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News: Kleine Maus ganz groß

Von vielen Pflanzen und auch von einigen Fischen und Reptilien ist bekannt, daß sie gelegentlich statt der üblichen zwei Chromosomensätze vier enthalten - ein Phänomen, das Tetraploidie genannt wird. Mit der größeren Menge an genetischem Material können sie sich schneller und besser an schwierige Umweltbedingungen anpassen und neue Lebensräume besiedeln. Bei Säugetieren führt eine Vervielfältigung der Chromosomen im allgemeinen zu Unfruchtbarkeit, oder die Embryonen sterben bereits im Mutterleib ab. Wissenschaftler haben nun aber das erste Säugetier entdeckt, welches einen tetraploiden Chromosomensatz aufweist. Es handelt sich dabei um ein kleines Nagetier aus Südamerika mit dem Namen Tympanoctomys barrerae .
Milton Gallardo von der Universidad Austral de Chile entdeckte die Besonderheit des kleinen Nagers während einer Revision der Familie Octodontidae (Trugratten), die zu den Meerschweinchenverwandten gehören. Erstaunlicherweise hatten die gerade einmal einhundert Gramm leichten Tiere 51 Chromosomenpaare, während normalerweise nur 26 Chromosomenpaare auftreten. Die Forscher untersuchten die Menge an Kern-DNA in Zellen von 31 Arten aus neun Nagetierfamilien und stellten fest, daß bei dieser Art ungefähr 17 Pikogramm DNA pro Zelle vorhanden sind. Die anderen Spezies wiesen mit acht Pikogramm dagegen nur die Hälfte davon auf, was dem durchschnittlichen DNA-Gehalt von Nagetierzellen und auch den meisten Säugetierzellen (sechs bis sieben Pikogramm) entspricht. Zusätzlich waren die Köpfe der Spermien von Tympanoctomys sehr groß, was darauf hindeutet, daß sie mehr DNA als eine normale Spermazelle eines Nagetiers enthalten. "Es ist einer der größten unter den Säugetieren", sagt Gallardo. Tierzüchter kennen solche Riesenspermazellen – meistens enthalten sie die doppelt soviele Chromosomen wie vorgesehen und sind unfruchtbar.

Gallardo, der seine Ergebnisse am 25. Juni 1999 auf der Versammlung "Evolution '99" vorgetragen hat, nimmt an, daß ein Vorfahre von Tympanoctomys barrerae irgendwann seinen Chromosomensatz verdoppelt hat. Bisher ist nicht geklärt, wie das geschehen konnte, da eine Vervielfältigung von DNA normalerweise zu Unfruchtbarkeit oder sogar zum Tod der Embryonen führt. Schuld daran sind die Abweichungen im Proteingehalt der Zellen oder eine ungerade Anzahl der Geschlechtschromosomen. Falls sich die Geschlechtschromosomen jedoch nicht verdoppelt haben – wie es hier der Fall zu sein scheint –, dann könnten sich die Tiere trotz der hohen DNA-Mengen noch weiter fortpflanzen. Warum sich die Geschlechtschromosomen nicht verdoppelt haben, weiß Gallardo allerdings nicht. Um endgültig nachzuweisen, daß die Tiere vier anstatt zwei Chromosomensätze haben, will er nun die einzelnen Chromosomen kennzeichnen und die Kopien zählen.

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