Archaikum: Kein Frühstart?
Seit dem Fund von Cyanobakterienspuren in 2,7 Milliarden Jahre alten Gesteinen zerbrachen sich Wissenschaftler den Kopf, warum es noch 300 Millionen Jahre dauerte, bis ihr erzeugter Sauerstoff die Atmosphäre eroberte. Vergebliche Liebesmüh, erklären Geochemiker nun: Die Daten waren offenbar nicht korrekt.
Es war eine Sensation: Jochen Brocks, damals noch an der University of Sydney, und seine Kollegen waren 1999 in 2,7 Milliarden Jahre alten australischen Gesteinen des Pilbara-Kratons auf Moleküle gestoßen, die als verlässliche Spuren für Cyanobakterien und erste Eukaryoten, also Organismen mit Zellkern, gelten [1]. Penibelst hatten die Forscher untersucht, ob nicht spätere Verunreinigungen oder geologische Prozesse falsche Fährten gelegt hatten – doch alles schien lupenrein.
Eine merkwürdige Pause, ...
Brocks' Erkenntnisse schafften es in die jährliche Hitliste wissenschaftlicher Durchbrüche des Fachmagazins "Science" – und stürzten die Paläoforschergemeinde in große Verwirrung. Wenn nun bereits vor 2,7 Milliarden Jahren eindeutig Organismen lebten, die im Rahmen ihrer Fotosynthese Sauerstoff erzeugten – warum hatte es dann weitere 300 Millionen Jahre gedauert bis zum "Great Oxidation Event", dem rapiden Anstieg der O2-Konzentration in der Atmosphäre?
Verschiedenste Erklärungen wurden entwickelt, sogar noch früheres Auftreten des heutigen Lebenselixiers postuliert, das sich aber erst nach mehrfachem Auf und Ab endgültig etabliert haben sollte. Alles überflüssig, konstatiert Jochen Brocks nun allerdings selbst: Die Daten von damals müssten revidiert werden.
Denn es hatte doch einen kleinen, von Beginn an bestehenden Schönheitsfehler gegeben: Das Verhältnis der Kohlenstoffisotope der isolierten Biomarker und des sie umgebenden Kerogens hatte nicht übereingestimmt. Brocks hatte mit Kollegen noch 2003 argumentiert, die beiden Fraktionen stammten aus unterschiedlichen Quellen und zeigten daher verschiedene Signaturen. Die Biomarker seien jedoch definitiv vor Ort und zum genannten Zeitpunkt entstanden [2].
... die es womöglich gar nicht gab
Zusammen mit Kollegen um Birger Rasmussen von der Curtin University of Technology im westaustralischen Bentley nutzte Brocks nun aber einen technischen Fortschritt, der 1999 noch nicht zur Verfügung stand: Mit hochauflösender Massenspektrometrie nahmen sie Gesteine aus der damals untersuchten Formation noch einmal genau unter die Lupe. Und stellten nun fest, dass das Verhältnis der Kohlenstoffisotope des umgebenden Kerogens mit dem von verfestigten Erdölresten im Gestein übereinstimmt, an deren Alter von 2,7 Milliarden Jahren nicht zu zweifeln ist [3].
Bereitet das dem Kopfzerbrechen um die 300-Millionen-Jahre-Lücke ein Ende? Nicht unbedingt, kommentiert Woodward Fischer vom California Institute of Technology. Schließlich seien Brocks' Funde zwar die ersten, aber inzwischen nicht mehr die einzigen Nachweise von entsprechenden frühen Lebensspuren fotosynthetisch aktiver Organismen. Die seitdem nachgewiesenen Überreste stammten aus Gesteinen unterschiedlichster Geschichte, und die Datenlage sei noch zu dünn, um zu beurteilen, ob auch dort spätere Verunreinigungen eine Rolle spielten.
Vorerst dürfen also weiter Theorien entwickelt werden, warum es womöglich zu einer Verzögerung kam. Doch ist die weit verbreitet gehegte Vermutung derart früher Sauerstoffproduktion durchaus ins Wanken geraten. Weitere Messergebnisse müssen nun zeigen, ob sie sich wieder stabilisieren lässt – oder stürzt.
