Direkt zum Inhalt

News: Kernphysik mit dem Laser

Obwohl Kernphysiker sich mit den winzigen Bausteinen der Materie beschäftigen, benötigen sie für ihre Experimente gigantische Apparaturen. Die kosten natürlich eine Menge Geld, und so ist die Meßzeit an den Teilchenbeschleunigern entsprechend knapp. Vielleicht bietet sich demnächst ein alternativer Versuchsaufbau an: Zum ersten Mal ist es Physikern gelungen, mit extrem leistungsstarken Lasern Kernreaktionen anzustoßen - darunter die Spaltung von Uran. Die nächste Generation Laser könnte bald ihr Licht der Erkenntnis auf dunkle Fragen der Kernphysik werfen, die aus Kostengründen bislang eher stiefmütterlich behandelt wurden.
Bereits vor zehn Jahren haben Theoretische Physiker erkannt, daß genügend leistungsstarke Laser nicht nur die Elektronen eines Atoms, sondern indirekt auch dessen Kern beeinflussen können. Allerdings gab es damals keine Lichtquelle, welche in der Lage war, die nötige Energie aufzubringen. Jetzt berichten gleich zwei voneinander unabhängige Arbeitsgruppen in den Physical Review Letters vom 31. Januar 2000, wie sie mit Laserlicht Atomkerne gespalten und bei verschiedenen Elementen Kernreaktionen ausgelöst haben.

Am Lawrence Livermore National Laboratory beschoß ein Team um Thomas Cowan ein Ziel aus festem Gold mit einem relativ schwachen Laser. Die Probe war auf einer Kupferhalterung angebracht, welche außerdem Uran enthielt. Durch das Licht lösten sich Elektronen aus dem Gold heraus, es entstand ein Plasma. Darauf lenkten die Forscher das intensive Infrarotlicht des ersten Petawatt-Lasers der Welt. Mit seiner Leistung von 1015 Watt – moderne Kernkraftwerke liefern etwa 109 Watt – konzentriert er eine Energie von 260 Joule in Lichtpulsen, die nur 0,5 Pikosekunden (5*10-13 Sekunden) andauern. Das beschleunigte die Elektronen des Plasmas so stark, daß sie Bremsstrahlung in Form von Gammastrahlung aussandten, die wiederum energiereiche Neutronen aus den Gold- und Kupferkernen freisetzte.

Neben anderen Reaktionen spalteten die Neutronen Kerne von Uran-238. Cowans Team konnte eine Reihe von Gold-, Kupfer- und anderen Isotopen nachweisen, deren Mengen gut mit Berechnungen übereinstimmten, die sie aufgrund der Elektronenenergien aufgestellt hatten. "Jetzt kann man mit Lasern das machen, was früher nur mit Beschleunigern möglich war", sagt Cowan.

Ganz ähnliche Resultate erzielte eine Gruppe um K.W.D. Ledingham am Rutherford Appleton Laboratory in Oxfordshire, Großbritannien. Die Leistung ihres Vulcan-Lasers lag mit 50 Terawatt (5*1013 Watt) allerdings niedriger. Das Primärziel bestand aus Tantal, dahinter befanden sich in den einzelnen Versuchen Kalium, Zink, Silber und Uran, das auch diesmal gespalten wurde.

John Dawson von der University of California in Los Angeles zufolge leiten die Ergebnisse eine neue Klasse von Experimenten in der Kernphysik ein. Seiner Ansicht nach lassen sich mit der Methode die Wechselwirkungen von Gammastrahlen-Photonen untereinander ebenso studieren wie die Physik von Elektron-Positron-Plasmen. Und vor allem könnten Laser für Experimente eingesetzt werden, die bislang in die zweite Reihe geschoben wurden, weil die noch notwendigen Teilchenbeschleuniger für wichtigere Versuche genutzt werden.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.