Nährstoffkreislauf: Kleiner Bewuchs schluckt mächtig Gas
Von unscheinbar bis farbenfroh: Am Boden, auf Mauern oder auch an Baumstämmen und auf anderen Pflanzen fristet eine hoch spezialisierte Lebensgemeinschaft aus winzigen Beteiligten ihr Dasein. Die hier zusammenfindenden Moose, Flechten, Pilze und Algen binden wie ihre groß gewachsenen Verwandten Kohlenstoff. Sie hausen zusammen mit Zyanobakterien und anderen Stickstoff fixierenden Mikroorganismen, die auch den Luftstickstoff für ihre Nachbarn verfügbar machen. Dass sie dabei keineswegs kleine Rädchen im Nährstoffkreislaufgetriebe sind, zeigt nun eine umfassende Literaturauswertung.
So haben Forscher um Bettina Weber von der Universität Kaiserslautern und Ulrich Pöschl vom Max-Planck-Institut für Chemie anhand von über 200 Studien berechnet, dass diese Kryptogamen – der Begriff beschreibt, dass sich die darin zusammengefassten Arten "versteckt", ohne Blüte, fortpflanzen – jährlich etwa 3,9 Milliarden Tonnen Kohlenstoff binden. Das entspricht in etwa der Menge, die im gleichen Zeitraum durch das Abbrennen von Biomasse (zirka 3,6 Milliarden Tonnen) oder aus fossilen Brennstoffen (zirka 7 Milliarden Tonnen) frei wird. Allerdings wird der in ihrer Biomasse vorübergehend gebundene Kohlenstoff deutlich schneller umgesetzt und wieder verfügbar als der in höheren Pflanzen.
Der Beitrag zur Stickstofffixierung an Land schwankt zwischen 30 Prozent in Europa und Südamerika bis hin zu 80 Prozent in Asien und Nordamerika, ermittelten die Wissenschaftler. Global gesehen tragen die Kryptogamengemeinschaften etwa 46 Prozent des Gesamtbudgets des an Land aus der Luft gebundenen Stickstoffs bei. Insbesondere in Gebieten mit schlechter Stickstoffversorgung bereiten sie damit regelrecht den Boden für weiteres Pflanzenwachstum.
Wenn sie daher auch selbst kaum als langfristiger Kohlenstoffspeicher dienen, so ist ihr Beitrag über die Stickstofffixierung, mit der sie weiteres Pflanzenwachstum fördern, doch bedeutender als bisher angenommen. Deshalb sollten diese biologischen Überzüge anders als bislang in Modellen zur zukünftigen Vegetationsentwicklung und Klimaszenarien berücksichtigt werden, erklären die Forscher.
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