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Magnetfusion: Neue Technik könnte Fusionsreaktoren effizienter machen

Ausgefeilte Systeme halten das heiße Plasma in Fusionsreaktoren an Ort und Stelle. Eine neue Entdeckung macht kleinere und günstigere Reaktoren zur Energieerzeugung möglich.
Fusionsreaktor vom Typ Tokamak
In einem solchen donutförmigen Behälter wird das 100 Millionen Grad heiße Fusionsplasma in ein magnetisches Feld eingeschlossen. Der Divertor befindet sich in der kreisrunden Rinne am Boden. (Illustration)

Sie gilt als der Heilige Gral der Energieerzeugung: die Kernfusion. Gelänge es auf der Erde, die Sonne nachzustellen und in großem Stil Wasserstoffkerne zu Heliumkernen verschmelzen zu lassen, wären mit einem Schlag fast alle derzeitigen Energieprobleme gelöst. Nur ein Gramm Brennstoff könnte in einem Kraftwerk 90 000 Kilowattstunden Energie erzeugen – die Verbrennungswärme von rund elf Tonnen Kohle. Doch dazu sind extreme Bedingungen nötig. Es braucht Temperaturen von einigen Millionen Grad Celsius sowie ausgefeilte Technik, um das heiße Plasma zu kontrollieren. Bislang gelingt all das nur im Versuchsmaßstab – und ohne nennenswerte Energieausbeute.

Jetzt haben Forschende des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) ein Verfahren entwickelt, um den Abstand des heißen Plasmas zur Gefäßwand deutlich zu verringern – von 25 auf nun weniger als 5 Zentimeter. Das könnte den Bau kleinerer und günstigerer Fusionsreaktoren zur Energieerzeugung ermöglichen, berichten sie im Fachjournal »Physical Review Letters«.

»Wir setzen dafür gezielt den so genannten X-Punkt-Strahler ein – ein Phänomen, das wir vor etwa einem Jahrzehnt bei Experimenten entdeckt haben«, sagt IPP-Forscher Matthias Bernert laut einer Mitteilung des Instituts. Es handelt sich dabei um eine Besonderheit des in einem magnetischen Feld eingeschlossenen Fusionsplasmas. Um dem Plasma einen Großteil seiner Wärmeenergie zu entziehen, wird ihm Stickstoff zugesetzt. Dadurch wandelt sich die Wärmestrahlung in ultraviolettes Licht um. Überschreitet diese Verunreinigung einen bestimmten Wert, tritt der X-Punkt-Strahler auf. Es bildet sich dann ein kleines, dichtes, besonders stark im UV-Bereich strahlendes Volumen. »Die zugesetzte Verunreinigung bringt uns zwar etwas schlechtere Plasmaeigenschaften, aber wenn wir den X-Punkt-Strahler durch Variation des Stickstoffeintrags gezielt platzieren, können wir die Experimente bei höheren Leistungen betreiben, ohne die Anlage zu schädigen«, erklärt Bernert.

Da das Plasma näher an den Divertor rückt – eine Vorrichtung, die besonders hitzebeständig ist und dafür sorgt, dass die Wärme aus dem Plasma abgeführt wird –, lässt sich das Vakuumgefäß besser ausnutzen. Erste Rechnungen zeigten, so berichtet die Forschungsgruppe, dass sich bei optimaler Formung des Behälters fast eine Verdopplung des Plasmavolumens erreichen ließe – bei gleich bleibenden Maßen. Damit würde auch die erzielbare Fusionsleistung steigen. Doch das müssen die Wissenschaftler erst in weiteren Experimenten verifizieren.

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