Schädelkult : Kelten stellten sich Kopfmumien ins Zuhause
»Den gefallenen Feinden schlagen sie die Köpfe ab und hängen sie am Hals ihrer Pferde auf.« Sie waren wohl Ruhmeszeichen mit denen die Keltenkrieger in der Heimat die Erinnerung an ihre glorreichen Taten wachhielten. Das berichtet jedenfalls der griechische Geschichtsschreiber Diodorus Siculus im 1. Jahrhundert v. Chr. Außergewöhnliche Spuren dieses berüchtigten Schädelkults fanden Archäologen nun im südfranzösischen Le Cailar. Dort verehrten die Siegreichen allerdings wohl nicht nur die blanken Schädelknochen – sie scheinen vielmehr das Antlitz der Verstorbenen noch über längere Zeit konserviert zu haben, denn die Köpfe wurden offenbar fachgerecht mumifiziert.
Das berichten nun Forscher um Réjane Roure von der Universität in Montpellier im Fachblatt »Journal of Archaeological Science«. In den Knochenfragmenten aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. fanden sie Reste organischer Substanzen, bei denen es sich gaschromatografischen Untersuchungen zufolge wohl um eine Mischung aus Kiefern- oder Zedernharz und Pflanzenölen handelt. Solche Mixturen wirken antibakteriell und überdecken unangenehme Gerüche, die beim Verwesungsprozess entstehen. Die Archäologen vermuten daher, dass die Schädel damit einbalsamiert wurden: wahrscheinlich indem man sie zunächst darin eintauchte und während ihrer Nutzung mehrmals mit dem Konservierungsbalsam nachbehandelte.
Und noch weitere Indizien sprechen dafür, dass die Kelten die hohe Kunst des Mumifizierens beherrschten. An den Knochen fanden die Archäologen auffällige Schnittspuren. Diese, so vermuten die Forscher, hatten die keltischen Präparatoren hinterlassen, als sie durch die Öffnung an der Schädelbasis das Gehirn entfernten und die Zunge aus der Mundhöhle schabten: Weichteile, die bei der Haltbarmachung störten.
Auch die griechischen Chronisten erzählen von solchen Konservierungspraktiken. So schreibt neben Diodorus auch Strabo, dass die Gallier die Köpfe ihrer vornehmsten Feinde mit Zedernöl balsamierten. Handfeste Beweise für ein solches Vorgehen fehlten bisher – die neuen Untersuchungen legen nun aber nahe, dass die historischen Berichte wahrheitsgetreuer sind, als manch einer vielleicht vermutet hätte.
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