News: Keine Einbahnstraße
Als zentrale Schaltstelle verarbeitet das Großhirn sämtliche einlaufende Sinneswahrnehmungen - so auch die von Schmerzen. Doch das Gehirn vermag noch mehr: Als Regulator steuert es die Empfindlichkeit und greift somit direkt in die Schmerzwahrnehmung ein.
Er genießt einen schlechten Ruf und ist dennoch überlebensnotwendig: Schmerz. Er warnt uns vor der Unbill des Alltags in Form von dornigen Pflanzen, beißenden Insekten oder heißen Herdplatten. Wird der Schmerz jedoch chronisch, dann hat er seine Warnfunktion verloren und kann schier unerträglich werden.
Wahrgenommen wird akuter Schmerz über spezialisierte Sinneszellen, den Nozizeptoren, die ihre Informationen über das Rückenmark an das Gehirn leiten, wo die Weiterverarbeitung erfolgt. Diese Schmerzbahn, die als reine Einbahnstraße beschrieben wird, kann jedoch chronische Schmerzen, bei denen die äußere Sinneswahrnehmung fehlt, nicht erklären. Wissenschaftler, wie Luc Jasmin von der University of California in San Francisco, vermuten daher, dass die Ursachen chronischer Schmerzen in der zentralen Schaltstelle, also im Großhirn, zu suchen sind.
Zusammen mit seinen Kollegen konzentrierte sich Jasmin auf einen kleinen Bereich der Großhirnrinde, der unter dem Namen RAIC (rostral agranular insular cortex) bekannt ist. Er zählt zu den Arealen des Gehirns, die unmittelbar an der Verarbeitung von Schmerzreizen beteiligt sind. Da hier ein bestimmter Neurotransmitter in hoher Konzentration auftaucht, nämlich die gamma-Aminobuttersäure, kurz GABA, vermuteten die Forscher in dieser Substanz den Schlüssel der Schmerzempfindung.
Um diese Vermutung nachzuweisen, erhöhten die Wissenschaftler die GABA-Konzentration im RAIC von Ratten, indem sie den enzymatischen Abbau des Neurotransmitters durch Chemikalien verzögerten. Die Folgen waren dramatisch: Die Ratten konnten heiße Oberflächen mit ihren Pfoten nicht mehr wahrnehmen, ihr Schmerzempfinden war drastisch reduziert.
Eine bis zu zehn Tagen anhaltende Schmerzunempfindlichkeit konnten die Forscher erreichen, als sie in die Hirnregion das Gen GAD 67 einbauten, das die Produktion von GABA fördert. Offensichtlich hemmt der Neurotransmitter, der auch in anderen Hirnarealen Nervenzellen stilllegt, tatsächlich die Schmerzverarbeitung.
Wie geschieht das? Anatomische Untersuchungen des RAICs zeigten, dass die Nervenzellen dieser Hirnregion ihre Fortsätze zu einem bestimmten Bereich im tiefer liegenden Stammhirn senden. Das wegen seiner bläulichen Färbung Locus coeruleus genannte Areal führt weitere Nervenbahnen zurück zum Rückenmark. Damit wäre die Schmerzbahn keine Einbahnstraße: Die absteigenden Nerven können vielmehr die Schmerzempfindung ausschalten.
Doch damit nicht genug. Wie die Forscher entdeckten, kommen im RAIC zwei Nervenzelltypen mit unterschiedlichen Rezeptoren für GABA vor: Erstere, mit dem Rezeptor GABAA, senden ihre Axone zum Locus coeruleus, während letztere den Rezeptor GABAB besitzen und mit der Amygdala verknüpft sind, der zentralen Schaltstelle für Gefühle.
Als die Neurobiologen den Rezeptor GABAB gezielt blockierten, reagierten ihre Versuchstiere wieder auf Schmerzreize. GABA konnte nicht mehr an den Rezeptor binden und seine hemmende Wirkung auf die Amygdala entfalten.
"Dies zeigt, dass die Veränderung der Schmerzschwelle über zwei Systeme läuft, mit gegenseitigem Effekt", erklärt Arbeitsgruppenleiter Peter Ohara. "Wenn die Aktivität des Locus coeruleus zunimmt, dann steigt die Schmerzunempfindlichkeit. Wenn dagegen die Aktivität der Amygdala zunimmt, treten Schmerzen auf."
