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News: Kern-Kraft

Die Kommandozentrale einer Zelle sitzt im Zellkern. Hier lagert die genetische Information - verschlüsselt in der DNA - und wird bei Bedarf abgerufen. Das Ablesen der Information löst eine eigene Maschinerie aus. Doch welcher Motor treibt diese Maschine an? Neuen Hinweisen zufolge arbeitet im Zellkern das gleiche 'Motormolekül', das auch im Muskel eingesetzt wird.
Vier Buchstaben bestimmen unser Leben: A, C, G, T. In der Reihenfolge der Basen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin der DNA ist die genetische Information festgelegt. Beim Ablesen der Information lagert sich das Enzym RNA-Polymerase an den DNA-Doppelstrang an, öffnet ihn und synthetisiert die Boten-RNA. Diese verlässt als Bauanleitung für Proteine den Zellkern und wandert ins Cytoplasma, wo ihre Informationen umgesetzt werden. Soweit ist der Prozess der Transkription bekannt. Unbekannt war bisher, wie der DNA-Strang geöffnet und durch die Enzym-Maschinerie geschleust wird.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern der University of Illinois in Chicago hat jetzt Myosin im Zellkern gefunden (Science vom 13. Oktober 2000). Myosin ist bereits seit den zwanziger Jahren als "molekularer Motor" bekannt – zusammen mit Actin gewährleistet es die Muskelbewegung. Bei der Muskelkontraktion binden Myosinfilamente an benachbarte Actinfilamente und gleiten aneinander vorbei, sodass der Muskel sich verkürzt.

Ähnliche Gleitbewegungen müssen auch bei der Transkription der DNA stattfinden. Auch hier gleitet ein Strang – die DNA – an einem Enzym – der RNA-Polymerase – vorbei. Es liegt also nahe, dass auch Myosin bei diesem Prozess beteiligt ist. Bisher konnte Myosin jedoch noch nie im Zellkern nachgewiesen werden. Die Chicagoer Wissenschaftler stießen mit ihrer Hypothese zunächst auf große Skepsis. "Es war ein harter Kampf, unsere Kollegen zu überzeugen", erinnert sich der Leiter der Arbeitsgruppe Primal de Lanerolle. Ihre Experimente mit Elektronenmikroskop und Antikörpermarkierungen weisen jedoch nicht nur die Existenz des "Molekülmotors" im Zellkern nach, sondern auch die Beteiligung an der RNA-Synthese.

Myosin zeigt sich damit als Universalmolekül der Zelle. "Wenn Ihr Herz schlägt, wenn Sie atmen, wenn Sie essen oder wenn Sie ein Baby bekommen", sagt de Lanerolle, "jedesmal, wenn Zellen sich bewegen oder sich teilen – Myosin ist dabei."

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