Primatenforschung: Kenne ich dich?
Beim Weggehen noch schnell einen Blick in den Spiegel geworfen - ja, die Krawatte sitzt, die Haare liegen ordentlich. Eine einfach alltägliche Handlung, kaum jemand wird einen Gedanken daran verschwenden, wen er da eigentlich ansieht - klar, sich selbst. Die meisten Tiere hingegen verwirrt ihr Ebenbild im Spiegel, sie halten es für einen fremden Artgenossen. Doch es gibt auch Ausnahmen.
Ein großer Graben geht durch das Tierreich. Auf der einen Seite steht die kleine Elite, die ihrer selbst bewusst ist: Der Mensch und die Menschenaffen, vermutlich auch Rabenvögel und Delfine – sie alle sind in der Lage, ihr Ebenbild im Spiegel als sie selbst zu identifizieren. Vielleicht zählen noch die Elefanten dazu, die sich zwar im Spiegel nicht unbedingt erkennen, aber sie zeigen – wie Delfine – kognitive Empathie und Hilfsbereitschaft gegenüber Ihresgleichen. Auf der anderen Seite des großen Grabens fristet das Gros der Tiere ihr Dasein im Dämmerlicht der Unkenntnis: Ihnen fehlt der Funken der Erkenntnis: Ihr Konterfei im Spiegel ist und bleibt ihnen ein Fremder.
Die Probe aufs Exempel machte jetzt Frans de Waal mit seinem Team von Yerkes National Primate Research Center in Atlanta. Die Wissenschaftler wollten wissen, ob Gehaubte Kapuzineraffen (Cebus apella) tatsächlich – wie allgemein angenommen – ihre Reflexion im Spiegel für einen Fremden halten. Diese Affenart erkennt sich nicht selbst im Spiegel, verfügt aber über ein großes Hirn und ist in kognitiven Leistungen den Schimpansen vergleichbar – ein guter Kandidat also für eine Zwischenstellung in Sachen Selbsterkenntnis.
De Waal und seine Kollegen setzten acht Weibchen und sechs Männchen für 15 Minuten in Versuchskästen, die den Tieren vertraut waren. Beim ersten Durchgang sahen die Tiere in der zweiten Käfighälfte hinter einem Gitter, das vor einer Plexiglasscheibe befestigt war, einen bekannten oder einen fremden Affen. Beim zweiten Durchgang war die Plexiglasscheibe durch einen Spiegel ersetzt, sodass für das Versuchstier die andere Raumhälfte den gleichen Eindruck machte wie zuvor – mit dem einzigen Unterschied, dass das Tier auf der anderen Seite des Gitters eben gar keines war, sondern nur das eigene Spiegelbild. Weibchen wurden dabei nur mit anderen Weibchen konfrontiert und Männchen ebenso nur mit einem gleichgeschlechtlichen Artgenossen.
Die Männchen verhielten sich weniger eindeutig, aber auch sie suchten mehr Augenkontakt mit ihrem gespiegelten Ebenbild. Zeitweise reagierten sie ihm gegenüber freundlich, manchmal zeigten sie sich von ihm aber auch gestresst. Fremden gegenüber waren sie zwar auch gelegentlich freundlich, häufiger aber aggressiv. Vertraute Männchen beachteten sie kaum.
Beide Geschlechter zeigten so eindeutige Verhaltensunterschiede zwischen den einzelnen Versuchsbedingungen, dass neutrale Beobachter, die den aktuellen Versuchsaufbau nicht kannten, problemlos erkennen konnten, ob das Kapuzineräffchen mit einem Spiegel, einem Fremden oder einem Bekannten konfrontiert war.
Die Primaten sahen auf den ersten Blick, dass das Spiegelbild kein normaler Fremder war – oder vielleicht sogar überhaupt kein Fremder. Dabei machten sie aber auch nicht den Eindruck, als würden sie erkennen, dass sie sich dort selber sahen. Aber sie zeigten sich sehr interessiert an dem Spiegel. Offenbar bemerkten sie einen Unterschied zwischen Realität und Spiegelwelt – von der Erkenntnis, dass sie sich im Spiegel selbst betrachten sind sie aber noch einen Schritt entfernt. Möglicherweise stehen Kapuzineraffen an einer schmalen Stelle des Grabens zwischen Unwissen und Selbsterkenntnis und recken ihre Arme nach der anderen Seite.
