Sonnenaktivität: Kein "Weltuntergang" durch Sonneneruption
Am 7. Juni ereignete sich auf der Sonne eine eindrucksvolle Eruption, ein so genannter koronaler Materieauswurf, bei dem elektrisch geladenes Gas mit hoher Geschwindigkeit weit in den interplanetaren Raum hinausgeschleudert wird. In den deutschen Medien sorgt diese Eruption derzeit für große Schlagzeilen, als ob von ihr eine starke Bedrohung ausginge. Sehr schön kommentiert dies Jan Hattenbach in seinem jüngsten Beitrag "Sonnensturm im Wasserglas" auf unserer Blogseite KosmoLogs.
Sowohl die US-Raumfahrtbehörde NASA als auch ihr europäisches Gegenstück ESA kommen zu dem Schluss, dass von der Eruption kaum negative Folgen für die Weltrauminfrastruktur, geschweige denn für das tägliche Leben, ausgehen. Schon in ihren ersten Veröffentlichungen wies die NASA darauf hin, dass die von der Sonne ausgeworfenen Gasmassen die Erde fast völlig verfehlen, so dass uns nur schwache Ausläufer erreichen.
Hierdurch kann es zu mäßigen Stürmen im Erdmagnetfeld kommen, so dass sich die Satellitenbetreiber weltweit routinemäßig auf leichte, aber beherrschbare Störungen der Steuerung der Satelliten einrichten. Zudem kann es zu einer mittleren Polarlichtaktivität auch in unseren Breiten kommen. Von dieser werden wir aber wohl nichts bemerken, da im Juni die Nächte in Deutschland kaum noch richtig dunkel werden. Besonders in Norddeutschland sind die Nächte durch die nur knapp unter dem Horizont stehende Sonne aufgehellt.
Tatsächlich bot die Sonneneruption ein spektakuläres Erscheinungsbild. Solche plastischen Aufnahmen verdanken wir den derzeit vier Satelliten, die unser Tagesgestirn rund um die Uhr überwachen und die den Ausbruch vom 7. Juni 2011 unter verschiedenen Blickwinkeln und in unterschiedlichen Spektralbereichen dokumentieren konnten. Es sind die Sonnensonden Soho, Stereo A und B sowie das Solar Dynamics Observatory (SDO) Insbesondere die extrem scharfen Bilder des US-Satelliten SDO sind eindrucksvoll und zeigen unser Tagesgestirn in zuvor nicht erreichter Qualität.
Sehr deutlich sind auf den Bildern Materieauswürfe zu erkennen, die aus elektrisch geladenem Gas bestehen und die den gekrümmten Linien lokaler Magnetfelder auf der Sonne folgen. Nach einer gewissen Zeit stürzen die Gasmassen wieder auf die Sonnenoberfläche zurück, wobei bei ihrem Auftreffen die Einschlaggebiete ebenfalls kurz aufleuchten.
All diese Bilder zeigen die Sonne entweder im extremen Ultraviolettlicht oder bei Röntgenwellenlängen. Somit erfassen sie nicht nur die sichtbare Sonnenoberfläche sondern auch die darüberliegenden Schichten des Tagesgestirns, nämlich die Chromosphäre und die Korona. Im sichtbaren Licht erschien die Sonnenoberfläche zur fraglichen Zeit sehr ruhig (siehe beigestelltes Bild), lediglich einige Sonnenflecken ließen sich ausmachen. Im Gebiet des Ausbruchs zeigte sich zudem eine Aufhellung durch Sonnenfackeln, die von lokalen Magnetfeldern hervorgerufen werden.
Derzeit erwacht die Sonne aus einer langen Phase sehr niedriger Aktivität, in der es nur wenige Ausbrüche und Flecken gab. Sie unterliegt einem Fleckenzyklus, der im Mittel rund alle elf Jahre zu einer erhöhten Aktivität mit zahlreichen großen Sonnenflecken und zu heftigen Ausbrüchen führt, was auf Änderungen ihres globalen Magnetfelds zurückgeht. Die Astronomen erwarten, dass die Aktivität im Jahr 2013 wieder ein Maximum erreicht. Derzeit deuten aber alle Anzeichen darauf hin, dass es eher ein schwach ausgeprägtes Maximum mit mäßiger Aktivität wird. Aber die Sonne ist in diesen Dingen notorisch unberechenbar und immer für eine Überraschung gut.
Das Ereignis vom 7. Juni 2011 war zwar spektakulär anzusehen, es gehört jedoch eher der solaren Mittelklasse an. Dem Materieauswurf ging ein Strahlungsausbruch (englisch: flare) der Stärke M2 voraus. Derartige flares werden nach ihrer Stärke in die Klassen A, B, C, M und X eingestuft, wobei "A" die schwächste und "X" die stärkste Strahlungsklasse darstellen. Dabei beziehen sich diese Einstufungen auf die im Röntgenlicht freigesetzte Energie.
Ein Flare der Klasse X kann dagegen sehr heftige Materieauswürfe zur Folge haben. Sind diese dann direkt auf die Erde gerichtet, so erzeugen sie nicht nur spektakuläre Polarlichter, sondern können auch technische Einrichtungen im Weltraum und auf dem Erdboden empfindlich stören.
Die von der Sonne kommenden elektrisch geladenen Partikel verursachen Deformationen des Erdmagnetfelds, wodurch in elektrischen Leitern wie Metallen Ströme induziert werden. Diese können in Hochspannungsnetzen so groß werden, dass Kraftwerke und Umspannstationen durch Fehlerströme abschalten müssen, um Schlimmeres zu verhüten. Auch Satelliten sind durch heftige Sonnenstürme schon beschädigt worden oder endgültig ausgefallen, unter anderem der japanische Erderkundungssatellit ADEOS-2 im Jahre 2003. Aber vom Ausbruch vom 7. Juni 2011 ist all dies definitiv nicht zu befürchten.
Tilmann Althaus
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