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News: Keine Nachtruhe

Noch ist es zu früh für die jährlichen Ozonwarnungen, die so manchem Sommerpicknick einen Strich durch die Rechnung machen. Neue Erkenntnis zeigen nun einen ausgeprägten Tag-Nacht-Rhythmus in den Konzentrationen des reizenden Gases.
Ozonkonzentrationen
102 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft wurden am sonnig-warmen Ostermontag in Heidelberg gemessen, heute, am trübgrauem Dienstag, sind es nur noch 73 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter. Keinerlei Grund zur Sorge jedenfalls – noch nicht. Denn mit den steigenden Temperaturen und Schönwetterlagen werden uns auch dieses Jahr sicher wieder die Ozonwarnungen im Radio begleiten: Bei Überschreiten von 180 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter muss die Bevölkerung laut EU-Richtlinie stündlich über den Stand der Dinge informiert werden; auf das Gas empfindlich reagierende Menschen sollten dann bezüglich körperlicher Aktivität etwas kürzer treten. 360 Mikrogramm pro Kubikmeter gelten als gesundheitsgefährlich, die entsprechende Warnungen der ganzen Bevölkerung erfordern. In Deutschland greift außerdem ein Fahrverbot für Fahrzeuge ohne Katalysator, wenn die Anzeige auf 240 Mikrogramm pro Kubikmeter klettert.

Bodennahes Ozon entsteht vor allem durch den so genannten Sommersmog: Stickoxide aus Industrie- und Verkehrsabgasen sowie flüchtige organische Substanzen ebenfalls aus menschgemachten Quellen reagieren unter Einfluss der Sonneneinstrahlung zu Ozon. Jene aus drei Sauerstoffatomen bestehende Verbindung, die uns in den Höhen der Stratosphäre als Ozonschicht vor UV-Strahlung schützt, sorgt am Boden bei Menschen für gereizte Atemwege und weitere Symptome. Außerdem schädigt es Nadeln und Blätter und mindert den Ernteertrag.

Grund genug also, sich genauestens mit dem reizenden Gas auseinander zu setzen. Und das rund um die Uhr, dachten sich wohl die Wissenschaftler um Steven Brown von der National Oceanic and Atmosheric Administration in den USA. Sie untersuchten den Tagesgang der Konzentrationen zweier Sommersmog-Beteiligten: des Nitrat-Radikals und des Distickstoffpentoxids. Beide entstehen vor allem nach Sonnenuntergang und beeinflussen daher das nächtliche Geschehen rund um das bodennahe Ozon [1].

Ihren Analysen auf einem Forschungsschiff vor der Küste Neuenglands zufolge entzogen die beiden Substanzen dem Gesamtsystem Stickoxide, indem sie selbst zu Salpetersäure reagieren, die sich in dieser marinen Umgebung schnell niederschlägt – und damit aber am Morgen nicht mehr zur neuerlichen Ozonbildung beiträgt. Dieser Waschgang über dem Meer sorgt damit ganz offensichtlich dafür, dass die Ozonwarnungen am nächsten Tag nicht noch höher ausfallen und müsste daher dringend in die Vorhersagemodelle integriert werden, fordern die Forscher.

Auch das Team um Renyi Zhang von der Texas A&M University beschäftigte sich mit nächtlicher Atmosphärenchemie, allerdings auf Basis von Simulationen und an anderem Orte: Houston in Texas, das aufgrund des riesigen Stadtgebietes und zahlreichen petrochemischen und anderen Industrieanlagen extrem mit Sommersmog zu kämpfen hat [2].

Ihre Berechnungen, die auf einer Septemberwoche mit extremer Ozonbelastung im Jahr 1993 beruhen, spiegeln die damals beobachtete extreme Konzentrationsschwankung im Tagesverlauf wider. Insbesondere die Abgase der petrochemischen Industrie, extrem reich an flüchtigen organischen Kohlenwasserstoffen, und das hohe Verkehrsaufkommen hatten zu den Maximalwerten am frühen Nachmittag geführt. Nachts jedoch bildete sich aufgrund der ständigen weiteren Emission von Stickoxiden ein ausgedehntes "Ozonloch" über dem Stadtgebiet, da das dazu zählende Stickstoffmonoxid mit dem Ozon zu Stickstoffdioxid und Sauerstoff reagierte.

Emissionsbegrenzungen, so mahnen die Forscher, sind daher ein wichtiger Schritt, das Ozonproblem in den Griff zu bekommen, da sie nicht nur das nachmittägliche Maximum entschärfen könnten, sondern auch die extreme Tagesschwankung abmildern würden. Ein Weg, der durchaus erfolgreich ist: In Deutschland ist der Ausstoß von Stickstoffoxiden zwischen 1990 und 2001 um 42 Prozent und der von flüchtigen Kohlenwasserstoffen um 50 Prozent zurückgegangen. Wer weiß, wie oft wir sonst ohne entsprechende emissionsbegrenzende Maßnahmen ein Sommerpicknick absagen müssten.
  • Quellen
[1] Geophysical Research Letters 10.1029/2004GL019412 (2004)
[2] Proceedings of the National Academy of Sciences 10.1073/pnas.0401484101 (2004)

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