Mit einem Schlag verschob sich so das erste Auftreten dieser Organismen um mehr als 700 Millionen Jahre weiter in die Vergangenheit: Der älteste sicherste Nachweis von Cyanobakterien lag zuvor bei etwa zwei Milliarden Jahren und stammte aus Kanada, und die ersten Eukaryoten wurden bislang sogar auf nur 1,5 Milliarden Jahre datiert.
Eine merkwürdige Pause, ...
Brocks' Erkenntnisse schafften es in die jährliche Hitliste wissenschaftlicher Durchbrüche des Fachmagazins "Science" – und stürzten die Paläoforschergemeinde in große Verwirrung. Wenn nun bereits vor 2,7 Milliarden Jahren eindeutig Organismen lebten, die im Rahmen ihrer Fotosynthese Sauerstoff erzeugten – warum hatte es dann weitere 300 Millionen Jahre gedauert bis zum "Great Oxidation Event", dem rapiden Anstieg der O2-Konzentration in der Atmosphäre?
Verschiedenste Erklärungen wurden entwickelt, sogar noch früheres Auftreten des heutigen Lebenselixiers postuliert, das sich aber erst nach mehrfachem Auf und Ab endgültig etabliert haben sollte. Alles überflüssig, konstatiert Jochen Brocks nun allerdings selbst: Die Daten von damals müssten revidiert werden.
Denn es hatte doch einen kleinen, von Beginn an bestehenden Schönheitsfehler gegeben: Das Verhältnis der Kohlenstoffisotope der isolierten Biomarker und des sie umgebenden Kerogens hatte nicht übereingestimmt. Brocks hatte mit Kollegen noch 2003 argumentiert, die beiden Fraktionen stammten aus unterschiedlichen Quellen und zeigten daher verschiedene Signaturen. Die Biomarker seien jedoch definitiv vor Ort und zum genannten Zeitpunkt entstanden [2].
... die es womöglich gar nicht gab
Zusammen mit Kollegen um Birger Rasmussen von der Curtin University of Technology im westaustralischen Bentley nutzte Brocks nun aber einen technischen Fortschritt, der 1999 noch nicht zur Verfügung stand: Mit hochauflösender Massenspektrometrie nahmen sie Gesteine aus der damals untersuchten Formation noch einmal genau unter die Lupe. Und stellten nun fest, dass das Verhältnis der Kohlenstoffisotope des umgebenden Kerogens mit dem von verfestigten Erdölresten im Gestein übereinstimmt, an deren Alter von 2,7 Milliarden Jahren nicht zu zweifeln ist [3].
Ihr Fazit: Die damals isolierten Spuren von Cyanobakterien und Eukaryoten waren während der Metamorphose der extremen Hitze und dem hohen Druck entgangen und hatten sich erst später als Verunreinigung dort eingenistet – wahrscheinlich vor etwa 2,1 Milliarden Jahren, auf jeden Fall aber, nachdem die Gesteine die maximalen Temperaturen bereits hinter sich hatten.
Bereitet das dem Kopfzerbrechen um die 300-Millionen-Jahre-Lücke ein Ende? Nicht unbedingt, kommentiert Woodward Fischer vom California Institute of Technology. Schließlich seien Brocks' Funde zwar die ersten, aber inzwischen nicht mehr die einzigen Nachweise von entsprechenden frühen Lebensspuren fotosynthetisch aktiver Organismen. Die seitdem nachgewiesenen Überreste stammten aus Gesteinen unterschiedlichster Geschichte, und die Datenlage sei noch zu dünn, um zu beurteilen, ob auch dort spätere Verunreinigungen eine Rolle spielten.
Vorerst dürfen also weiter Theorien entwickelt werden, warum es womöglich zu einer Verzögerung kam. Doch ist die weit verbreitet gehegte Vermutung derart früher Sauerstoffproduktion durchaus ins Wanken geraten. Weitere Messergebnisse müssen nun zeigen, ob sie sich wieder stabilisieren lässt – oder stürzt.
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