Sternexplosionen: Keplers Supernova in neuem Licht
Als der deutsche Astronom Johannes Kepler am 17. Oktober 1604 ein neues Leuchten am Nachthimmel wahrnahm, das sogar heller als das des Jupiter war, verfasste er darüber ein Buch mit dem Titel "Über den neuen Stern im Fuß des Schlangenträgers". Mit diesem Titel lag er allerdings nur teilweise richtig – denn bei dem strahlenden Himmelskörper handelte es sich streng genommen um gar keinen Stern, sondern um eine Supernova.
408 Jahre nach Keplers Beobachtungen wissen wir das, und haben ihr seinen Namen verliehen. Es ist auch bekannt, dass es sich um eine Supernova vom Typ Ia handelt. Das bedeutet, dass sie aus einem Doppelsystem entstanden ist. In diesem umkreisen ein Stern und ein Weißer Zwerg ihren gemeinsamen Schwerpunkt, wobei der Weiße Zwerg den ausgebrannten Überrest eines ehemals sonnenähnlichen Sterns darstellt. Aufgrund der Schwerkraft entzieht er seinem Begleiter Materie und sammelt diese auf seiner Oberfläche an. Dieser Prozess läuft allerdings nur ab, bis er eine bestimmten Massengrenze, das sogenannte Chandrasekhar-Limit, erreicht hat. Überschreitet der Weiße Zwerg dieses Limit, so explodiert er als Supernova.
Während all diese Tatsachen mehr oder weniger als gesichert gelten, sind einige grundlegende Eigenschaften von Keplers Supernova überhaupt nicht bekannt – wie zum Beispiel ihre Entfernung zur Erde, die bisher lediglich auf rund 13 000 bis 23 000 Lichtjahre geschätzt werden konnte.
Mit Hilfe von Beobachtungen des NASA-Weltraumteleskops Chandra im Röntgenbereich des elektromagnetischen Spektrums haben der Astrophysiker Daniel Patnaude und Kollegen nun Computersimulationen erstellt, mit der sie die Entfernung und genaueren Abläufe der Supernova-Explosion untersucht haben. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in einem in der Fachzeitschrift "The Astrophysical Journal" erschienenen Artikel.
Chandra konnte Details des Röntgenspektrums der Explosion aufnehmen, die sich bis heute in das interstellare Medium ausbreitet. Normalerweise sind die Überreste einer solchen Explosion sehr symmetrisch, also kugelförmig um den Ursprung verteilt. Keplers Supernova weist allerdings einen im Röntgensektrum hellen Bogen in nördlichen Bereich auf. Das bedeutet, dass sich der Supernova-Überrest offensichtlich nicht ungehindert ausbreiten kann und stattdessen mit dem interstellaren Medium wechselwirkt.
Die nun durchgeführten Computersimulationen liefern dafür zwei mögliche Erklärungen. Entweder hat das Doppelsternsystem schon vor der Explosion große Mengen von Materie in schnellen Sternwinden verloren. Diese Sternwinde haben dann eine Stoßwelle im interstellaren Gas ausgelöst. Andernfalls wäre es auch möglich, dass sich in der Umgebung des Systems schon vorher eine Gaswolke befunden hat, deren Dichte mit wachsender Entfernung von der Supernova steigt und durch die sich die Überreste der Explosion nun ausbreiten.
In beiden Fällen kann die Entfernung von Keplers Supernova zur Erde genauer festgelegt werden. Im ersten Fall betrüge diese mehr als 23 000 Lichtjahre, im zweiten Fall rund 16 000 bis 20 000 Lichtjahre.
Darüber hinaus war die Supernova wohl energiereicher als bisher angenommen, so Patnaude und Kollegen. Darauf deutet ihr hoher Eisenanteil hin, auf den man aus den Daten schließen kann. Auch mehr als 400 Jahre nach ihrer Entdeckung ist Keplers Supernova also immer noch ein Gegenstand aktueller Forschung.
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