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Krakenkindergarten: Oktopus-Babys schlüpfen an Tiefseequellen

Bilder und Filmaufnahmen zeigen dutzende Oktopusse, die ihre Eier umschlungen halten. Der Fund widerlegt die lang bestehende These, dass Tiefseequellen dem Nachwuchs schaden.
Tiefseeoktopusse, die sich um ihre Eier gewickelt haben.
Eigentlich sind Oktopusse ausgesprochene Einzelgänger. Doch am Seamount Dorado Outcrop brüten sie in Kolonien rund um Tiefseequellen.

Auf einem kleinen Tiefseeberg vor Costa Rica, dem etwa 12 Grad warmes Wasser entströmt, brüten Oktopusse ihre Babys aus. Aufnahmen eines ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugs zeigen Dutzende der wenige Zentimeter großen Tiere, die auf dem zerklüfteten Fels liegen und ihre Arme um die Pakete aus zylinderformigen Eiern schlingen. Außerdem beobachteten die Fachleute, die mit dem Forschungsschiff »Falkor« des Schmidt Ocean Institute den Tiefseeberg besuchten, frisch geschlüpfte Baby-Kraken. Der Ort ist nicht nur eine von lediglich drei bekannten Oktopus-Kinderstuben in der Tiefsee – die Entdeckung widerlegt auch eine frühere Hypothese, nach der die Tiefseequelle die Entwicklung der Embryos verhindert.

© Schmidt Ocean Institute
Video der Expedition zum Kraken-Kindergarten

Schon 2013 entdeckten Forschende auf dem Dorado Outcrop genannten Tiefseeberg eine Ansammlung von mehr als 100 der eigentlich einzelgängerisch lebenden Oktopusse. Doch in keinem der Eier sahen sie Embryos, und Babys waren auch nirgends zu finden. Das warme, sauerstoffarme Wasser behindere die Entwicklung der Eier, vermuteten die Wissenschaftler damals, und die Kraken seien eine dem Untergang geweihte Teilpopulation. Die aktuelle Beobachtung widerlegt diese Annahme. Und nicht nur das: Wenige Tage später entdeckte man rund 30 Seemeilen entfernt eine weitere ähnliche Region mit brütenden Oktopussen.

Baby-Oktopus | Eine frisch geschlüpfte Oktopus-Larve. Bisher galt als fraglich, ob die Kraken in der Nähe der Tiefseequelle ihre Eier erfolgreich ausbrüten können.

Unklar ist, was die Tiere auf den kahlen Tiefseeberg lockt. Möglicherweise spielt das Wasser, das zuvor als Problem galt, die entscheidende Rolle dabei. Die im Vergleich zur umgebenden Tiefsee erhöhten Temperaturen könnten die Entwicklung des Nachwuchses befördern. Die Kraken auf dem Dorado Outcrop gehören vermutlich zu einer neue Spezies der Gattung Muusoctopus. Wie lange sie dort sitzen, ist nicht bekannt – womöglich aber mehrere Jahre. Während sich bei Flachwasserarten die Eier binnen weniger Monate entwickeln, sind die Lebensvorgänge in der Tiefsee deutlich verlängert. 2014 stellte eine Arbeitsgruppe vom Monterey Bay Aquarium Research Institute fest, dass der ähnlich große Tiefseeoktopus Graneledone boreopacifica insgesamt 53 Monate auf seinen Eiern sitzt. In dieser Zeit essen die Tiere nicht und bewachen ausschließlich ihre Brut. Diese wird dann auch ihre letzte sein: Wenn der Nachwuchs geschlüpft ist, sterben die Eltern.

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