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News: Kleine Kugeln mit großer Wirkung

Nervenzellen lassen sich nicht so ohne weiteres zum Wachstum überreden. Haben sie einmal ihre Position im Nervensystem gefunden, tut sich nur noch wenig bei ihnen - zum Leidwesen der Mediziner, möchten sie doch gerne Erkrankungen heilen, bei denen Teile des Nervensystems zerstört sind. Jetzt gelang es Wissenschaftlern, die Neubildung von Nervenzellen auszulösen, indem sie kleine Kunstoffkügelchen mit einem Wachstumsfaktor in das Zielgewebe implantierten.
Schon lange suchen Wissenschaftler nach Methoden, um zerstörte Nervenzellen, beispielsweise bei der Alzheimer-Krankheit, wieder ersetzen zu können. Doch die Neuronen zeigen sich als äußerst hartnäckig. Nur widerwillig lassen sie sich nach der Embryonalentwicklung zum Sprießen anregen. Es gibt zwar ein Protein, welches das Wachstum von Neuronen fördert – und daher NGF (nerve growth factor) genannt wird -, es lässt sich jedoch nur schwer am unmittelbaren Ort des Geschehens einsetzen. Spritzt man es ins Blut, dann überschwemmt NGF den ganzen Körper und kann an unerwünschten Stellen ein krankhaftes Wachstum auslösen.

Auf der Suche nach einer gezielten Dosierung von NGF vor Ort bauten Melissa Mahoney und Mark Saltzman von der Cornell University ein Vehikel für den Wachstumsfaktor. Es bestand aus winzigen porösen Polymerkügelchen mit einem Durchmesser von einem halben bis sieben Mikrometer, die sie mit NGF füllten. Als Marker packten die Wissenschaftler zusätzlich einen Fluoreszenzfarbstoff in die Mikrokugeln. Dann implantierten sie fötale Hirnzellen zusammen mit den gefüllten Kügelchen in Rattenhirne. Die Transportbehälter sollten ihren Inhalt zunächst sofort und danach kontinuierlich über einen Zeitraum von zwei Wochen freigeben. Die Kontrolltiere erhielten dagegen die implantierten Zellen zusammen mit leeren Kugeln.

Es zeigte sich, dass das NGF seine Arbeit vor Ort erledigte: Das transplantierte Nervengewebe wuchs heran und bildete neue Verbindungen mit den vorhandenen Hirnzellen. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass die implantierten Zellen das Enzym Cholinacetyltransferase bildeten, das für die Produktion des Neurotransmitters Acetylcholin notwendig ist. Das von den Kügelchen freigesetzte NGF blieb dabei hauptsächlich in unmittelbarer Nähe und drang nur zu geringen Teilen in andere Hirnregionen vor.

Die Wissenschaftler hoffen, dass sie ihre Mikrokugeln auch mit anderen Stoffen füllen können, die beispielsweise das Wachstum der Axone steuern. Vielleicht ließen sich hiermit auch Antikörper gegen Substanzen, welche die Myelinscheiden der Nervenzellen zerstören, direkt vor Ort einsetzen.

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