Damit vermag das Gehirn über ein ausgeklügeltes Gleichgewicht die Schmerzempfindlichkeit des Körpers zu regulieren. Ist dieses Gleichgewicht gestört, dann wird die Schmerzbahn wieder zur Einbahnstraße, quälende chronische Schmerzen können die Folge sein.
Wahrgenommen wird akuter Schmerz über spezialisierte Sinneszellen, den Nozizeptoren, die ihre Informationen über das Rückenmark an das Gehirn leiten, wo die Weiterverarbeitung erfolgt. Diese Schmerzbahn, die als reine Einbahnstraße beschrieben wird, kann jedoch chronische Schmerzen, bei denen die äußere Sinneswahrnehmung fehlt, nicht erklären. Wissenschaftler, wie Luc Jasmin von der University of California in San Francisco, vermuten daher, dass die Ursachen chronischer Schmerzen in der zentralen Schaltstelle, also im Großhirn, zu suchen sind.
Zusammen mit seinen Kollegen konzentrierte sich Jasmin auf einen kleinen Bereich der Großhirnrinde, der unter dem Namen RAIC (rostral agranular insular cortex) bekannt ist. Er zählt zu den Arealen des Gehirns, die unmittelbar an der Verarbeitung von Schmerzreizen beteiligt sind. Da hier ein bestimmter Neurotransmitter in hoher Konzentration auftaucht, nämlich die gamma-Aminobuttersäure, kurz GABA, vermuteten die Forscher in dieser Substanz den Schlüssel der Schmerzempfindung.
Um diese Vermutung nachzuweisen, erhöhten die Wissenschaftler die GABA-Konzentration im RAIC von Ratten, indem sie den enzymatischen Abbau des Neurotransmitters durch Chemikalien verzögerten. Die Folgen waren dramatisch: Die Ratten konnten heiße Oberflächen mit ihren Pfoten nicht mehr wahrnehmen, ihr Schmerzempfinden war drastisch reduziert.
Eine bis zu zehn Tagen anhaltende Schmerzunempfindlichkeit konnten die Forscher erreichen, als sie in die Hirnregion das Gen GAD 67 einbauten, das die Produktion von GABA fördert. Offensichtlich hemmt der Neurotransmitter, der auch in anderen Hirnarealen Nervenzellen stilllegt, tatsächlich die Schmerzverarbeitung.
Wie geschieht das? Anatomische Untersuchungen des RAICs zeigten, dass die Nervenzellen dieser Hirnregion ihre Fortsätze zu einem bestimmten Bereich im tiefer liegenden Stammhirn senden. Das wegen seiner bläulichen Färbung Locus coeruleus genannte Areal führt weitere Nervenbahnen zurück zum Rückenmark. Damit wäre die Schmerzbahn keine Einbahnstraße: Die absteigenden Nerven können vielmehr die Schmerzempfindung ausschalten.
Doch damit nicht genug. Wie die Forscher entdeckten, kommen im RAIC zwei Nervenzelltypen mit unterschiedlichen Rezeptoren für GABA vor: Erstere, mit dem Rezeptor GABAA, senden ihre Axone zum Locus coeruleus, während letztere den Rezeptor GABAB besitzen und mit der Amygdala verknüpft sind, der zentralen Schaltstelle für Gefühle.
Als die Neurobiologen den Rezeptor GABAB gezielt blockierten, reagierten ihre Versuchstiere wieder auf Schmerzreize. GABA konnte nicht mehr an den Rezeptor binden und seine hemmende Wirkung auf die Amygdala entfalten.
"Dies zeigt, dass die Veränderung der Schmerzschwelle über zwei Systeme läuft, mit gegenseitigem Effekt", erklärt Arbeitsgruppenleiter Peter Ohara. "Wenn die Aktivität des Locus coeruleus zunimmt, dann steigt die Schmerzunempfindlichkeit. Wenn dagegen die Aktivität der Amygdala zunimmt, treten Schmerzen auf."
Damit vermag das Gehirn über ein ausgeklügeltes Gleichgewicht die Schmerzempfindlichkeit des Körpers zu regulieren. Ist dieses Gleichgewicht gestört, dann wird die Schmerzbahn wieder zur Einbahnstraße, quälende chronische Schmerzen können die Folge sein.
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