie der Florida State University in Tallahassee nahelegt: Laut der Psychologin Jeanette Taylor und ihren Kollegen lernen auch talentierte Kinder nur dann flugs zu lesen, wenn sie guten Unterricht genießen.
Das Team untersuchte rund 280 eineiige Zwillingspaare, die entweder in derselben oder in verschiedenen Schulklassen lernten. Verglichen wurden die Fortschritte beim lauten Vorlesen von Texten zwischen dem ersten und zweiten Schuljahr. Zudem testeten die Psychologen stets auch Klassenkameraden der Zwillinge – den so ermittelten Durchschnitt werteten die Forscher als Maß für die Unterrichtsqualität.
Während eineiige Geschwister aus ein und derselben Klasse in den Ergebnissen meist gleichauf lagen, zeigten Paare unter zwei verschiedenen Lehrern oft deutliche Unterschiede in ihrem Können. Das heißt freilich nicht, dass allein der Unterricht über die Lernfortschritte eines Kinds entscheide. Das Wechselspiel zwischen ererbtem Talent und pädagogischer Ansprache offenbarte ein Vergleich aller Schüler untereinander: In Klassen mit insgesamt hohem Lernerfolg (und somit vermutlich gutem Unterricht) erzielten die Kinder individuell sehr unterschiedliche Fortschritte, die Streubreite der Leistungen war also größer. Dagegen herrschte in Klassen mit schlechtem Gesamtergebnis ein einheitlich niedriges Niveau.
Taylors Fazit: Ein guter Pädagoge könne fehlendes Talent von Schülern wohl nicht wettmachen, doch leide umgekehrt das Potenzial der Begabten unter schlechtem Unterricht. Da eine Leseschwäche nach den ersten Schuljahren immer schwieriger zu beheben sei, plädieren die Forscher dafür, das Lehrpersonal an Grundschulen besonders stark auf seine Qualifikation hin zu überprüfen. (mb)
Taylor, J. et al.:Teacher Quality Moderates the Genetic Effects on Early Reading. In: Science 328, S. 512-514, 2010.
Das Team untersuchte rund 280 eineiige Zwillingspaare, die entweder in derselben oder in verschiedenen Schulklassen lernten. Verglichen wurden die Fortschritte beim lauten Vorlesen von Texten zwischen dem ersten und zweiten Schuljahr. Zudem testeten die Psychologen stets auch Klassenkameraden der Zwillinge – den so ermittelten Durchschnitt werteten die Forscher als Maß für die Unterrichtsqualität.
Während eineiige Geschwister aus ein und derselben Klasse in den Ergebnissen meist gleichauf lagen, zeigten Paare unter zwei verschiedenen Lehrern oft deutliche Unterschiede in ihrem Können. Das heißt freilich nicht, dass allein der Unterricht über die Lernfortschritte eines Kinds entscheide. Das Wechselspiel zwischen ererbtem Talent und pädagogischer Ansprache offenbarte ein Vergleich aller Schüler untereinander: In Klassen mit insgesamt hohem Lernerfolg (und somit vermutlich gutem Unterricht) erzielten die Kinder individuell sehr unterschiedliche Fortschritte, die Streubreite der Leistungen war also größer. Dagegen herrschte in Klassen mit schlechtem Gesamtergebnis ein einheitlich niedriges Niveau.
Taylors Fazit: Ein guter Pädagoge könne fehlendes Talent von Schülern wohl nicht wettmachen, doch leide umgekehrt das Potenzial der Begabten unter schlechtem Unterricht. Da eine Leseschwäche nach den ersten Schuljahren immer schwieriger zu beheben sei, plädieren die Forscher dafür, das Lehrpersonal an Grundschulen besonders stark auf seine Qualifikation hin zu überprüfen. (mb)
Taylor, J. et al.:Teacher Quality Moderates the Genetic Effects on Early Reading. In: Science 328, S. 512-514, 2010.
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