Karthago: Kinderopfer nur ein Gerücht?
Das Alte Testament sowie griechische und römische Chronisten zeichnen von den Karthagern ein grausames Bild: Auf dem Scheiterhaufen sollen sie regelmäßig ihre erstgeborenen Söhne den Göttern dargebracht haben. Doch die Knochen von einer der angeblichen Kultstätten entkräften dieses Jahrtausende alte Gerücht.
Die eingeäscherten Kleinkinder waren in Urnen abseits des regulären Friedhofs der Stadt zusammen mit Tieren begraben worden. Daher nahmen viele Forscher bislang an, dass es sich hier um ein "Tofet" – eine kombinierte Opfer- und Begräbnisstätte – handelte. Der neue Befund spricht nun vielmehr für eine hohe Kindersterblichkeit, wie sie für jene Zeit auch für Rom oder Pompeji belegt ist.
Antike Berichte – und im Falle Karthagos insbesondere die römischen Chroniken – sind mitnichten immer verlässlich: Oft wurden Schilderungen aus dem Feindesland zum Zweck der Propaganda übertrieben oder verfälscht. Rom und Karthago waren ab dem dritten vorchristlichen Jahrhundert schließlich Kontrahenten im Kampf um die Vorherrschaft rund ums Mittelmeer.
Nicole Mai
Anthropologen um Jeffrey Schwartz von der University of Pittsburgh hatten die Schädel, Zähne, Hüft- und Röhrenknochen von 540 auf einem Friedhof vor Karthago beerdigten Kleinkinder vermessen – und schlussfolgern nun: Die meisten der Kinder haben nicht einmal ihren ersten Geburtstag erlebt und waren somit nach Ansicht der Forscher für rituelle Opferungen noch zu jung. In den meisten Kulturen jedenfalls, in denen Kinder den Göttern geopfert wurden, galten Kinder erst ab einem oder zwei Jahren dafür reif genug. Etwa ein Fünftel der Kinder war zudem tot oder zu früh geboren – also aufgrund natürlicher Umstände gestorben.
Auch die Überlieferung antiker Quellen, wonach regelmäßig die erstgeborenen Söhne auf den Opferaltar mussten, konnten die Forscher widerlegen: Von 70 gefundenen Beckenknochen stammen nur 26 zweifelsfrei von Knaben.
Die eingeäscherten Kleinkinder waren in Urnen abseits des regulären Friedhofs der Stadt zusammen mit Tieren begraben worden. Daher nahmen viele Forscher bislang an, dass es sich hier um ein "Tofet" – eine kombinierte Opfer- und Begräbnisstätte – handelte. Der neue Befund spricht nun vielmehr für eine hohe Kindersterblichkeit, wie sie für jene Zeit auch für Rom oder Pompeji belegt ist.
Antike Berichte – und im Falle Karthagos insbesondere die römischen Chroniken – sind mitnichten immer verlässlich: Oft wurden Schilderungen aus dem Feindesland zum Zweck der Propaganda übertrieben oder verfälscht. Rom und Karthago waren ab dem dritten vorchristlichen Jahrhundert schließlich Kontrahenten im Kampf um die Vorherrschaft rund ums Mittelmeer.
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