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News: Kein Smalltalk im Neandertal

So ungewöhnlich ist die Vorstellung doch gar nicht: Könnten nicht schon die Neandertaler über das Wetter geplaudert haben oder über das Mammut, das ihnen doch noch im letzten Moment entwischt ist? Im letzten Jahr stellten Wissenschaftler der Duke University eine solche These vor. Sie nahmen an, daß diese Hominiden, die vor ungefähr 35000 Jahren verschwanden, vielleicht schon wie moderne Menschen sprechen konnten. Ihre Vermutung basierte auf einem Paar sehr groß ausgeprägter knöcherner Durchgänge. Diese könnten Nervenstränge zur Zunge geleitet und so eine komplexe Koordinierung ermöglicht haben. Inzwischen vertreten andere Wissenschaftler aber die Meinung, die Größe der sogenannten Hypoglossalkanäle sage wenig, wenn überhaupt etwas, über eine eventuelle Fähigkeit zum Sprechen aus.
David DeGusta vom Laboratory for Human Evolutionary Studies der University of California, Berkeley, und seine Kollegen näherten sich ihrer Fragestellung mit der Meßlatte. Sie stellten die Querschnitte der hypoglossalen Kanäle in den Schädeln von 75 nichthumanen Primaten, von vier ausgestorbenen Hominiden (Australopithecines) und von 104 modernen Menschen fest.

Dabei fanden sie heraus, daß die Kanalgröße bei den modernen Menschen sehr stark variiert. Sie bewegte sich von 4,4 bis 36,5 mm2. Als die Forscher die Kanäle der 3,2 Millionen Jahre alten Australopithecinen maßen – Hominiden, denen wenige Anthropologen eine Sprachfähigkeit zutrauen würden –, fanden sie heraus, daß zum Beispiel ein Exemplar einen Kanalquerschnitt von 17 mm2 zeigte. Dies liegt deutlich über dem Durchschnitt bei modernen Menschen. Auch die Ergebnisse der Forschung bei den nichthumanen Primaten ließen den Wissenschaftlern einen Zusammenhang zwischen der Größe der Durchgänge und der Sprachfähigkeit als eher unwahrscheinlich erscheinen: Die Querschnitte der hypoglossalen Kanäle lagen innerhalb des für Menschen normalen Bereiches. Und dies auch nach einer Korrektur, welche die Größe der Mundhöhle berücksichtigte (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 16. Februar 1999, Abstract). "Trotz allen Lärms und aller Aufregung", meint DeGusta, "bedeutet die Größe des hypoglossalen Kanals nichts."

Die Wissenschaftler der Duke University sind da etwas anderer Ansicht. Der Anthropologe Richard Kay sieht hier eine Analogie zu den Vergleichen von Gehirngrößen. Die menschliche Schädelkapazität reicht von 800 bis 1250 Kubikzentimeter. Dies ist ein Größenspielraum, in den sich auch die Hirngröße des vor einer Million Jahren lebenden Homo erectus einordnen läßt. Doch gibt es zwar solche Überschneidungen, wie moderne Menschen mit einem sehr kleinen Hirnvolumen oder frühe Hominiden mit großen Gehirnen. Die Durchschnittswerte sind aber deutlich voneinander verschieden. Kays Hinweis lautet: Entscheidend ist hier der durchschnittliche Wert, trotz der Schnittmenge "behauptet niemand, daß es keinen bedeutenden Unterschied" zwischen diesen zwei Hominidenarten hinsichtlich der Gehirnkapazitäten gibt. Oder wer wollte dies in Zweifel ziehen?

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