News: Kein großer Unterschied
Ein Forscherteam um Eric Lander vom Whitehead Institute untersuchte nun das Erbgut von 44 Amerikanern, deren Vorfahren aus Europa stammten. Sie konzentrierten sich dabei auf so genannte single nucleotide polymorphisms (SNPs) – Mutationen, bei denen eine einzelne Base in der DNA gegen eine andere ausgetauscht ist. Im Laufe der Zeit sammeln sich diese Mutationen an. Bei jeder geschlechtlichen Fortpflanzung jedoch wird das genetische Material von Vater und Mutter teilweise zerschnitten und neu zusammengesetzt. Die wiederholte Rekombination von Generation zu Generation macht es zunehmend unwahrscheinlicher, dass Individuen dasselbe Muster von SNPs in ihrem Erbgut aufweisen.
Die Ergebnisse von Lander und seinen Mitarbeitern weisen darauf hin, dass die Gruppe unserer europäischen Vorfahren aus kaum mehr als 50 Menschen bestand – denn die Länge der Gensequenzen, in denen die Muster der SNPs korrelieren, übertreffen die bisherigen Schätzungen bei weitem. Die DNA eines nigerianischen Volkstamms, welche die Forscher ebenfalls untersuchten, zeigt hingegen deutlich größere Unterschiede. Die Europäer sind sich genetisch also sehr ähnlich, ein Anzeichen dafür, dass sie von einer kleinen Gründerpopulation abstammen. Außerdem muss über viele Generationen hinweg Inzucht stattgefunden haben, denn fremde Partner hätten neues Erbgut in die Lebensgemeinschaften gebracht.
Eine Computersimulationen lieferte schließlich das nach Aussage der Wissenschaftler wahrscheinlichste Szenario: Nicht die erste Besiedlungswelle legte den Grundstock für die Europäer, sondern eine kleine Gruppe, die Afrika erst vor 53 000 bis 27 000 Jahren verließ.
Doch nicht nur für die Ausbreitungsgeschichte des Menschen sind die Resultate interessant, auch die medizinische Forschung kann sich darüber freuen. Denn für sie bedeutet die große genetische Ähnlichkeit gute Nachrichten: Es ist so deutlich einfacher, Gene aufzuspüren, die weit verbreiteten Krankheiten zugrunde liegen. Indem Forscher die Muster der SNPs von Populationen vergleichen, welche eine bestimmte Krankheit entweder aufweisen oder nicht, können sie leicht die sich unterscheidenden Regionen erkennen. Und genau diese sollten das verantwortliche Gen enthalten.
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