News: Kleine Fehler mit großer Wirkung
Viele Materialien verlieren ihre nutzbringenden Eigenschaften, wenn ihre äußeren Abmessungen unter einen bestimmten Schwellenwert fallen. Dieser so genannte Size-Effekt, dessen Ursachen vielfältig sein können, behindert die weitere Miniaturisierung von elektronischen, elektromechanischen und elektrooptischen Bauelementen. Für eine besonders aussichtsreiche Klasse von Materialien, die ferroelektrischen Oxide, haben Wissenschaftler jetzt herausgefunden, weshalb dieser Size-Effekt eintritt.
Die ständig steigenden Anforderungen an elektronische Bauelemente bringen es mit sich, dass immer neue Materialien in die Silicium-Mikroelektronik eingeführt werden, mit denen man teils neuartige Funktionen anstrebt, teils physikalische Grenzen klassischer Materialien überwinden will. Da der Trend zur Miniaturisierung weiter anhält, müssen diese neuen Materialien von vornherein in sehr kleinen räumlichen Abmessungen eingesetzt werden. Diese liegen zumeist zwischen einigen wenigen und einigen Dutzend Nanometern. Doch die Eigenschaften der meisten Materialien hängen im Nanometerbereich stark von ihren äußeren Abmessungen ab, sodass ihre gewünschte Funktionalität unterhalb einer bestimmten Abmessungs-Schwelle verloren geht. Deshalb versucht die materialwissenschaftliche Grundlagenforschung, die Ursachen und Wirkungsmechanismen von Eigenschaftsänderungen bei verringerten äußeren Abmessungen, dem "Size-Effekt", detailliert aufzuklären.
Diese Herausforderung ist bei der Materialklasse der ferroelektrischen Oxide besonders akut, da diese Materialien in einem außergewöhnlich breiten Spektrum moderner elektronischer, elektromechanischer und elektrooptischer Bauelemente eingesetzt werden, aber gerade im Nanometerbereich ihre funktionsbestimmenden Eigenschaften verlieren können. Materialien dieser Art sind beispielsweise Bleizirkonat-Titanat, Strontiumwismut-Tantalat und Wismut-Titanat. Weil ferroelektrische Oxide binäre Signale speichern können, werden sie – in Kombination mit Silicium-Bauelementen – in dauerhaften "nichtflüchtigen" Speicherzellen eingesetzt, die ihre Information auch beim Abschalten der Versorgungsspannung nicht verlieren.
Gelänge es nun, nichtflüchtige Speicherzellen mit einer Datendichte von mehreren Milliarden Bit pro Quadratzentimeter herzustellen, könnten die Arbeitsspeicher von Personalcomputern wesentlich verbessert werden. Das zeit- und stromraubende Booten der Computer und das langsame Speichern der Daten auf der Festplatte würden dann der Vergangenheit angehören. Voraussetzung dafür ist aber eine Miniaturisierung der Speicherzellen bis in Dimensionen von wenigen Dutzend Nanometern. Die Frage, warum die ferroelektrischen Oxide unterhalb einer bestimmten Nanometer-Schwelle ihre Speichereigenschaften verlieren, ist daher zur Zeit von besonders großer Bedeutung. Weltweit arbeiten Festkörperphysiker daran, ohne dass bisher ein einheitliches Bild über die Ursachen der Size-Effekte in ferroelektrischen Oxiden entstanden wäre.
Einer Arbeitsgruppe um Ming-Wen Chu, Marin Alexe und Dietrich Hesse am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle ist es nun gelungen, einen bisher nicht beachteten Mechanismus für den ferroelektrischen Size-Effekt aufzufinden. Die Forscher konnten zeigen, dass bestimmte, kaum ein Zehntel Nanometer dicke, linienförmige Baufehler des Kristallgitters, die sich an der Grenzfläche zwischen kleinen, rund zehn Nanometer dünnen Bleizirkonat-Titanat-Inseln und der Strontiumtitanat-Unterlage ausbilden, ganz wesentlich zum Verlust der Speichereigenschaften dieser Inseln führen können.
Mit Hilfe der hochauflösenden Elektronenmikroskopie haben die Wissenschaftler erkannt, dass jeder dieser – als "Gitterfehlpassungsversetzung" bezeichneten – Baufehler einen etwa 20 bis 50 Nanometer langen "Materialschlauch" des ferroelektrischen Oxids von ungefähr acht mal vier Nanometer Querschnittsfläche so stark verformt, dass das Material dort seine Speichereigenschaften verliert. Ist die ferroelektrische Insel so klein, dass ihr Volumen zu einem großen Teil aus derart verzerrten Materialschläuchen besteht, hat sie keinerlei Speichereigenschaften mehr. Die Ausbildung solcher Baufehler muss also strikt vermieden werden, wenn ferroelektrische Oxide mit Abmessungen im Nanometerbereich eingesetzt werden und dabei ihre Speichereigenschaften behalten sollen.
