Direkt zum Inhalt

Tierwanderungen: Kleines Hirn erleichtert das Reisen

Fledermaus im Flug
Manche Fledermäuse führen ähnliche Wanderungen zwischen ihren Sommer- und Winterquartieren durch wie Zugvögel – eine markierte Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) aus Lettland zum Beispiel flog über 1900 Kilometer nach Kroatien, um dort zu überwintern. Der Preis für diese Flugleistung ist allerdings ein verkleinertes Gehirn, wie Liam McGuire von der University of Ontario im kanadischen London und John Ratcliffe von der Universität von Süddänemark in Odense herausgefunden haben.

Damit ähneln die Fledertiere ebenfalls vielen Zugvogelarten, die im Vergleich zu Standvögeln ein geringeres Hirnvolumen besitzen. Bislang war allerdings unklar, warum die überwinternden Tiere einen größeren Denkapparat ausgebildet haben. Einige Forscher führten dies vor allem auf die widrigen Umstände zurück, denen diese Arten im Jahresverlauf ausgesetzt waren: Sie benötigten schlicht mehr Hirnmasse, um flexibel auf die sich ständig wandelnden Wetterbedingungen und das wechselhafte Nahrungsangebot reagieren zu können. Andere Wissenschaftler zogen dagegen den erhöhten Energiebedarf eines großen Gehirns in Betracht, das auf Langstreckenflügen die Reserven der Tiere zu sehr beansprucht.

McGuire und Ratcliffe schlagen sich mit ihrer Studie jetzt auf die Seite der Energiehypothese. Da sich zumindest europäische Fledermäuse als Insektenfresser ganzjährig weit gehend gleich ernährten, spiele die Futterwahl kaum eine Rolle für unterschiedliches Hirnwachstum, so die Forscher. Stattdessen entwickeln ziehende Arten ein kleineres Gehirn als ihre standhaften Verwandten, um während ihrer Reise Energie einzusparen.

Die wandernden Fledermäuse besitzen allerdings keinen vergrößerten Hippocampus, der bei Zugvögeln verstärkt ausgebildet ist und diesen womöglich bei der Navigation hilft. Warum dies bei Fledermäusen der Fall ist, sollen zukünftige Studien klären. (dl)
  • Quellen
McGuire, L., Ratcliffe, J.: Light enough to travel: migratory bats have smaller brains, but not larger hippocampi, than sedentary species. In: Biology Letters 10.1098/rsbl.2010.0744, 2010.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.