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News: Klebrige Fänge

Seltsame Zusammenhänge bestehen: In Gebieten, in denen die Malaria wütet, scheinen sich teilweise gefährliche Gendefekte, wie beispielsweise die Sichelzellanämie, durchzusetzen - und einen Vorteil zu bringen. Eine weitere Mutation gibt neue Rätsel auf.
Rosette
Blaues Wasser, weißer Strand. Melanesien scheint wie ein Paradies. Jedoch ist diese Inselgruppe im Süd-Pazifik, zu der unter anderem Papua-Neuguinea, Neu-Kaledonien und die Fidschi-Inseln zählen, auch eine Region, in der die schwere Malaria tropica besonders heftig wütet.

Nun gibt es ein merkwürdiges Phänomen: Bereits vor zwanzig Jahren wurde eine Studie veröffentlicht, die behauptete, dass ein großer Anteil der Bewohner Melanesiens einen Defekt im CR1-Gen (Complement Receptor 1) besitze. Weder experimentelle Einzelheiten wurden genannt, noch wurden weitere Informationen gegeben, die diese Behauptung hätten stützen können.

Alexandra Rowe von der University of Edinburgh aber ließ diese Publikation nicht los: Konnte zwischen dem Auftreten von Malaria und dem Gendefekt ein Zusammenhang bestehen?

Normalerweise wächst und reift der Malaria-Erreger Plasmodium falciparum in roten Blutkörperchen. Infizierte Zellen werden daraufhin unbeweglich, was dazu führt, dass sie in den engen Blutgefäßen, den Kapillaren, hängen bleiben und den Blutfluss und somit die Sauerstoffversorgung blockieren. Eine Zerstörung der Organe ist letztendlich die Folge.

Außerdem veranlasst der Parasit die Zellen, das Protein PfEMP1 auf der Oberfläche zu präsentieren. Wie mit Fangarmen heftet sich die befallene Zelle über diesen Liganden an uninfizierte rote Blutkörperchen, die ihrerseits passende Rezeptoren haben. So entstehen Verklumpungen, so genannte Rosetten.

Eines dieser Empfänger-Moleküle ist besagtes CR1. Für den Fall, dass dieser Rezeptor, der normalerweise an der Regulation des Immunsystems beteiligt ist, die Ausbreitung des Parasiten fördert, sollten dann etwa die Menschen, denen dieser Rezeptor fehlt – wie die Melanesier –, vor der Krankheit geschützt sein?

Zusammen mit anderen Wissenschaftern verglich Rowe den CR1-Gehalt roter Blutkörperchen bei Bewohnern zweier Malariagebiete auf Papua-Neuguinea mit dem einer Kontrollgruppe in Edinburgh.

Während im heimatlichen Edinburgh eine durchschnittliche Zelle 786 Rezeptoren aufwies, stellten die Forscher bei den Bewohnern Papua-Neuguineas einen wesentlich geringeren Wert fest: Dort zeigten 79 Prozent der Blutkörperchen im Untersuchungsgebiet Madang und 55 Prozent in Neu-Irland weniger als 200 Rezeptoren. Damit hatten die Probanden sogar die niedrigste CR1-Zahl weltweit.

Weil die Rosettenbildung ein wichtiger Faktor beim Infektionsverlauf von Malaria ist, schlossen die Wissenschaftler, dass sich der Gendefekt bei einem so großen Bevölkerungsanteil als Schutz gegen Malaria durchgesetzt hat. Und mit CR1 haben die Forscher damit auch ein neues Malaria-Resistenzgen entdeckt, das besonders für die Medikament- und Impfstoffentwicklung von Bedeutung sein könnte.

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