"Ein in der Halbleiterphysik seit langem bekanntes Problem, nämlich die störende Wirkung von Gitterfehlpassungsversetzungen auf die optischen und elektronischen Eigenschaften von Halbleiter-Nanostrukturen, hat sich überraschenderweise nun auch für die Speicherfähigkeit ferroelektrischer Nanostrukturen als relevant herausgestellt", kommentiert Ulrich Gösele, Direktor und Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik. "Diese Entdeckung eröffnet neue Möglichkeiten, um bestimmte Materialkombinationen gezielt für den Einsatz ferroelektrischer Oxide in miniaturisierten Speicherbauelementen auszuwählen."
Diese Herausforderung ist bei der Materialklasse der ferroelektrischen Oxide besonders akut, da diese Materialien in einem außergewöhnlich breiten Spektrum moderner elektronischer, elektromechanischer und elektrooptischer Bauelemente eingesetzt werden, aber gerade im Nanometerbereich ihre funktionsbestimmenden Eigenschaften verlieren können. Materialien dieser Art sind beispielsweise Bleizirkonat-Titanat, Strontiumwismut-Tantalat und Wismut-Titanat. Weil ferroelektrische Oxide binäre Signale speichern können, werden sie – in Kombination mit Silicium-Bauelementen – in dauerhaften "nichtflüchtigen" Speicherzellen eingesetzt, die ihre Information auch beim Abschalten der Versorgungsspannung nicht verlieren.
Gelänge es nun, nichtflüchtige Speicherzellen mit einer Datendichte von mehreren Milliarden Bit pro Quadratzentimeter herzustellen, könnten die Arbeitsspeicher von Personalcomputern wesentlich verbessert werden. Das zeit- und stromraubende Booten der Computer und das langsame Speichern der Daten auf der Festplatte würden dann der Vergangenheit angehören. Voraussetzung dafür ist aber eine Miniaturisierung der Speicherzellen bis in Dimensionen von wenigen Dutzend Nanometern. Die Frage, warum die ferroelektrischen Oxide unterhalb einer bestimmten Nanometer-Schwelle ihre Speichereigenschaften verlieren, ist daher zur Zeit von besonders großer Bedeutung. Weltweit arbeiten Festkörperphysiker daran, ohne dass bisher ein einheitliches Bild über die Ursachen der Size-Effekte in ferroelektrischen Oxiden entstanden wäre.
Einer Arbeitsgruppe um Ming-Wen Chu, Marin Alexe und Dietrich Hesse am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle ist es nun gelungen, einen bisher nicht beachteten Mechanismus für den ferroelektrischen Size-Effekt aufzufinden. Die Forscher konnten zeigen, dass bestimmte, kaum ein Zehntel Nanometer dicke, linienförmige Baufehler des Kristallgitters, die sich an der Grenzfläche zwischen kleinen, rund zehn Nanometer dünnen Bleizirkonat-Titanat-Inseln und der Strontiumtitanat-Unterlage ausbilden, ganz wesentlich zum Verlust der Speichereigenschaften dieser Inseln führen können.
Mit Hilfe der hochauflösenden Elektronenmikroskopie haben die Wissenschaftler erkannt, dass jeder dieser – als "Gitterfehlpassungsversetzung" bezeichneten – Baufehler einen etwa 20 bis 50 Nanometer langen "Materialschlauch" des ferroelektrischen Oxids von ungefähr acht mal vier Nanometer Querschnittsfläche so stark verformt, dass das Material dort seine Speichereigenschaften verliert. Ist die ferroelektrische Insel so klein, dass ihr Volumen zu einem großen Teil aus derart verzerrten Materialschläuchen besteht, hat sie keinerlei Speichereigenschaften mehr. Die Ausbildung solcher Baufehler muss also strikt vermieden werden, wenn ferroelektrische Oxide mit Abmessungen im Nanometerbereich eingesetzt werden und dabei ihre Speichereigenschaften behalten sollen.
"Ein in der Halbleiterphysik seit langem bekanntes Problem, nämlich die störende Wirkung von Gitterfehlpassungsversetzungen auf die optischen und elektronischen Eigenschaften von Halbleiter-Nanostrukturen, hat sich überraschenderweise nun auch für die Speicherfähigkeit ferroelektrischer Nanostrukturen als relevant herausgestellt", kommentiert Ulrich Gösele, Direktor und Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik. "Diese Entdeckung eröffnet neue Möglichkeiten, um bestimmte Materialkombinationen gezielt für den Einsatz ferroelektrischer Oxide in miniaturisierten Speicherbauelementen auszuwählen."
© Max-Planck-Gesellschaft
Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ist eine vorwiegend von Bund und Ländern finanzierte Einrichtung der Grundlagenforschung. Sie betreibt rund achtzig Max-Planck-Institute.
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