News: Kleine Umweltschützer
So beschreibt August Kekulé, wie er sich die Struktur des Benzolringes "erträumte". Fast einhundertfünfzig Jahre, nachdem der Chemiker 1865 die Strukturformel entdeckte, ist Benzol fast überall in der Umwelt verbreitet. Als ausgezeichnetes Lösungsmittel für viele organische Substanzen wurde es in großem Umfang in der chemischen Industrie eingesetzt. Doch leider ist es stark giftig: Es schädigt das Knochenmark und führt damit zu einen Zusammenbruch der Blutbildung. Bereits geringe Konzentrationen können beim Menschen Krebs auslösen. Wegen seiner hohen Giftigkeit hat die Industrie Benzol inzwischen weitgehend durch andere, weniger toxische Lösungsmittel ersetzt, im Benzin ist es jedoch nach wie vor vorhanden und gelangt so in die Luft, den Boden und das Grundwasser.
Auf der Suche nach einem wirksamen Mittel gegen das Umweltgift entdeckten Mikrobiologen bereits etliche Mikroorganismen, die in der Lage sind, aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol abzubauen. Sie tun das jedoch nur aerob, also wenn Sauerstoff zur Verfügung steht. Der anaerobe Abbau unter Luftabschluss erweist sich dagegen als schwierig. "Eines der großen Probleme belasteter Milieus ist der fehlende Sauerstoff", erklärt John Coates von der Southern Illinois University. "Ohne Sauerstoff verläuft der biologische Abbau von Benzol im Schneckentempo." Es gab zwar schon Hinweise, dass ein anaerober mikrobieller Abbau stattfinden kann, bisher fehlten jedoch die geeigneten Spezialisten aus der Welt der Bakterien.
Coates suchte zusammen mit seinen Kollegen nach diesen Spezialisten in verschiedenen Fluss- und Seesedimenten – und wurde fündig. Die Mikrobiologen konnten zwei verschiedene Stämme der Gattung Dechloromonas isolieren, die mit Benzol fertig werden – und zwar ohne Sauerstoff. Die beiden Stämme namens RCB und JJ nehmen als Sauerstoffersatz Nitrat, das sie zu molekularem Stickstoff reduzieren; ein Prozess, den Biologen als Denitrifikation oder Nitratatmung bezeichen. Dabei oxidieren die Bakterien verschiedene organische Stoffe, unter anderem auch Benzol, das sie in ungiftiges Kohlendioxid umwandeln. Der Abbau verläuft nahezu vollständig, wie die Mikrobiologen mithilfe radioaktiv markierten Benzols nachweisen konnten.
Erfreulicherweise leben die beiden Dechloromonas-Stämme fast überall auf der Welt. Die Mikrobiologen fanden sie nicht nur vor ihrer Haustür, sondern entdeckten sie auch in Sedimenten aus der Antarktis. Jetzt hoffen sie, dass die mikrobiellen Umweltschützer bald ihren Appetit auf Benzol im großtechnischen Maßstab befriedigen können.
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