So zumindest das Credo einiger Experten. Andere betrachten den Graben nicht als ganz so breit. Für sie ist die Selbsterkenntnis im Spiegel nur der Endpunkt eines allmählichen Übergangs. Sie sind der Ansicht, dass – ähnlich wie bei der Entwicklung des Babys zum Kind – schon ein Selbstkonzept bestehen kann, bevor sich das Tier im Spiegel tatsächlich selbst identifiziert. Eine solche Zwischenposition könnten Affen einnehmen: So ist Makaken nicht klar, dass sie es selbst sind, den sie im Spiegel sehen, aber sie drehen sich nach Personen um, die sie in diesem entdeckt haben. Sollten sie sich also von dem Gros der Unbewussten abheben und einen anderen Bewusstseinsstand haben als das Rotkelchen, das beharrlich sein Spiegelbild in der Fensterscheibe attackiert?
Die Probe aufs Exempel machte jetzt Frans de Waal mit seinem Team von Yerkes National Primate Research Center in Atlanta. Die Wissenschaftler wollten wissen, ob Gehaubte Kapuzineraffen (Cebus apella) tatsächlich – wie allgemein angenommen – ihre Reflexion im Spiegel für einen Fremden halten. Diese Affenart erkennt sich nicht selbst im Spiegel, verfügt aber über ein großes Hirn und ist in kognitiven Leistungen den Schimpansen vergleichbar – ein guter Kandidat also für eine Zwischenstellung in Sachen Selbsterkenntnis.
De Waal und seine Kollegen setzten acht Weibchen und sechs Männchen für 15 Minuten in Versuchskästen, die den Tieren vertraut waren. Beim ersten Durchgang sahen die Tiere in der zweiten Käfighälfte hinter einem Gitter, das vor einer Plexiglasscheibe befestigt war, einen bekannten oder einen fremden Affen. Beim zweiten Durchgang war die Plexiglasscheibe durch einen Spiegel ersetzt, sodass für das Versuchstier die andere Raumhälfte den gleichen Eindruck machte wie zuvor – mit dem einzigen Unterschied, dass das Tier auf der anderen Seite des Gitters eben gar keines war, sondern nur das eigene Spiegelbild. Weibchen wurden dabei nur mit anderen Weibchen konfrontiert und Männchen ebenso nur mit einem gleichgeschlechtlichen Artgenossen.
Die Kapuzinerdamen begegneten ihrem Spiegelbild freundlich: Sie suchten häufigen Augenkontakt und schmatzten freundlich mit den Lippen. Deutlich reservierter zeigten sie sich Fremden gegenüber: Mit ihnen vermieden sie direkten Augenkontakt und warfen ihnen stattdessen nur versteckte Blicke zu. Mütter mit Babys hielten diese näher bei sich als in der Gegenwart des Spiegelbildes. Befanden sich in der zweiten Käfighälfte bekannte Artgenossen, beachteten die Versuchstiere diese kaum.
Die Männchen verhielten sich weniger eindeutig, aber auch sie suchten mehr Augenkontakt mit ihrem gespiegelten Ebenbild. Zeitweise reagierten sie ihm gegenüber freundlich, manchmal zeigten sie sich von ihm aber auch gestresst. Fremden gegenüber waren sie zwar auch gelegentlich freundlich, häufiger aber aggressiv. Vertraute Männchen beachteten sie kaum.
Beide Geschlechter zeigten so eindeutige Verhaltensunterschiede zwischen den einzelnen Versuchsbedingungen, dass neutrale Beobachter, die den aktuellen Versuchsaufbau nicht kannten, problemlos erkennen konnten, ob das Kapuzineräffchen mit einem Spiegel, einem Fremden oder einem Bekannten konfrontiert war.
Die Primaten sahen auf den ersten Blick, dass das Spiegelbild kein normaler Fremder war – oder vielleicht sogar überhaupt kein Fremder. Dabei machten sie aber auch nicht den Eindruck, als würden sie erkennen, dass sie sich dort selber sahen. Aber sie zeigten sich sehr interessiert an dem Spiegel. Offenbar bemerkten sie einen Unterschied zwischen Realität und Spiegelwelt – von der Erkenntnis, dass sie sich im Spiegel selbst betrachten sind sie aber noch einen Schritt entfernt. Möglicherweise stehen Kapuzineraffen an einer schmalen Stelle des Grabens zwischen Unwissen und Selbsterkenntnis und recken ihre Arme nach der anderen Seite.
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