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Antibiotika: Kieselalgen vergiften ihre Nachbarn im Morgengrauen

Kieselalgen haben die unterschiedlichsten Formen

Sämtliche natürliche oder künstliche Oberflächen aus allen Materialien werden im Meer innerhalb kürzester Zeit von Mikroorganismen besiedelt. Dies verursacht uns Menschen Kosten für laufend anfallende Reinigungsmaßnahmen etwa von Schiffsrümpfen, unter marinen Algen und Mikroben sorgt es aber für einen Verteilungskampf auf Leben und Tod um die begrenzte Siedlungsfläche. Einige Organismen greifen dabei zu drastischen Waffen: Sie produzieren eine Reihe hochgiftiger Substanzen, um benachbarte Siedlerkonkurrenz abzutöten, berichten Forscher um Bart Vanelslander von der Universität Gent in Belgien.

Das Team hatte sich dafür interessiert, warum die als Biofilme bezeichneten Mikroorganismenmatten der Meere bei Weitem nicht immer gleichmäßig anwachsen, sondern darin in unvorhersehbaren Abständen immer wieder plötzlich auch auf dünn besiedelten Lichtungen auftreten können. Als Auslöser identifizierten die Forscher nun Kieselalgen wie Nitschia cf pellucida, einen häufigen Biofilmsiedler, der größere Mengen an flüchtigen Komponenten freisetzt. Analysen belegen, dass zu diesen Substanzen eine Reihe sehr giftiger Halogenkohlenwasserstoffe gehören, zum Beispiel das toxische Bromcyan.

Das Gift hemmt das Wachstum von konkurrierenden Algen und tötet sie auch in niedriger Konzentration schon innerhalb eines Tages. N. cf pellucida selbst ist zwar nicht gänzlich gegen das der Blausäure ähnliche Toxin immun, erträgt aber höhere Konzentrationen, wie die Forscher ermittelten – warum, ist allerdings noch unklar. Die Produktion des Giftstoffs durch die Alge ist allerdings lichtabhängig: Sie beginnt immer kurz nach einem ersten Lichtreiz nach einer Dunkelphase. In freier Wildbahn dürfte daher Bromcyan von der Giftmischeralge immer kurz nach Sonnenaufgang freigesetzt werden – und ihr den Lebensraum frei legen, der nachts von der Konkurrenz übernommen worden war.

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